Europa

09.11.2011: In Athen haben sich die sozialdemokratische PASOK und die konservative Nea Dimokratia (EPP) auf die Bildung einer Übergangsregierung verständigt. Seit Sonntag wurde über die Zusammensetzung der Übergangsregierung verhandelt: eine reine Technokratenregierung, wie von den Konservativen bevorzugt, oder eine Regierung aus den Vertretern der beiden großen Parteien. Die beiden großen Parteien Griechenlands folgen nun dem Ansinnen der EU. "Wir haben gefordert, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden", bestätigte EU-Währungskommissar Olli Rehn.

"Wir wollen einen Brief mit den Unterschriften der größten Parteien, dass sie die Beschlüsse akzeptieren und umsetzen", hatte Jean-Claude Juncker, Chef der Euro-Gruppe, am Montag gesagt. Daraufhin versicherte der griechische Finanzminister Venizelos, dass die neue "Regierung der nationalen Einheit und nationalen Verantwortung" die Sparbeschlüsse durchsetzen werde. Die Übergangsregierung hat nun die Aufgabe, die Beschlüsse des Euro-Gipfels vom 27. Oktober umzusetzen und anschließend Neuwahlen einzuleiten.

Parallel zu den Varhandlungen von PASOK und Nea Dimokratia hatte der Präsident Griechenlands, Karolos Paoulias, die Vorsitzenden aller im Parlament vertretenen Parteien zu einem Treffen eingeladen, um deren Unterstützung für die Übergangsregierung zu gewinnen. Aleka Papariga (Generalsekretärin der KKE) und Alexis Tsipras (Vorsitzender der Parlamentsfraktion von SYRIZA) lehnten dieses Ansinnen umgehend ab, so dass dieses Treffen abgesagt wurde. Die rechtspopulistische LAOS hatte ihre Unterstützung für eine Übergangsregierung bereits erklärt.

Papandreou schockt mit Volksabstimmung
Vorangegangen waren hektische Tage im politischen Betrieb Griechenlands und der EU. Zu Beginn der vergangenen Woche hatte Griechenlands Regierungschef Papandreou die Spitzen der EU, die Regierungen der EU-Mitgliedsländer, die G20 und die Banken mit der Ankündigung eines Referendums über die Sparbeschlüsse geschockt. ("Abenddämmerung für Papandreou")

EU und Finanzmärkte gegen Volksabstimmung
Unter dem massiven Druck der EU (die EU stoppte umgehend die vereinbarte Auszahlung der nächsten Kredittranche an Griechenland) und der Finanzmärkte sagte Papandreou die Volksabstimmung wieder ab. "Wer das Volk fragt, wird zur Bedrohung Europas. Das ist die Botschaft der Märkte und seit vierundzwanzig Stunden auch der Politik", musste selbst der konservative Frank Schirrmacher, Herausgeber der FAZ, feststellen. Nahezu verzweifelt schrieb er: "Sieht man denn nicht, dass wir jetzt Ratingagenturen, Analysten oder irgendwelchen Bankenverbänden die Bewertung demokratischer Prozesse überlassen?" ("Demokratie ist Ramsch")

Abstimmung gewonnen - Amt verloren - Troika setzt Übergangsregierung durch
In der Nacht von Freitag auf Samstag hatte Papandreou in einem Abstimmungskrimi noch die Vertrauensfrage überstanden. Mit der Absage des Referendums hatte Papandreou abtrünnige Abgeordnete zurückgewinnen können. Außerdem sagte er zu, dass er umgehend Verhandlungen über die Bildung einer "Regierung der nationalen Einheit" aufnehmen werde. Dies hatten mehrere Abgeordnete seiner Partei in einem gemeinsam unterzeichneten Dokument verlangt. Gesundheitsminister Andreas Loverdos warnte Papandreou vor dem Versuch, im Falle eines Erfolges bei der Vertrauensfrage allein weiter regieren zu wollen. Dies würde bedeuten, die Stimmen der Parlamentarier "zu stehlen".

Papandreou versicherte, dass er, wenn ihm das Vertrauen ausgesprochen werde, sofort zum Präsidenten der Republik gehen werde und diesem den Vorschlag der Bildung einer "Regierung der nationalen Einheit" unterbreiten werde. Außerdem werde er umgehend das neue Schuldenabkommen unterzeichnen, für einen neuen Haushalt stimmen und mit den Bohrungen nach Gas südlich von Kreta beginnen.

Die Generalsekretärin der KKE, reagierte unmittelbar und rief: "Schluss jetzt mit den fortgesetzten Erpressungsversuchen!" Alexis Tsipras (SYRIZA) bekräftigte in seiner Rede, dass nur eine wirklich demokratisch legitimierte Regierung diese Entscheidungen treffen könne. Deshalb müsse das Parlament sofortige Neuwahlen mit einem voll proportionalen Wahlverfahren für den 4. Dezember einleiten. Jede Art von Übergangsregierung werde lediglich die Anforderungen der Troika und der ausländischen Gläubiger erfüllen und die extreme Sparpolitik zu Lasten der Bevölkerung fortführen. Finanzminister Venizelos wies die Forderung nach sofortigen Wahlen zurück, weil man sich über das Ergebnis nicht sicher sein könne. Jetzt müssten durch eine Übergangsregierung die Beschlüsse der Euro-Gruppe umgesetzt werden. Wahlen könnten dann im Anschluss Ende Februar stattfinden.

Nach den Reden von Papandreou und Venizelos erklärte Antonis Samaras, Präsident der Nea Dimokratia: "Die Masken sind gefallen, Herr Papandreou hat alle unsere Vorschläge rundheraus abgelehnt. Sofortige Wahlen sind die einzige Lösung."

In der folgenden Abstimmung gewann Papandreou 153 Stimmen der anwesenden 298 Abgeordneten. Abwesend waren Milena Apostolaki (sie hatte PASOK drei Tage vorher verlassen, weil sie mit dem Referendum und der Absicht, eine Regierung mit den Konservativen zu bilden, nicht einverstanden war) und Elsa Papadimitriou (eine rechte Abgeordnete, die kürzlich der Fraktion der Nea Dimokratia den Rücken gekehrt hatte).
Für Papandreou stimmten die 152 Fraktionsmitglieder der PASOK und Louka Katseli, die einige Tage vorher von Papandreou aus der Fraktion ausgeschlossen worden war.
Mit NEIN stimmten 145 Abgeordnete (83 Nea Dimokratia, 21 KKE, 17 LAOS, 9 SYRIZA, 4 Demokratische Linke, 4 Demokratische Allianz, 7 Unabhängige).

Konservative Wende
Am Sonntag hatte dann Antonis Samaras seine Aussage vom Vortag bereits vergessen. Unter Vermittlung durch Staatspräsidenten Karolos Papoulias einigte er sich mit Papandreou, eine Übergangsregierung zu bilden, die das Sparprogramm für Griechenland unter Dach und Fach bringen soll. Es war keine Rede mehr davon, die Sparprogramme und die Entlassungen im öffentlichen Dienst zu stoppen und rückgängig zu machen. Schneller als erwartet machte er eine 180 Grad-Wende und akzeptiert das bisher heftig bekämpfte Schuldenabkommen und die harten Sparmaßnahmen. "Innerhalb von 24 Stunden wechselte er von »Die Masken sind gefallen« zu »Ich bin einverstanden zu helfen«", sagte Alexis Tsipras für SYRIZA.

Postenschacher
Am Montag folgten die Detailverhandlungen von PASOK und Nea Dimokratia über die Regierungsbildung. Für Dienstag Mittag berief Papandreou schließlich den Ministerrat ein, um die Minister zum Rücktritt aufzufordern. Doch die Verhandlungen kamen immer wieder ins Stocken. Uneinigkeit bestand über die Kompetenzen des neuen Regierungschefs und über den Einfluss der Parteien auf die Übergangsregierung bzw. ob es sich um eine reine Technokratenregierung handeln solle. Eine reine Technokratenregierung hätte für die Konservativen den Vorteil, dass sie im bevorstehenden Wahlkampf gegen die PASOK punkten könnten. Für den Regierungschef wurden immer wieder neue Namen ins Spiel gebracht. Am Mittwoch nachmittag gab der bisherige Ministerpräsident Georgios Papandreou dann im staatlichen Fernsehen seinen Rücktritt bekannt und verkündete, dass PASOK und Nea Demokratia die Übergangsregierung bilden werden. Um den Posten des Regierungschefs wird allerdings immer noch geschachert.

KKE fordert Sturz der Regierung
Am Freitag Abend, zeitgleich mit der Debatte über die Vertrauensfrage, hatte die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) zu einer Kundgebung vor dem Parlament auf dem Syntagma Platz aufgerufen. Aleka Papariga rief zum Sturz der Regierung auf: "Nieder mit der Regierung und den Parteien, die der Plutokratie dienen, aber auch mit jenen Parteien, die absichtlich Illusionen in der Bevölkerung schüren, dass eine andere Regierung mit Beteiligung dieser Parteien das Problem lösen könnten. Wir verheimlichen vor niemanden die Tatsache, dass der Klassenkampf auf ein einziges Ziel ausgerichtet werden muss: die Übernahme der Macht durch die Arbeiterklasse; einer Macht, die der Arbeiterklasse und den anderen Volksschichten dient." In diesem Zusammenhang erteilte sie den Vorschlägen von SYNASPISMOS und SYRIZA zur Bildung einer Linksregierung eine klare Absage. Aleka Papariga rief die ArbeiterInnen auf, ihre Anstrengungen zu verstärken "für die einzige Aussicht die Hoffnung bringen kann" und von der KKE vorgeschlagen wird: "Loslösung von der EU und Streichung der Schulden durch die Volksmacht".

SYRIZA für sofortige Neuwahl und Bildung einer Linksregierung
In der Erklärung von SYRIZA zur Bildung der Übergangsregierung heißt es: "Genau diejenigen Parteien, die das Land mit ihren jeweiligen Mehrheitsregierungen in den Bankrott geführt haben, verbünden sich nun, um uns zu retten. Sie übernehmen gemeinsam die Verantwortung für Unterordnung und gesellschaftlichen Zerfall sowie die Aufgabe nationaler Souveränität. Sie machen gemeinsame Sache, weil sie glauben, wenn sie zusammen sind, dann werde sie niemand für ihre Verantwortung zur Rechenschaft ziehen. Aber früher oder später werden sie gegenüber der Bevölkerung Griechenlands Rechenschaft ablegen müssen. Und dann werden weder die Drohungen eines Mr. Rehn noch die Erpressungen ausreichen, ihre Entscheidung zu rechtfertigen. ..
Diese neue Regierung ist keine Übergangsregierung, denn sie wird entscheidende Beschlüsse treffen, die das Land und die Bevölkerung für Jahrzehnte fesseln werden. Wir rufen die Bevölkerung Griechenlands, alle Bürger - unabhängig von ihrer vorhergehenden politischen und parteilichen Wahl - auf, nicht ihren moralischen Antrieb zu verlieren; ihren Kopf nicht zu beugen.
Wir wissen, dass die herrschende Propaganda der Medien die Erpressung reproduziert. Lasst Euch nicht terrorisieren! Lasst Euch nicht erpressen! Lasst nicht zu, dass diese Rausschmeißertruppe die Führung übernimmt. Wenn die Bevölkerung will, dann kann sie sie überwinden.
Es müssen sofortige Wahlen mit einem vollständig proportionalen Wahlsystem durchgesetzt werden. Dies ist der einzige Weg einer normalen Lösung und zur Wiederherstellung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
So wie die Bevölkerung jetzt Papandreou zu Fall gebracht hat, so wird sie früher oder später eine neue Koalition der Macht herbeiführen, die mit den verfassungsfeindlichen Schuldenabkommen Schluss machen und die Souveränität der Bevölkerung, soziale Gerechtigkeit und nationale Würde herstellen wird."

Regierungen purzeln und die Euro-Krise geht weiter
Ungeachtet der Entwicklung in Griechenland eskaliert die Euro-Krise weiter. Inzwischen ist Italien ins Visier der Finanzmärkte geraten. Die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen sind kräftig gestiegen und liegen mit 7 Prozent inzwischen auf einem Niveau, dass sich das Land auf den Finanzmärkten eigentlich schon nicht mehr refinanzieren kann. Mit einer Staatsverschuldung von 120 Prozent liegt Italien nach Griechanland an zweiter Stelle innnerhalb der Euro-Zone. Aus Sorge, dass die Spekulation nun auch Italien an den Rand der Zahlungsfähigkeit treiben könnte, wurden Parlament und Regierung nun auch offiziell unter Kuratel von IWF und EU gestellt. Noch in dieser Woche muss die italienische Regierung die EU-Kommission darüber informieren, wie sie die angekündigten Sparmaßnahmen umsetzen wird. Unmittelbar danach werden Inspektoren nach Rom geschickt. Derweilen schwelt die Regierungkrise weiter. Zwar hatte Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi im Parlament noch eine Mehrheit für den Rechenschaftsbericht zum Haushalt 2010 erhalten - aber nur, weil sich die Abgeordneten der Opposition der Stimme enthalten haben. Dies erhöhte den Druck seiner Koalitionspartner und der EU so weit, dass er anschließend ankündigte, sein Amt zur Verfügung zu stellen. Vorher will er aber noch das Reformgesetz mit den Sparplänen und Zusagen an die EU durch das Parlament bringen.

Den Euro-Klub treibt zudem die Sorge um, dass der erst vor kurzem gegründete Euro-Rettungsfond EFSF selbst immer mehr zum Sanierungsfall wird. Dem Fond fehlt das nötige Geld für seinen Auftrag, eine 2.000 Mrd. Euro-Schutzmauer um Italien und die restliche Euro-Gemeinschaft hochzuziehen. Trotz mehrfacher Nachbesserung ist das Interesse der erhofften Investoren aus Asien und Russland bisher gering. Als der Fond am Montag eine erste Anleihe ausgab, waren die Resonanz schwach und die Risikoaufschläge hoch. Der als "Bazooka" gegen die Spekulation der Finanzmärkte gepriesene Fond könnte sich schnell als Wasserspritzpistole erweisen.

txt: lm
foto: Synaspismos: "Schluss mit den Regierungen der Banker - Die Sparpolitik ist das Problem - nicht die Lösung! SYNASPISMOS-Jugend"

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
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Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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