Wirtschaft

Export_walze_bb01.03.2013: Im Jahr 2012 wurden von Deutschland Waren im Wert von fast 1,1 Billionen Euro (1.097,4 Mrd.) exportiert, so viel wie noch nie. Trotz Rezession in Euroland ein Plus von 3,4%; die Importe stiegen lediglich um 0,7%. Damit erzielte die deutsche Wirtschaft einen Exportüberschuss von 188 Milliarden Euro, den zweithöchsten Exportüberschuss in der Geschichte der BRD und kaum weniger als der Rekord von 2007 mit 195 Milliarden Euro. Es ist zugleich der höchste Überschuss der Handelsbilanz eines Landes  weltweit, höher als der von Exportweltmeister China (178 Mrd. Euro). Der Anteil des Warenexportes  am BIP beträgt bei Deutschland im Jahr 2012 41,5%, bei China 27,5%.

Die deutschen Exporterfolge sind umso bemerkenswerter, als die Ausfuhren in die EU stagnieren und in den Euroraum rückläufig sind. In die EU insgesamt wurden um -0,3% weniger Waren ausgeführt, in die Eurozone um – 2,1% weniger. Aufgrund des Spardiktats der Troika und der wirtschaftlichen Depressionen in den Peripherieländern, können diese immer weniger Waren aus Deutschland einführen. "Die Eurokrise frisst sich langsam in die Exportwirtschaft", sagt Kai Carstens, Leiter der Konjunkturabteilung am Ifo-Institut. Dadurch verminderte sich der Anteil der Eurozone an den deutschen Ausfuhren auf jetzt 37,5%, vor der Krise im Jahr 2006 waren es noch 44%; der Anteil der EU-Länder an den deutschen Exporten betrug 2012  57%, gegenüber  64,6% in Jahr 2006.

Exportoffensive in Drittländer

Doch der Rückgang der Ausfuhren in EU und Eurozone konnte durch eine verstärkte deutsche Exportoffensive in Drittländer, vor allem Asien (China, Japan)  und USA  mehr als wettgemacht werden. Die Exporte in Drittländer stiegen um 8,8%, womit diese jetzt einen Anteil von 43% erreichen, gegenüber 35,4% im Jahr 2006.

Die Exportwalze hat sich nicht verlangsamt, sondern wurde umgelenkt. Das war möglich, weil Deutschland sich in den vergangenen Jahren und auch in der Krise 2009  eine starke industrielle Basis erhalten hatte und infolge der Kurzarbeiterregelung die industriellen Kapazitäten nach der Rezession schnell hochfahren konnte (siehe Stichwort ? BIP). Das zahlte sich in schnell ansteigende Ausfuhren nach den USA (Nachholbedarf nach Investitionsgütern; Konjunkturprogramm) und Asien aus. Die trotz globaler Finanzkrise schnell wachsende Schwellenländer fragten vor allem Investitionsgüter für den weiteren Auf- und Ausbau ihrer Ökonomien und Infrastruktur nach. Jim O´Neill, der Vorsitzende der Vermögensverwaltung der Investmentbank Goldman Sachs stellte Ende 2012 fest: "In diesem Jahr trugen die vier BRIC-Länder Brasilien, Russland, Indien und China zusammen etwa 2,2 Billionen Dollar zusätzlich zum weltweiten BIP bei; das entspricht jährlich einem weiteren Italien" (HB, 18.12.12). Mehr als die Hälfte davon entfällt auf China, mit 1,3 Billionen "jährlich ein weiteres Spanien". Und aus diesem zusätzlichen jährlichen Kuchen will sich die deutsche Exportindustrie ein gehöriges Stück herausschneiden. Ob das auf Dauer ausreicht, die wegbrechende europäische Nachfrage auszugleichen, ist eine andere Frage. Die Situation ist jedenfalls grotesk: Noch vor zehn und mehr Jahren wurden bei Rezessionen in den kapitalistischen Metropolen, die Entwicklungsländer regelmäßig in deren Krisenstrudel gezogen. Heute bangen die führenden Industieländer (G-7), dass der Boom in den Schwellenländern anhält und für sie zur "Anschubhilfe aus dem Osten" (O´Neill) wird.

Mit Lohndumping geschmierte Exportmaschine

Der Sieg im internationalen Konkurrenzkampf geht zu Lasten der Lohnarbeiter. Wesentlich für die deutschen Exporterfolge ist weiterhin die durch niedrigste Lohnstückkosten erreichte dominierende Konkurrenzfähigkeit im Vergleich zu allen Wettbewerbern auf dem Weltmarkt (Stichwort ? Produktivität). Beim Wettbewerbs-Rennen werden die Unternehmen in Deutschland seit Jahr und Tag zudem staatlich gedopt, durch einen staatlich sanktionierten und geförderten, wachsenden Niedriglohnsektor sowie durch sinkende Steuern und minimierte Sozialabgaben. Die  Lohnnebenkosten wurden auch unter Schwarz-Gelb weiter heruntergefahren, z.B. durch Senkung der Beiträge für Arbeitslosenversicherung und zuletzt durch Senkung des Rentenversicherungsbeitrages.

Deutschland ging in diesem Wettlauf des Sozial- und Lohndumpings – dem Race to the bottom - als Sieger hervor, die Kostenvorteile gegenüber anderen Ländern wurden immer größer. Diese Position will sich Deutschland im Standortwettbewerb unbedingt erhalten, um auf den Märkten der Schwellenländer und insbesondere in Asien gegen die chinesischen Produzenten konkurrenzfähig zu sein. Zugleich soll diese Lohn- und Sozialdumping-Strategie als Richtschnur für alle EU-Länder dienen. EU-Handelskommissar De Gucht: "Deutschland macht, was alle Länder der Europäischen Union machen sollten: mehr exportieren".

Schließlich profitiert die deutsche Exportindustrie wie kein anderes Land von der Euro-Schwäche. Der Eurokurs ist im Hinblick auf die gigantischen deutschen Leistungsbilanzüberschüsse zu niedrig bewertet. Die Leistungsbilanzdefizite der meisten Euroländer – insbesondere der Krisenländer und auch Frankreichs – und die damit verbundene Schuldenmisere, führen zu einer vergleichsweise niedrigen Bewertung des Euro. Der Euro hat vom Höhepunkt der Finanzkrise im September 2008 bis zum Juli 2012 gegenüber dem US-Dollar um 25% an Wert verloren (vgl. Schuhler, isw-report 90, S. 10). Anders herum: Ein Auseinanderbrechen des Euros und Wiedereinführung nationaler Währungen würde die D-Mark stark aufwerten, die anderen Währungen dagegen abwerten. Das Angebot deutscher Exporteure würde damit am Weltmarkt entsprechend teurer, die Waren der Abwertungsländer würden sich dagegen verbilligen.

Exportüberschuss befeuert Kapitaloffensive

Die enormen deutschen Handelsbilanzüberschüsse sind der Kern der hohen Aktivsalden der Leistungsbilanzen der BRD. Umgekehrt kumulieren sich die Leistungsbilanzdefizite, wie sie die meisten Euroländer zu verzeichnen haben zu immer höheren Schulden und Kapitalbedarf gegenüber dem Ausland, insbesondere in den Krisenländern  (siehe isw-wirtschaftsinfo 46, S. 7). In den ersten drei Quartalen 2012 erwirtschaftete Deutschland einen Leistungsbilanzüberschuss von 120 Milliarden Euro, Frankreich im gleichen Zeitraum dagegen ein Defizit von 35,3 Mrd. Euro, Spanien – 15,8 Milliarden,  Italien - 12,8, Griechenland – 3,3, Portugal – 2,1 und das Nicht-Euroland Großbritannien ein Minus von 56,2 Milliarden Euro.

Der Aktivsaldo der deutschen Wirtschaft ermöglicht den aus Deutschland operierenden Transnationalen Konzernen wiederum, dass sie dem Warenexport eine Offensive des Kapitalexports folgen lassen können, d.h. verstärkt im Ausland Firmen übernehmen oder Filialen gründen. In der Leistungsbilanz 2012 erzielte Deutschland einen Überschuss von 166,9 Milliarden Euro, ein Zuwachs von über 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Er kommt zustande aus dem Exportüberschuss von 188 Milliarden Euro, plus dem  „Erwerbs- und Vermögenseinkommen“ in Höhe von 51,8 Milliarden, also Profite und Zinsen, die deutsche Konzerne, Finanzinvestoren und andere Spekulanten im Ausland erzielt haben. Negativ schlagen zu Buche: Saldo der Dienstleistungsbilanz – 6,7 Milliarden Euro; „laufende Übertragungen“ (z.B. Überweisungen von Gastarbeitern in ihre Heimatländer; Zahlungen an EU und internationale Organisationen) – 37,1 Milliarden Euro sowie „Ergänzungen zum Außenhandel“ - 29,2 Milliarden Euro.

Der Leistungsbilanzüberschuss Deutschlands lag mit einem Anteil von 6,3% am Bruttoinlandsprodukt (BIP) über dem von der EU definierten Schwellenwert für „Ungleichgewichte“ von sechs Prozent des BIP. Eigentlich wäre eine Rüge aus Brüssel fällig, denn die EU-Kommission definiert Leistungsbilanzüberschüsse ab sechs Prozent als erhebliche Gefahr für die wirtschaftliche Stabilität und Verstärkung der globalen Ungleichgewichte und insbesondere im Euroraum. Der Vorwurf lautet, Deutschland tue zu wenig für die Binnenkonjunktur und damit die Belebung der Importe und fördere stattdessen übermäßig die Exporte. Die Bundesregierung  argumentiert dagegen, dass sich in den letzten beiden Jahren die Überschüsse gegenüber dem Euroraum merklich verringert hätten. Aus der  Not der Krisenländer, sich weniger deutsche Einfuhren leisten zu können, wird so noch eine deutsche  Tugend gemacht.

Ob die deutsche Exportstrategie auch weiterhin aufgeht, ist eine andere Frage. Im vierten Quartal brachen die Exporte ein, minus 2,0 % gegenüber dem Vorquartal. Da die Importe nur um 0,6 % zurückgingen, hatte der Außenbeitrag – also die Differenz aus Exporten und Importen – einen negativen Effekt auf die Entwicklung des BIP (- 0,8 Prozentpunkte). Da die Binnennachfrage schwach ausfiel, ging das BIP gegenüber dem Vorquartal um 0,6 % zurück, so stark wie seit der Krise 2009 nicht mehr. Ob es sich lediglich um einen konjunkturellen Dämpfer oder um den Einstieg in die Rezession handelt, wird das nächste Quartal zeigen. Es spricht viel dafür, dass jetzt auch Deutschland in die tiefe europäische Wirtschaftskrise driftet.

Text: Fred Schmid (isw)    Grafik: Bernd Bücking

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