27.3.2010: Die Verfassungsklage gegen den elektronischen Entgeltnachweis ELENA wurde bis Montag Abend von 30383 Teilnehmern unterstützt. Sie alle haben auf https://petition.foebud.org/ELENA die entsprechenden Formulare ausgefüllt, die Vollmacht ausgedruckt und bis Montag, den 29.3.2010 an den FoeBuD ("Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs) gesendet. Das Bundesverfassungsgericht verlangt für die Verfassungsbeschwerde Schriftform. Das heißt: die Vollmacht gilt nur im Original mit eigenhändiger Unterschrift. Deshalb müssen die Vollmachten alle eingescannt werden, damit ein Beleg bleibt. Weil so viele Freiwillige bei der Bearbeitung helfen, konnte der Annahmetermin noch auf den Montag verlängert werden. Später eintreffende Vollmachten können jetzt nur noch symbolisch gewertet werden.
Hinter dem Kürzel Elena verbirgt sich der elektronische Entgeltnachweis, eine Datenbank, die sensible Informationen von rund 40 Millionen Deutschen zentral speichert. Seit Jahresbeginn 2010 müssen die Arbeitgeber monatlich mit der Entgeltabrechnung eine Meldung über die Daten ihrer Beschäftigten an eine zentrale Speicherstelle (ZSS) bei der Deutschen Rentenversicherung in Würzburg senden. In jedem Datensatz ist eine große Menge persönlicher Angaben über den Angestellten enthalten. Neben Name, Geburtsdatum, Versicherungsnummer und Adresse, müssen auch Fehlzeiten, Abmahnungen, mögliches "Fehlverhalten" und nach ursprünglicher Planung auch Streikbeteiligungen übermittelt werden. In Freitextfeldern kann der Arbeitgeber seine Einschätzung des Mitarbeiters - auch ohne dessen Wissen - hinterlegen. Diese Daten sollen bis zu fünf Jahre lang gespeichert werden. Betroffen sind alle Arbeitnehmer, Beamte, Richter und Soldaten sowie alle Arbeitgeber, die die Daten ihrer Mitarbeiter übermitteln müssen.
ver.di hat zusammen mit anderen Gewerkschaften darauf hingewirkt, dass der Gesetzgeber den Fragenkatalog nochmals überprüfte und nachbesserte. Doch das reicht nicht. Deshalb unterstützte ver.di die Petition an den Bundestag, die Elena erstmal stoppen sollte. In dieser Online-Petition, die Anfang März 2010 endete, hieß es: "Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass die Vorratsspeicherung gemäß dem 6. Abschnitt des Sozialgesetzbuchs IV, §§95 ff. (Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises) aufgehoben wird." Jetzt unterstützt ver.di die Verfassungsbeschwerde.
Von 2012 an sollen die Daten von "befugten Stellen" abgerufen werden können. Elena soll zunächst für fünf Bescheinigungen eingeführt werden:
- Bundeselterngeld
- Arbeitsbescheinigung nach Ende des Arbeitsverhältnisses
- Nebeneinkommensbescheinigung
- Bescheinigung über geringfügige Beschäftigung
- Bescheinigung nach dem Wohnraumförderungsgesetz
Ab 2012 sollen dann Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld I, Wohngeld und Elterngeld bei der zuständigen Behörde nur noch mit Chipkarte beantragt werden können. Diese enthält alle Daten und dient der Identifizierung. Mit dieser Chipkarte wird dann erstmals eine "qualifizierte elektronische Signatur" im großen Stil angewendet. Doch ist geplant, Elena in Zukunft auf deutlich mehr Bereiche auszuweiten, beispielsweise auf das Kindergeld und Arbeitslosengeld II.
Mit ELENA soll auch der elektronischen Signatur zum Durchbruch verholfen werden. Dass mit der elektronischen Signatur rechtsverbindlich Verträge abgeschlossen werden können, gilt als Voraussetzung dafür, dass der Handel mit Waren und Dienstleistungen über das Internet weiter wachsen kann. Die Bundesrepublik will damit bei E-Commerce und E-Government eine Führungsrolle übernehmen. Ob Rot-Grün, Große Koalition oder schwarz-Gelb, alle Regierungen streben seit Jahren den Aufbau zentraler digitaler Datensammlungen an. Unter Wolfgang Schäuble plante das Innenministerium, die kommunalen Meldeämter über eine Bundesmelderegister zu vernetzen. Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag ist dieses neue Bundesmeldegesetz vorgesehen. Der Entwurf für ein Bundesmelderegister aus dem Jahr 2008 sah vor, auch die neue Steueridentifikationsnummer aufzunehmen, die von den Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) verwaltet wird. Damit wäre dann der Schritt getan zu einer ämterübergreifenden und lebenslang gültigen Ordnungsziffer für jeden Bürger, ein einheitliches und dauerhaften Personenkennzeichen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist das bisher noch nicht zulässig. Das es so bleibt, hängt davon ob, wie wir uns wehren.
Die Unterstützung der Verfassungsbeschwerde ist ein Schritt im Kampf gegen den totalen Überwachungsstaat.
Text: mami Foto: Demonstration gegen die Vorratsdatenspeicherung, berlin, 12.09.2009