14.11.2019: Über 148 europäische Organisationen waren dem Aufruf der Europäischen Linken zum diesjährigen "European Forum" vom 8. – 11. November nach Brüssel gefolgt. Unter dem Motto "Der Planet brennt, auch die Demokratie" wählten die Veranstalter ein geeignetes Format, um den 410 Teilnehmer*innen aus 37 Ländern, bestehend aus Linken, Vertreter*innen der grünen Bewegung und Repräsentant*innen von Gewerkschaften, eine Plattform zum Austausch anzubieten. Die politischen Bedingungen und die anstehenden Aufgaben für Mitglieder des Europäischen Parlaments, der linken bis grünen Organisationen in Europa und Gewerkschaften waren Gegenstand einer fortschrittlichen politischen Zusammenkunft.
Der hohe Anteil jüngerer politisch Interessierter und Aktivist*innen war ein erfreuliches "highlight" sowie die spürbare Bereitschaft, einen gemeinsamen Konsens für die Grenzen überwindende erforderliche Aktion zu finden: Den Klimawandel wirksam bekämpfen, die politischen Eliten zum Handeln zu nötigen, den Zusammenhang zwischen dem Kampf gegen soziale Ungleichheit und für ökologische Transformation zu erörtern, abzuwägen, zu hinterfragen, Lösungsansätze zu initiieren und die Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten zu fördern.
Im Wechselspiel von Plenar-Zusammenkünften, Workshops und Zusammenkünften zu Schwerpunkt-Themen ging es um die anstehenden Aufgaben der politischen Linken, wie in einer krisengeschüttelten kapitalistischen Gesellschaftsformation, in der die Menschen im Stich gelassen werden, trotz kontroverser Positionen der beteiligten Organisationen, bereits initiierte Maßnahmen fortgeführt werden können bzw. neue Impulse für eine soziale und ökologische Transformation, Ressourcenschonung, Abbau von Überkapazitäten, nachhaltige Produktionsalternativen zum uneingeschränkten Wachstum aufgegriffen werden können.
Es bestand weitgehende Einigkeit darin, den Austausch zwischen den beteiligten Organisationen in einer noch zu klärenden Organisationsform fortzusetzen. Das Forum in Marseille im Jahr 2017 war der Auftakt dieser Begegnung und fand eine hoffnungsvolle Fortsetzung in Brüssel. (siehe auf kommunisten.de: Europäische Linke auf den Spuren des Foro Sao Paulo)
Die Teilnehmer*innen eines der vielfältigen Workshops stimmten darin überein, dass den beiden beteiligten Organisationen transform! Europe und der Rosa-Luxemburg-Stiftung eine bedeutende Rolle zukommt, Antworten zu finden und zu liefern, wie an der gesellschaftlichen weltweiten Herausforderung der Klimakrise eine Brücke zwischen wissenschaftlichen Erkenntnissen und der politischen und gesellschaftlichen Realität geschlagen werden kann. Durch Expertisen und Studien sind sie mehr als je zuvor aufgerufen, der Politik durch wissenschaftliche Analysen Wege aufzuzeigen, wie eine soziale und ökologische Transformation als Ausweg aus dem Krisenkapitalismus erfolgen könnte.
So verwiesen viele Beiträge in den Plenen gerade auf die notwendige Verbindung zwischen der sozialen Entwicklung und den Herausforderungen für eine ökologische Ausrichtung des kapitalistischen Wirtschaftssystems in Europa. Das beispielhaft vorgetragene spezifische Anliegen einer feministischen Ausrichtung der Gesellschaft, das Eintreten für die Gleichstellung der Frau, die Gleichstellung in der Entlohnung im Arbeitsprozess sowie die Anerkennung von häuslicher Arbeit und die notwendige, stärkere Betonung der Nachhaltigkeit legen tiefergehende Analysen nahe.
"Frieden – ein Eckpfeiler der Europäischen Linken-Strategie" und das "Meeting für Frieden" waren zwei weitere herausragende Workshops, die die kontinuierliche notwendige politische Aktion gegen die zunehmende Militarisierung in Europe und uns alle bedrohende Kriegsgefahr zum Thema hatten.
Es standen auch Fragen im Raum, wie in einigen Ländern bei den mutigen Aktionen der Fridays for Future-Bewegung die erkennbaren Einflüsse von neoliberalen Organisationen und Protagonist*innen zurückgedrängt werden können, die die Bewegung in eine systemkonforme Anpassung verändern wollen.
Der Aufstieg der rechtsextremen Parteien in vielen Teilen Europas war ebenfalls ein intensiv erörtertes Thema, wobei die Teilnehmer einhellig für das Zusammenwirken von progressiven, grünen und linke Kräfte plädierten, gemeinsam an Kampagnen zu arbeiten und die europäischen Gesellschaften gemeinsam zu verändern.
Solidarischer Welthandel, eine europäische Industriepolitik, Migrationen und die europäische Politik in der Flüchtlingsfrage, die Steuerbegünstigung der Reichen zu Lasten des Mittelstandes und der Lohnabhängigen waren weitere Themen des Brüsseler Forums.
Das Aufgreifen von Klimaschutz und Ökologie durch die Gewerkschaften bildete zum Schluss des Forums einen aus Sicht des Autors nicht passenden Abschluss für eine ansonsten mutige, hoffnungsvolle Stimmung und Bekenntnisse für die weiteren Zusammenarbeit der teilnehmenden Organisationen. Der Vertreter der sozialdemokratischen Gewerkschaft FGTB zeigte in seinen Ausführungen, in denen das Wort Ökologie trotz ermüdend langer Textpassagen nicht vorkam, keine Bereitschaft für eine Zustimmung zu der zuvor verteilten und ohnehin auf Minimalkonsens getrimmten "Final Declaration". Die strikt auf politische Tradition ausgelegte sozialdemokratische Position war der Wermutstropfen dieser so dringenden Kooperation, die gewerkschaftlichen Forderungen mit den gesellschaftspolitischen Forderungen für Klimaschutz, sozialer und ökologischer Transformation zu verbinden. Auch hier bedarf es in der Folge große Anstrengungen, die soziale Frage mit der Frage der ökologischen Ausrichtung von Wirtschaft und Gesellschaft zu verbinden.
Hier geht es zur Abschlusserklärung.
txt: Willy Sabautzki
Willy Sabautzki und Lisa S. nahmen für die marxistische linke an dem Treffen teil.
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