Europa

28.08.2025: Von EU finanziertes Schiff der libyschen "Küstenwache" beschießt Ocean Viking von SOS Méditerranée ++ die NGO fordert eine Untersuchung und die Beendigung der Zusammenarbeit mit Libyen ++ italienische Staatsanwaltschaft ermittelt ++ Bundesregierung zeigt sich "ernst"

 

Am 24. August kam es im Mittelmeer zu einem schweren Zwischenfall: Das Rettungsschiff Ocean Viking der zivilen Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée wurde in internationalen Gewässern von der sogenannten libyschen Küstenwache über 20 Minuten lang massiv beschossen. Hunderte Projektile schlugen auf der Brücke des Schiffes ein, zerstörten Fenster, Navigationsgeräte und Rettungsausrüstung. Die 87 geretteten Menschen an Bord sowie die Crew blieben wie durch ein Wunder unverletzt.

"Als der Alarm vorbei war, ging ich wieder an Deck und sah die Einschusslöcher: Mir wurde klar, dass die Libyer auf Mannshöhe auf unsere Positionen gezielt hatten. Sie wollten töten", sagt Max Cavallari, freiberuflicher Fotograf, der sich an Bord der Ocean Viking befand, als am Sonntag um 15 Uhr Ortszeit ein Patrouillenboot aus Tripolis mit voller Geschwindigkeit heranrauschte. "Ich machte Fotos und sah mit meinem Teleobjektiv, dass sie ihre Waffen auf uns richteten", sagt er weiter.

"Zuerst schien es, als würden Steine gegen den Rumpf geworfen, dann haben wir verstanden, dass es sich um kontinuierliche Schüsse handelte, und wir haben uns zu Boden geworfen“, berichtet Cavallari. Die Schüsse dauerten 20 Minuten, während die 87 Schiffbrüchigen an Bord an einen sicheren Ort gebracht wurden und diejenigen, die es konnten, den gepanzerten Bereich erreichten, der in Fällen von Piraterie oder Enterungen genutzt wird. Das Schiff umkreiste die Ocean Viking dreimal und schoss dabei weiter auf uns."

Der Angriff verursachte erhebliche Schäden: Vier Fenster auf dem Deck, mehrere Antennen, drei schnelle Motorboote, die für Rettungsaktionen eingesetzt werden, und verschiedene Rettungsausrüstungen wurden getroffen. D

Die von der EU finanzierte libysche Küstenwache ist seit Jahren für rechtswidrige Einsätze bekannt. Menschen in Not werden gewaltsam zurückgedrängt, Rettungseinsätze behindert oder gar attackiert. In der Vergangenheit haben die selbsternannten "Küstenwächter" des nordafrikanischen Landes schon mehrmals in Richtung von Rettungsschiffen geschossen. Es war jedoch noch nie vorgekommen, dass sie die Besatzungsmitglieder ins Visier nahmen und ein Schiff trafen. Dass ein ziviles Rettungsschiff nun unter massivem Beschuss stand, zeigt eine neue Dimension der Eskalation.

EU-unterstützte Angreifer

Angriff auf Ocean Vicing 2025 08 24 1Video vom Angriff auf die Ocean Vicing am 24.8.2025
https://x.com/SOSMedIntl/status/1960361119584862257

 

Besonders brisant: Das Patrouillenboot, das die Schüsse abfeuerte, war ein von der Europäischen Union finanziertes Schiff der Corrubia-Klasse, das erst 2023 von Italien im Rahmen eines EU-Programms zur Unterstützung der Anti-Migrationspolitik an die libysche Küstenwache übergeben wurde. Die EU kooperiert seit Jahren mit der libyschen Küstenwache. Seit 2015 gingen hunderte Millionen EU-Gelder an libysche Behörden zur Migrationsabwehr, fast 60 Millionen allein über das Programm "Support to Integrated border and migration management in Libya" (SIBMMIL) vor allem an die sogenannte libysche Küstenwache. Damit gerät die EU in die Kritik, indirekt für den Angriff mitverantwortlich zu sein.

"Es ist inakzeptabel, dass die EU extrem gewalttätige Partner, die humanitäre Helfer und Überlebende angreifen und ihr Leben direkt bedrohen, finanziert und mit ihnen zusammenarbeitet.“
Ayla, stellvertretende SAR-Koordinatorin von der Brücke der Ocean Viking.

Zum Zeitpunkt des Angriffs befand sich das Schiff 40 Meilen nördlich von Tripolis und war auf dem Weg zu einem in Seenot geratenen Boot, dessen Position den italienischen und libyschen Behörden gemeldet worden war. Es befand sich in internationalen Gewässern, so dass das libysche Militärboot keine Befugnis hatte, der Ocean Viking zu befehlen, das Gebiet zu verlassen. Die Libyer hätten die Ocean Viking zunächst per Funk zum Verlassen des Gebiets aufgefordert und den arabisch sprechenden Übersetzer beleidigt. Als man eingewilligt habe, Richtung Norden abzudrehen, sei das Feuer für mindestens 20 Minuten eröffnet worden, berichtet die Besatzung des Rettungsschiffes.

Schutz bei der NATO beantragt. Ohne Erfolg.

Die unter norwegischer Flagge fahrende Ocean Viking sendete sofort einen Notruf und alarmierte die NATO, um Schutz zu beantragen. "Wir wurden an die nächstgelegene NATO-Einheit, ein Schiff der italienischen Marine, verwiesen. Die italienische Marine hat jedoch nie auf den Ruf reagiert", schreibt SOS Mediterranée, die Organisation, die die Ocean Viking betreibt.

Konsequenzen gefordert 

"Wir fordern eine gründliche Untersuchung der Ereignisse und dass die Verantwortlichen, die das Leben von Menschen gefährden, vor Gericht gestellt werden."
Valeria Taurino, Direktorin der italienischen Sektion von SOS Mediterranée

"Wir fordern eine gründliche Untersuchung der Ereignisse und dass die Verantwortlichen, die das Leben von Menschen gefährden, vor Gericht gestellt werden", sagt Valeria Taurino, Direktorin der italienischen Sektion der NGO. Die andere Forderung ist die sofortige Einstellung jeglicher Zusammenarbeit mit Libyen.

Eine Forderung, der sich auch die italienischen Oppositionsparteien anschließen. "Dieser jüngste Vorfall zeigt, dass die libysche Küstenwache Grundrechte verletzt: Das Memorandum mit Tripolis muss beendet werden", erklärt die Sekretärin der Demokratischen Partei, Elly Schlein.

Die Spitzenpolitiker der rot-grünen Allianz AVS – ein politisches Bündnis der Linkspartei Sinistra Italiana (SI) und den Grünen von Europa Verde (EV) – bekunden ihre "Solidarität mit der Ocean Viking" und sprechen von "einem Vorfall von beispielloser Schwere. Eine Eskalation der Gewalt durch die von Italien bezahlten und ausgebildeten libyschen Milizen“. Alle fordern die Regierung auf, bei ihren libyschen Partnern zu intervenieren und die Zusammenarbeit mit den libyschen Milizen einzustellen.

Doch die italienische Regierung hüllt sich in Schweigen. Das von Matteo Salvini geleitete Innenministerium hat nur insofern reagiert, dass es den Anlegehafen für die Ocean Viking neu zugewiesen hat: Am Sonntag hatte es Marina di Carrara, 1.300 Kilometer entfernt, angegeben, am Montag hat es dann zuerst das an der Südostküste von Sizilien gelegene Syrakus und dann den nahegelegenen Hafen von Augusta zugewiesen, wo das Schiff am Abend angekommen ist.

Wenige Stunden zuvor hatten die Behörden am anderen Ende der Insel, in Trapani, die Beschlagnahme des Rettungsschiffes Mediterranea der Hilfsorganisation Mediterranea Saving Humans bekannt gegeben. Die italienischen Behörden werfen der Crew vor, eine Anweisung des Innenministeriums ignoriert zu haben. Das Innenministerium wollte die zehn zwischen dem 20. und 21. August geretteten Schiffbrüchigen in das 900 km entfernte Genua, im Norden des Landes, schicken. "Die Menschen müssen so schnell wie möglich von Bord gehen", hatte Mediterranea am Samstag geantwortet, bevor sie Kurs auf  das nehgelegene Trapani nahm. Wie lange das Schiff festgehalten wird, ist noch unklar. Zugleich droht eine Geldstrafe von bis zu 10.000 Euro.

In Syrakus hat die italienische Staatsanwaltschaft inzwischen Ermittlungen wegen der Schüsse auf die Ocean Viking aufgenommen.

Ein Sprecher der EU-Kommission sagte am Dienstag, man habe die libyschen Behörden zwecks Aufklärung kontaktiert. Zu möglichen Folgen äußerte er sich nicht.

Bundesregierung zeigt sich "ernst"

Aus dem Auswärtigen Amt hieß es, man habe Berichte über Angriffe auf die Ocean Viking vom Wochenende zur Kenntnis genommen. Zur Identität der mutmaßlich beteiligten Einheiten der libyschen Küstenwache lägen keine eigenen Erkenntnisse vor. Man nehme die Berichte von Nichtregierungsorganisationen zu möglicherweise rechtswidrigem Verhalten der libyschen Küstenwache jedoch sehr ernst. In Gesprächen mit libyschen staatlichen Akteuren würden bestehende Defizite klar angesprochen.

Deutschland ist der größter Finanzier des “Nothilfe-Treuhandfonds der EU für Afrika”, aus dem das EU-Programm SIBMMIL für Libyen finanziert wird. Sprich: Deutschland finanziert genau die libyschen Akteure mit, die auf zivile Rettungsschiffe schießen. Und lässt gleichzeitig die Organisationen, die die zivilen Rettungsschiffe betreiben, finanziell ausbluten. Die Bundesregierung hatte kürzlich beschlossen, staatliche Hilfen für Seenotretter zu streichen.

 

Sea Eye Bundesregierung streicht MittelWir bringen Rettungswesten –
sie bringen Schusswaffen…

Friedhof Mittelmeer: 30.000 Menschen sind nach einer Schätzung seit 2015 ertrunken

Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR kamen in diesem Jahr monatlich zwischen 3.000 und 7.000 Menschen auf dem Seeweg nach Italien; insgesamt 2025 bisher mehr als 40.000; im Jahr 2023 waren es bis August bereits 112.000 Menschen gewesen. Dabei sind viele Tote zu beklagen, so starben vor wenigen Wochen mindestens 26 Flüchtlinge vor Lampedusa, als zwei Boote kenterten. Viele Unglücksfälle werden nie bekannt. Nach UN-Schätzungen sind seit 2015 etwa 30.000 Menschen auf See verstorben oder verschwunden, die Dunkelziffer ist hoch. Von hundert Menschen, die per Boot Italien erreichen wollen, verlieren mindestens drei ihr Leben. Im Schnitt verschwinden täglich sechs Menschen, darunter auch viele Kinder.


Foto oben: Eine Scheibe der Kommandobrücke der Ocean Viking, die von den Libyern beschossen wurde – SOS Mediterranée

 

 

Demo Palestina 2025 09 27

Die Kundgebung am 27. September in Berlin könnte die größte pro-palästinensische Demonstration werden, die es in Deutschland je gegeben hat. Wer den politischen Wind drehen und den Genozid in Gaza noch stoppen will, muss am Samstag auf die Straße gehen.
Infos: https://all-eyes-on-gaza.de/


 

Wir werden in unsere Heimat zurückkehren

Palestina Wir werden zurüückkehren

Viva Palästina

++++++++++++++++++++++++++++++++

Solidaritätskampagne mit der Palästinensischen Volkspartei für Gaza: 30.000 Euro überwiesen. Die Solidarität geht weiter!

Gaza Soliaktion 2024 12 09 5
zum Text hier
++++++++++++++++++++++++++++++++

EL Star 150

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.