31.07.2024: Die Kindergrundsicherung war als größte Sozialreform der Ampelkoalition angekündigt. Jetzt kam das Aus ++ Rüstung statt Kinder ++ Subventionen für die Aktionäre der Konzerne: 10,7 Milliarden Euro im Jahr 2023 für die DAX-Konzerne ++ Rekorddividenden für die Aktionäre ++ Die Ampel zeigt wieder einmal, dass sie fest an der Seite der Konzerne und Reichen steht!
Die Kindergrundsicherung war als größte Sozialreform der Ampelkoalition angekündigt. Der Start der Kindergrundsicherung war für Januar 2025 geplant. Doch weder das Datum, noch das Geld oder die notwendigen Stellen konnte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) durchsetzen. Die Kindergrundsicherung - einst als das größte sozialpolitische Vorhaben der Grünen gestartet - ist auf fünf Euro mehr beim Kindergeld geschrumpft.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte bei der Sommer-Pressekonferenz am Mittwoch vergangener Woche (24.7.), dass die Kindergrundsicherung in dieser Legislatur nicht mehr umgesetzt werde. Gegenwärtig, sagte Scholz, diskutierten Regierung und Koalitionsparteien über erste Schritte zur Einführung: "Und dann auch darüber, wie man den Weg zum zweiten Schritt formuliert, der vermutlich dann nicht in dieser Legislaturperiode sich ereignen wird."
Da es aber voraussichtlich eine weitere Legislaturperiode dieser Koalition nicht mehr geben wird, wird auch die Kindergrundsicherung nicht mehr kommen.
Geplant war, verschiedene staatliche Leistungen wie Kindergeld oder Kinderzuschlag für einkommensschwache Familien sowie Sozialleistungen für Kinder zu bündeln. Die Grundsicherung sollte dann aus zwei Teilen bestehen: einem fixen Grundbetrag, dem Kindergarantiebetrag - heute das Kindergeld - und einem flexiblen Zusatzbetrag - dem Kinderzusatzbetrag -, der abhängig vom Einkommen der Eltern sein sollte. Dafür sollte der Antrag für die Familien einfacher, übersichtlicher und digitaler werden, damit am Ende mehr Kinder profitieren.
Doch jetzt bleibt es bei einer "ersten Stufe", mit einer geringfügigen Erhöhungen beim Kinderzuschlag und Kindergeld um fünf Euro. Mit einem Kindergrundsicherungscheck sollen Familien leichter wissen, ob sie einen Anspruch auf staatliche Leistungen haben. Zusätzlich soll es ein weiteres Portal im Netz geben: Familien mit wenig Einkommen sollen darüber leichter Zuschläge für Musikschulen oder etwa Sportvereine bekommen. (Frage: Warum wird Sport und Musik nicht mehr im normalen Schulunterricht angeboten?) Dieser erste Schritt soll noch vor der nächsten Bundestagswahl kommen, hofft die grüne Familienministerin.
"Ein weiterer Schritt ist gegenwärtig nicht etatreif" blockte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den "zweiten Schritt" ab. Es dürften "nicht immer neue Subventionen, neue Sozialausgaben, neue Standards dazukommen." Sonst sei die zur Sicherung der "Freiheit" des Westens nötige Erhöhung der Verteidigungsausgaben nicht möglich, so Lindner.
Stolz betonte Lindner im ARD-Sommerinterview, dass Deutschland die Rüstungsausgaben erhöht habe. "Deutschland erfüllt das NATO-Ziel von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung für die äußere Sicherheit. Wann in den letzten Jahrzehnten hat es das gegeben? Wir tun mehr als Frankreich und Italien beispielsweise."
An die Adresse von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gerichtet, der eine noch stärkere Steigerung der Rüstungsausgaben fordert, sagte er: "Herr Pistorius hat ein 100-Milliarden-Euro-Sonderprogramm für die Ertüchtigung der Streitkräfte, das hatte keiner seiner Vorgänger."
Deutschland hat der NATO für das laufende Jahr geschätzte Verteidigungsausgaben von 90,6 Milliarden Euro gemeldet (davon 51,95 Milliarden Euro aus dem regulären Verteidigungshaushalt) und erreicht damit derzeit klar das Zwei-Prozent-Ziel des Bündnisses.[1] Für den Krieg um die Ukraine hat Deutschland der Ukraine inzwischen Militärhilfen in Höhe von etwa 28 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt beziehungsweise für die kommenden Jahre bereitgestellt.[2]
Im Haushaltsentwurf für das Jahr 2025 Entwurf 2025 sind 53,25 Mrd. Euro (+2,5 Prozent) im regulären Verteidigungshaushalt (Einzelplan 14, Bundesministerium der Verteidigung) vorgesehen. Bis 2028 sollen die Ausgaben auf 80 Mrd. Euro steigen.
Bundesregierung: Kanonen statt Butter
"Kanonen und Butter, das ist Schlaraffenland", hatte ifo-Chef Clemens Fuest bei der Talk-Runde von Maybrit Illner am 22. Februar vorhergesagt und war damit auf heftigen Widerspruch von SPD und Grünen gestoßen. "Wir dürfen die Sicherheit nach außen nicht gegen soziale Sicherheit im Land ausspielen", hatte die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang entgegnet. (siehe kommunisten.de, 29.2.2024: "Kanonen und Butter, das ist Schlaraffenland"
Doch jetzt bestätigen sich die Erfahrungen aus der Vergangenheit auf die Ifo-Chef Fuest hingewiesen hatte: "Wenn man mehr für das Militär ausgeben musste, dann blieb eben weniger für andere Dinge."
Dafür klingeln bei der Rüstungsindustrie die Kassen.
2023: 10,7 Milliarden Euro Subventionen für die Aktionäre der DAX-Konzerne
Genügend Geld gibt es aber auch für Subventionen an die großen Konzerne. Wie das Magazin Monitor unter Bezug auf eine Analyse des Flossbach von Storch Research Institute berichtete, sind in den letzten fünf Jahren sind nicht nur die Gewinne der 40 DAX-Konzerne gestiegen, sondern auch die staatliche Unterstützung hat heftig zugelegt. Allein 2023 flossen mindestens 10,7 Milliarden Euro an die deutschen DAX-Unternehmen. Fast doppelt so viel wie im Vorjahr.
Laut der Studie lagen die Subventionen bis 2018 bei jährlich rund zwei Milliarden Euro. Danach seien die staatlichen Unterstützungen jedes Jahr gestiegen. Insgesamt seien von 2016 bis 2023 rund 35 Milliarden Euro staatlicher Gelder an die größten Börsenkonzerne gegangen. Unabhängig davon, wie viel Gewinn sie gemacht haben.
RWE und E.ON hätten deswegen in der Nettobetrachtung in den vergangenen acht Jahren "keinen Beitrag zu den öffentlichen Kassen geleistet".
Besonders davon profitiert hat der Energiekonzern E.ON mit 9,3 Milliarden Euro seit 2016. Die Gesellschaft erhielt aufgrund des Strompreisbremsegesetz und Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz besonders viele Gelder. Darüber hinaus erhielten sie Investitionszuschüsse.
Auf Platz 2 folgt Volkswagen mit 6,4 Milliarden Euro Subventionen seit 2016. Diese gingen auf Steuervergünstigungen und Förderungen für Forschungen in der Antriebs- und Digitaltechnik. BMW erhielt 2,3 Milliarden, unter anderem für den Bau von neuen Standorten.
Rekorddividenden
Im Vergleich zum Vor-Pandemie-Jahr 2019 stieg die Ausschüttungssumme der DAX-Konzerne im Jahr 2023 um 54 Prozent.
Für das Jahr 2024 erwarten die Experten der DekaBank, dass die DAX-Konzerne 54,6 Milliarden Euro an Dividende ausschütten. Das sind 1,6 Milliarden Euro mehr als 2023 und ein neuer Höchstwert. Bezuschußt mit Steuermilliarden.
Der Ampel geht es mehr um den Wohlstand der großen Unternehmen und seiner Aktionäre als um den Wohlstand der Bevölkerung. Sie subventioniert die maßlosen Gehälter der Konzernvorstände – VW-Vorstandschef Oliver Blume erhält ein Jahresgehalt von zehn Millionen, Bjorn Gulden (Adidas) 9,2 Millionen Euro, Christian Sewing (Deutsche Bank) 9,0 Millionen Euro, Christian Klein (SAP) 8,8 Millionen, Roland Busch (Siemens) 8,5 Millionen Euro -, hat aber kein Geld für die Kindergrundsicherung mit veranschlagten Kosten von 5 Milliarden Euro.
Die Ampel zeigt wieder einmal, dass sie fest an der Seite der Konzerne und Reichen steht!
Anmerkungen
[1] Tagesschau, 18.6.2024: NATO-Verteidigungsausgaben deutlich gestiegen
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/nato-verteidigungsausgaben-106.html
[2] Bundesregierung, 29.7.2024: Diese Waffen und militärische Ausrüstung liefert Deutschland an die Ukraine
https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/krieg-in-der-ukraine/lieferungen-ukraine-2054514