Europa

08.06.2023: Das EU-Parlament hat die von der Kommission gewünschte Verordnung zur Umstellung auf "Kriegswirtschaft" angenommen ++ Zusätzlich zu den 500 Millionen der EU können die Mitgliedsländer nun Milliarden, die für die soziale Entwicklung und den ökologischen Übergang gedacht waren, für die Waffenproduktion verwenden.

 

Das Europäische Parlament mit großer Mehrheit die von Binnenmarktkommissar Thierry Breton gewünschte Verordnung zur Umstellung auf "Kriegswirtschaft" angenommen. Der für den Binnenmarkt zuständige Kommissar Thierry Breton hatte für seinen Vorschlag geworben: "Wir müssen jetzt dringend handeln, denn der Krieg in der Ukraine, der zunächst ein Lagerkrieg war, wird zu einem echten Industriekrieg".

Um die Kapazitäten der Munitionsproduktion in der EU zu stärken, hat Brüssel 500 Millionen Euro bereitgestellt. Binnenkommisar Breton besuchte eine Reihe von Ländern und ermittelte 15 Industrien, die von der EU mit 40 bis 60 Prozent der erforderlichen Investitionen finanziert werden sollen, um in einem Jahr eine Produktionskapazität von einer Milliarde Munition (insbesondere 155-Millimeter-Artilleriehaubitzen) zu erreichen.

Mit 446 Ja-Stimmen, 112 Enthaltungen und 67 Gegenstimmen hat das Europäische Parlament am 1. Juni das von Thierry Breton und der Europäischen Kommission vorgeschlagene Mandat gebilligt, mit den Mitgliedstaaten darüber zu verhandeln, wie "so schnell wie möglich" Munition hergestellt werden kann, die heute in die Ukraine und morgen wer weiß wohin geliefert wird. In dem Gesetz zur Unterstützung der Munitionsproduktion (Act in Support of Ammunition Production Asap) heißt es, dass "die den Mitgliedstaaten im Rahmen der geteilten Verwaltung zugewiesenen Mittel auf Antrag des betreffenden Mitgliedstaats auf das Instrument übertragen werden können".

Im Klartext heißt dies, dass die Mittel für die Rüstungsproduktion nicht nur aus dem Europäischen Verteidigungsfonds kommen, sondern auch aus dem Fonds für die "Erholung und Widerstandsfähigkeit" geschöpft werden können, mit dem die durch die COVID-19-Pandemie verursachten Schaden eingedämmt werden sollen, indem die Wirtschaft durch Investitionen in die grüne und digitale Wirtschaft angekurbelt wird (Next Generation EU). Die Rüstungsindustrie kann auch auf Fonds zugreifen, die für die Politik des sozialen Zusammenhalts vorgesehen sind oder auf Fonds mit denen die Regionen das Unternehmenssystem, die produktiven Tätigkeiten und die Forschung (EFRE), die Sozialpolitik, die aktive Arbeitsmarktpolitik und das Recht auf Studium (ESF), den ökologischen Übergang und den Green New Deal (Just Transition Fund), die Fischerei (Feampa), das Asylrecht, die Migration und die Integration, die innere Sicherheit (ISF), das Instrument für den Grenzschutz und die Visapolitik unterstützen.

Bei dem Beschluss ging es nicht um ein Ja oder Nein zu Waffen, sondern um ein Ja oder Nein zu Waffensystemen, die mit Geldern bezahlt werden, die eigentlich die Lebensqualität der Menschen verbessern sollten. Und dies in einer Europäischen Union, die zunehmend zwischen den wenigen, die Reichtum anhäufen, und den vielen, die die Liste der vielen Armen verlängern, gespalten ist.

Die Botschaft ist klar: Die Priorität liegt heute darin, einen jahrelangen Krieg um die Ukraine zu gewinnen – und sich für künftige Konflikte vorzubereiten. Und dafür wird Munition gebraucht.

"Die plötzliche Hinwendung zu einem Entwicklungsmodell, das sich auf Munition, Raketen und Kriegsforschung stützt, ist nicht nur ein industriepolitisches Problem, sondern verändert auch das europäische Modell der sozialen und kulturellen Beziehungen."

"Die plötzliche Hinwendung zu einem Entwicklungsmodell, das sich auf Munition, Raketen und Kriegsforschung stützt, ist nicht nur ein industriepolitisches Problem, sondern verändert auch das europäische Modell der sozialen und kulturellen Beziehungen. Daher berührt die Abstimmung auch eine bestimmte Vorstellung vom gemeinschaftlichen Europa. Wenn die Resolution angenommen wird, wird es viel mehr Waffen auf unserem Kontinent geben und die Nationalisten werden noch stärker sein. Nicht gerade der richtige Weg, um wieder über Verhandlungen und Frieden zu sprechen", sagte der italienische Abgeordnete der sozialdemokratischen Fraktion, Massimiliano Smeriglio, zur Begründung seiner Stimmenthaltung.

Der Übergang zur Kriegswirtschaft bedeutet eine Stufe der Eskalation des Krieges, in den die EU nun voll verwickelt ist. Die EU- und NATO-Länder erhöhen ihre Verteidigungsbudgets, so dass die einstige "Obergrenze" von 2 % des BIP für den militärischen Sektor nun zu einem Minimum wird, das überschritten werden muss. Deutschland hat einen Sonder-Aufrüstungsetat von nicht weniger als 100 Milliarden Euro beschlossen, während Frankreich in den kommenden Jahren mehr als 400 Milliarden für sein Militär verplant, durchschnittlich 70 Mrd. pro Jahr. Polen hat jetzt die größte Armee in Europa. Ein Entwicklung, die nicht nur europäisch, sondern global ist. Dies wird durch den Trend der globalen Ausgaben bis 2022 bestätigt: Die weltweiten Militärausgaben haben die Rekordzahl von 2,2 Billionen Dollar erreicht, mit den Vereinigten Staaten, Russland, Frankreich, China und Deutschland an der Spitze.

Der Beschluss des EU-Parlaments signalisiert einen durchschlagenden Rechtsruck, vorangetrieben von den Ultrarechten und Nationalisten, von den Konservativen - und im Hintergrund die Rüstungsindustrie, die in Brüssel mit Kommissar Thierry Breton gut vertreten ist.

Nicht einmal die Gefahr einer nuklearen Katastrophe ist in der Lage, in den nationalen Regierungen und im Europäischen Parlament Zweifel und Debatten auszulösen.

Keine der europäischen Führungen befasst sich mit dem Problem, wie die Katastrophe des russisch-ukrainischen Krieges gestoppt werden kann. Der einzige Weg wird in Waffen für die Ukraine und deren Beitritt zur NATO gesehen. - als ob dies die ukrainische Krise nicht noch weiter in den Abgrund stürzen würde: Putins verbrecherischer Krieg wird mit dem atlantischen Krieg beantwortet. Niemand warnt davor, dass die Lösung nicht in noch mehr Waffen und noch mehr Krieg liegt, einer Garantie für weiteren Tod und Zerstörung.

Die verschiedenen Initiativen zur Aufnahme von Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien wurden alle als unmöglich und nutzlos abgetan, auch die aus Brasilien oder des Vatikans. Auch der jüngste Vorschlag des indonesische Verteidigungsministers Prabowo Subianto beim Verteidigungstreffen des Shangri-La-Dialogs in Singapur fand keine Resonanz in den Zentren des kollektiven Imperialismus: Er schlug einen Mehrpunktplan vor, der einen Waffenstillstand "an den derzeitigen Positionen beider Konfliktparteien" und die Einrichtung einer entmilitarisierten Zone vorsieht. Die entmilitarisierte Zone sollte von einer von den Vereinten Nationen stationierten Friedenstruppe beobachtet und überwacht werden, sagte Subianto und fügte hinzu, dass ein UN-Referendum abgehalten werden sollte, "um die Wünsche der Mehrheit der Bewohner der verschiedenen umstrittenen Gebiete objektiv zu ermitteln".

Die Auseinandersetzung um die Kriegswirtschaft in der EU ist jedoch noch nicht zu Ende. Nicht so sehr, weil die endgültige Abstimmung über das Gesetz für Juli angesetzt ist, sondern weil zum ersten Mal der Dissens gegen diese verhängnisvolle Entscheidungen wächst: Zu den 446 Ja-Stimmen kamen 116 Enthaltungen und 67 Nein-Stimmen, darunter die italienischen Grünen, die Fünf-Sterne-Bewegung und die Fraktion der Europäischen Linken. Bei den Sozialdemokraten gab es 95 Ja-Stimmen, 10 Nein-Stimmen und 20 Gegenstimmen. Ein Zeichen dafür, dass selbst unter denjenigen, die Kiew unterstützen wollen, Zweifel an dem Wahnsinn des Wettrüsten aufkommen.

Bisher reagieren die fortschrittlichen Kräften nur ungenügend auf die Kriegsagenda und bekämpfen sie nicht adäquat. Angesichts einer öffentlichen Meinung, die nach wiederholten Umfragen in mehreren europäischen Ländern konträr und in Europa unentschieden ist, ist es notwendig, die Stimmen noch lauter gegen den Krieg zu erheben, damit das Massaker an zivilen Opfern auf beiden Seiten aufhört, wie auch das Gemetzel von Soldaten, die auf die Schlachtbank geschickt werden. Und damit die Aufrüstung von 27 europäischen Armeen nicht auf Kosten der letzten und der neuen Generationen geht.

Am 10. und 11. Juni werden sich in Wien europäische und internationale pazifistische Netzwerke treffen, um Allianzen und Mobilisierungen für einen Waffenstillstand und Verhandlungen unter Einbeziehung der vom Krieg betroffenen Völker zu diskutieren und aufzubauen. Die Konferenz mit mehr als 800 Teilnehmer:innen wird stattfinden, obwohl der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) auf Druck der ukrainischen Botschaft in Österreich kurzfristig die zugesagten Räume abgesagt hat. 

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