Deutschland

19.02.2023: Einig wie nie über das Kriegsziel: Sieg der Ukraine – und mehr Waffen ++ EU will Rüstungsproduktion ankurbeln ++ EU-Außenbeauftragter Josep Borrel: "Wir sind im Kriegsmodus“ ++ Nato-Stoltenberg: Russland stoppen, um China abzuschrecken ++ Schlagabtausch China – USA ++ China und Brasilien: einsame Rufer ++ China will Friedensplan vorlegen ++ Brasilien: "Anstatt am Krieg teilzunehmen, sprechen wir lieber über Frieden"

In München trafen sich am Wochenende im Nobelhotel Bayerischer Hof Spitzenpolitiker:innen, Militärs und Rüstungsindustrie aus allen Teilen der Welt zur "Münchner Sicherheitskonferenz". Russland und der Iran waren nicht eingeladen. Verhandlungen mit Russland über eine Beendigung des Krieges spielten bei den Ukraine-Verbündeten keine Rolle mehr. Sie zeigten sich einig wie nie über das Kriegsziel: Es genügt nicht, wenn Ukraine nicht verliert, die Ukraine muss den Krieg gewinnen. Eine Formel, die Bundeskanzler Olaf Scholz bisher vermied, und die er in München von seinem Verteidigungsminister aussprechen ließ. Unisono stellten sie sich hinter die Forderung der Ukraine, dass es erst Verhandlungen geben kann, wenn die russischen Truppen aus der Ostukraine und von der Krim vertrieben sind.

 

"Und ich habe deutlich gemacht: Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen."
Boris Pistorius (SPD), Bundesverteidigungsminister

In verschiedene Beiträgen wurde eine grundlegende Umkehr in der Risikoeinschätzung gefordert: Es sei falsch, wenn der Westen Angst vor der Eskalation habe, Putin müsse Angst vor der vom Westen gesteuerten Eskalation haben. Deshalb brauche die Ukraine offensive Waffen.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg machte in seiner Rede deutlich, dass es dabei nicht nur um die Ukraine geht, sondern dass der Krieg um die Ukraine ein Katalysator im Ringen um eine neue globale Ordnung ist. "Wenn Putin in der Ukraine gewinnt, bekommen er und andere autoritäre Herrscher die Botschaft, dass sie zu Gewalt greifen können und alles bekommen, was sie wollen“, sagte er mit Blick auf China und Taiwan. Und damit die Ukraine den Krieg gegen Russland gewinne, brauche "sie vor allem eines: moderne Waffen aus dem Westen".

Die US-Vizepräsidentin Kamala Harris und US-Außenminister Antony Blinken wurden noch deutlicher. Es gehe darum, Russland zu stoppen, um China abzuschrecken. Sie drohten mit "Konsequenzen", wenn Peking Moskau "materielle Unterstützung" zukommen lassen oder bei der Umgehung westlicher Sanktionen helfen würde.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius stand da nicht nach: "Denn es ist eben nicht nur ein Abwehrkrieg der Ukraine gegen Russland, sondern es ist ein Krieg der freien Welt, die sich hier verteidigen muss gegen die Aggression."

Da es um die "freie Welt" geht, stießen die Forderung der Ukraine nach mehr Panzern und Artillerie, nach Kampfjets und Raketen mit größerer Reichweite auf offene Ohren der Versammelten. Nur bei der Forderung der Ukraine nach völkerrechtlich geächteter Streumunition und Phosphorbomben zeigten sich die potentiellen Lieferanten noch skeptisch.

"Wir sind im Kriegsmodus“
Josep Borrel, EU-Außenbeauftragter

Der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, forderte in seiner Rede die EU-Staaten dazu auf, die Produktion von Rüstungsgütern zu steigern und ihre Armeen mit Waffen zu versorgen. Dies stieß auf die große Zustimmung eines Teilnehmers, der sich als ein Vertreter der europäischen Rüstungsindustrie vorstellte. Er bedankte sich für die Unterstützung durch die Politiker:innen, brachte aber auch ein Anliegen vor: Im Zuge des Green Deal der EU sei die Rüstungsindustrie nicht als grün und nachhaltig klassifiziert worden. (siehe kommunisten.de: "EU-Parlament: Ökolabel für Gas, Atomkraftwerke und Atombomben")  Dies würde Investoren von Investitionen in Rüstungskonzerne abhalten. Borrell sicherte umgehen zu, dass dies neu überdacht werden müsse. "Wir sind im Kriegsmodus“, so Borrell.

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sich für einen schnellen Ausbau der Rüstungsproduktion in der Europäischen Union aus. Ähnlich wie mit der Pharmaindustrie in der Corona-Pandemie solle nun auch mit Rüstungskonzernen unbürokratisch zusammengearbeitet werden. Von der Leyen nannte beispielsweise die Möglichkeit, Fertigungsanlagen mit EU-Geldern auszubauen, um die Produktion anzukurbeln und der Ukraine die erforderliche Munition liefern zu können.

Einsame Rufer in diesem Kriegsgeschrei blieben der höchstrangige Außenpolitiker der VR China, Wang Yi, und Brasiliens Außenminister Mauro Vieira.

Während die Allianz der Verbündeten der Ukraine nur von Waffen und Sieg über Russland sprachen, kündigte China auf der Münchner Sicherheitskonferenz einen Friedensplan zur Beilegung des Konflikts in der Ukraine an. "Wir werden etwas vorlegen. Und zwar die chinesische Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise", sagte Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi in seiner Rede am Samstag. Der Vorschlag soll am 24. Februar vorgestellt werden, genau ein Jahr nach Beginn der russischen Invasion.

Wang Yi rief zu einer friedlichen Konfliktlösung durch Dialog und Konsultationen auf. Probleme zwischen Ländern sollten nicht durch Druck oder unilaterale Sanktionen gelöst werden. Dies sei kontraproduktiv, "denn das führt zu endlosen Schwierigkeiten". Dialog und Konsultationen sollten nicht nachlassen, wie hart die Spannungen auch seien. "Dem Frieden sollte doch eine Chance gewährt werden. … Wir werden auf der Seite des Friedens und des Dialoges standfest stehen."

Wang Yi ging auf den Zwischenfall mit dem chinesischen Ballon und den Abschuss durch die US-Luftwaffe ein. Er forderte die USA auf, nicht derart "absurde Dinge" zu tun, nur um "die Aufmerksamkeit von innenpolitischen Problemen abzulenken". "Es gibt viele Ballons aus vielen Ländern am Himmel. Wollt ihr jeden einzelnen davon abschießen?", fragte der chinesische Top-Diplomat ironisch.

Rede von Wang Yi, Außenminister der VR China:
MSC2023 Wang Yihttps://securityconference.org/mediathek/asset/main-stage-i-china-in-the-world-20230218-1126/

Am Freitag hatte schon Brasiliens Außenminister Mauro Vieira das Nein seines Landes zu Munitionslieferungen bekräftigt. Für die Regierung von Lula stehe der Kampf gegen den Hunger an erster Stelle. "Anstatt am Krieg teilzunehmen, sprechen wir lieber über Frieden", so der Brasilianer. Brasilien habe die Agression und die Invasion verurteilt, weil sie gegen internationales Recht verstoßen. Andererseits werde sich Brasilien aber nicht an Sanktionen beteiligen, die nicht vom UN-Sicherheitsrat verhängt werden, da diese illegal seien. Vieira bekräftigte die Bereitschaft Brasiliens, bei Verhandlungen zu einem Waffenstillstand und später für einen Frieden zu vermitteln.
Vieira betonte, dass China der wichtigste Handelspartner sei, zu dem Brasilien sehr gute Beziehungen und viel gemeinsame Programme haben. Aber auch mit den USA seien die Beziehungen sehr gut. Die USA seien ein traditioneller, enger Partner, China wurde zu einem world-player, zu dem Brasilien sehr wichtige Beziehungen unterhalte. "Wir haben exzellente Beziehungen mit beiden Seiten und achten in beiden Beziehungen auf unsere nationalen Interessen", sagte Vieira.

Rede von Mauro Vieira, Außenminister Brasiliens:MSC2023 Mauro Vieirahttps://securityconference.org/mediathek/asset/public-square-spotlight-brazil-20230217-1920/


Die Münchner Sicherheitskonferenz und der offene Schlagabtausch zwischen China und den USA hat deutlich gemacht, dass die Welt immer schneller in eine neue Blockbildung rauscht, bei der jede Seite Verbündete sucht. Dabei riskiert der "Westen" auch, dass der Krieg um die Ukraine, wie von UN-Generalsekretär Antonio Guterres befürchtet, zu einem "großen Krieg" wird, in den die Welt "mit weit geöffneten Augen" hineintreibt.


Foto oben: Aktion des Aktionsbündnises gegen die NATO-Sicherheitskonferenz vor dem Tagungshotel


mehr zum Thema

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

EL Star 150

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.