14.08.2010: Nach monatelangen vergeblich Anstrengungen hatte der transnationale Ölkonzern BP Ende Juli endlich die unkontrolliert sprudelnde Ölquelle der explodierten Bohrinsel 'Deep Horizon' zumindest provisorisch verschließen können. Ein Ergebnis skrupelloser und maßloser Profitsucht, denn ganz bewusst hatte BP auf Sicherheits- und Risikovorsorge verzichtet. Auch nach der Explosion hatte das Management seine Hilflosigkeit und Bereitschaft zur Manipulation der Öffentlichkeit offenbart. Jetzt, da die größte Umweltkatastrophe aller Zeiten langsam aus den Schlagzeilen der sensationslüsternen Medien entschwindet, kündigt BP eine neues und noch größeres 'Abenteuer' im Mittelmeer an.
In Kürze - evtl. schon im August - will BP die nächste Tiefseebohrung starten. Vor der Küste Libyens, in der Mittelmeerbucht Syrte und etwa 200 km westlich der Hafenstadt Bengasi sollen 250 m tiefer als bei der 'Deep Horizon' in 2000 m Tiefe große Vorkommen von Erdöl und bis zu 850 Mio. Kubikmeter Erdgas erschlossen werden. Die Rechte für die Erschließung der Ölquelle hatte BP vor drei Jahren von Libyen für 900 Mill. Dollar (675 Mill. Euro) gekauft. Der demnächst abtretende BP-Chef Tony Hayward bezeichnete den Kauf als bis dahin größte Einzelinvestition seiner Firma. BPs Partner bei dem neuen Bohrfeld ist die staatliche Libyan Investment Corporation, die 15 Prozent der Erträge bekommt.
Aber schon der Kauf der Schürfrechte ist ins Zwielicht der Gewissenlosigkeit geraten. Denn er war offenbar mit sehr fragwürdigen Gegengeschäften verbunden. Auf Vorwürfe vor allem der USA, der Konzern habe die vorzeitige Freilassung des libyschen Lockerbie-Attentäters Abdel Basset al-Megrahi vor einem Jahr vorangetrieben, um das Milliardengeschäft zu starten, musste der Konzern bestätigen, der der damaligen britischen Regierung unter Ministerpräsident Tony Blair zu einer schnellen Einigung über einen Gefangenenaustausch geraten zu haben. Was sollte denn bei den zu erwartenden gigantischen Gewinnen auch Anderes für die beteiligten Bannerträger des 'Kampfes gegen den weltweiten Terrorismus' zählen?
Der Energiekonzern wies Sicherheitsbedenken hinsichtlich der neuen Tiefseebohrung zurück. Solche hatte man allerdings auch vor Beginn der Bohrungen im Golf von Mexiko seitens BP weggelogen. Und auch die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko wurde von BP so lange verharmlost und schöngeredet, wie es nur irgendwie zu 'verkaufen' war. Nach Angaben der UN besitzt Libyen nicht einmal einen Notfallplan, mit dem einer Ölkatastrophe in der Region begegnet werden könnte. Die über Monate erfolglosen und hilflosen Versuche von BP, das Bohrloch im Golf von Mexiko mit Hilfe ferngesteuerter Roboter zu verschließen, haben gezeigt, dass keine zuverlässige und schnelle Technik zur Behebung von derartigen Problemen existiert.
Selbst die EU-Kommission und Italien scheinen keinen Vertrauen in die Sicherheit des Vorhabens von BP im Mittelmeer zu haben. Italiens Umweltministerin Stefania Prestigiacomo tritt für einen Stopp von Öl-Bohrungen im ganzen Mittelmeerraum ein, ebenso EU-Energiekommisar Günther Oettinger. Nicht-regierungsamtlichen Protest gegen die Profitgier von BP organisiert und bündelt eine unterstützenswerte Unterschriftenkampagne der Organisation COMPACT - Demokratie in Aktion.
Die von BP erzeugte Katastrophe im Golf von Mexiko (hier eindrucksvolle Bilder davon) hat nicht nur die Gefahren verdeutlicht, die von Tiefseebohrungen ausgehen. Sie mahnt auch einen grundlegenden Wechsel in der Energiepolitik an. Die auf fossilen Energieträgern basierende Ökonomie gefährdet das globale Klima und ist nicht nachhaltig. Notwendig ist eine Wirtschaftsform, die auf erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und Energiesparen beruht. Mit einer nachhaltigen Wirtschaftsweise kann darauf verzichtet werden, mit immer aufwendigeren Methoden risikoreich neue Öl-Lagerstätten zu erschließen – sei es in der Tiefsee oder durch den äußerst umweltverschmutzenden Abbau und die aufwendige Extraktion aus Ölsanden.
Text: hth / Quelle: COMPACT / Foto: SkyTruth