Aus Bewegungen und Parteien

14.06.2010: „Viel Stoff, wichtiges Thema, viel Arbeit vor uns.“, war das mehrfach geäußertes Fazit aus der 2 ½ stündigen Vortrags-  und Diskussionsveranstaltung am 10. Juni 2010 an der Uni Stuttgart Vaihingen. Der Einladung von hib Stuttgart zum Thema „Zivilklausel - keine Militärforschung an Hochschulen! Wie die Waffenindustrie bei der wissenschaftlichen Forschung mitmischt“ mit dem Referenten Dietrich Schulze waren 20 überwiegend studierenden TeilnehmerInnen gefolgt.

Denis Simeonidis, der zu dieser Veranstaltung einer Hochschulpolitischen Veranstaltungsreihe im Rahmen des Bildungsstreiks eingeladen hatte, wollte wissen, auf welche Weise die Anwesenden Kenntnis von der Veranstaltung erhielten (Plakate, Flyer, Webseite, Streikheft). Die Mehrheit war wohl über das Streikheft erreicht worden. [1] Er informiert über Material, Hilfestellung und Mitwirkungsmöglichkeiten beim hib.

Dietrich Schulze spricht über die Entstehung der Kampagne für Zivilklauseln aufgrund des Zusammenschlusses von Universität und Forschungszentrum Karlsruhe zum Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und wie es zu der bundesweit bisher einmaligen Urabstimmung  der Studierenden für eine einheitliche Zivilklausel für diese neue Körperschaft öffentlichen Rechts (gleichzeitig Universität) mit einem eigenen Landesgesetz gekommen war.

Diese Forderung ist bisher nicht erfüllt. Die beschlossene „schizophrene“ Teilzivilklausel könne keinen Bestand haben.  Er berichtet, wie von einer Initiative gegen den Vertuschungsversuch der Uni-Leitung das Militärforschungsprogramm „kognitive Soldatenkommunikation“ am Nachrichtentechnischen Institut der Uni aufgedeckt wurde und was sich in einer öffentlichen Veranstaltung aufgrund des Diskussionsbeitrags eines der GEW angehörenden früheren Tübinger Senatsmitglieds herausgestellte. Er hatte an eine geplatzte Militärforschungskooperation Anfang der 90er Jahre erinnert. Daraus ergab sich, dass von der Uni seit vier Jahrzehnten enge Kontakte zur Rüstungsforschung und Rüstungsindustrie ohne Wissen der Studierenden gepflegt worden sind. Anhand der personellen Verflechtung mit externer Rüstungsforschung stehe das neu aufgelegte angeblich rein zivile Forschungsprogramm „kognitive Landfahrzeuge“ im Verdacht, für militärische Zwecke genutzt zu werden (EDA-Rüstungsauftrag mit Projektführerschaft Fa. Rheinmetall Defence).  Die besondere Problematik bestehe zusätzlich darin, dass Waffenforschung und Kernforschung im KIT nunmehr unter einem Dach angesiedelt seien. Dagegen richtet sich ein Internationaler Appell, der wie die Studierenden eine ungeteilte Zivilklausel verlangt.

Anhand von Beispielen wird der fortschreitende Militarisierungsprozess verdeutlicht, der nicht nur die naturwiss.-technischen Fakultäten  der großen Universitäten betrifft, sondern zunehmend  auch die geistes- und sozialwiss. Fakultäten. Dabei werde nicht vor Verstößen gegen Zivilklauseln an den wenigen Universitäten mit existierender Zivilklausel zurückgeschreckt. Das hat auch eine aktuelle Umfrage der NaturwissenschaftlerInnen-Friedensinitiative [2] erbracht.

Die neun Thesen der Heidelberger Konferenz  12.-13. Februar (S. 11) wurden vorgestellt, verbunden mit der wichtigsten Schlussfolgerung, Arbeitskreise an allen Unis zu bilden, die sich mit Aufdeckung von Rüstungsforschung und Aufklärung befassen und  die Forderung nach einer Zivilklausel erheben.

Auch auf die im Dezember vom Tübinger Senat beschlossene Zivilklausel und die aktuelle Diskussion über ein Seminar „Ethnologie und Militär“ wird eingegangen.

Zivilklauseln für die Universitäten entsprechen dem Humboldt’schen Geist und stimmen mit der Friedensfinalität der Verfassung überein. Die Forderung ist landesweit von den Gewerkschaften, dem Bildungsstreik-Bündnis und der LandesStudierendenVertretung erhoben worden. In einem bundesweiten Vernetzungstreffen am 9. Juli beim AStA der Uni Braunschweig sollen darüber weitere Gedanken ausgetauscht werden.  Alles Vorgetragene kann in der umfangreichen chronologischen Webdokumentation der Initiative nachgelesen werden.

Nils Langer, Studierender der Uni Stuttgart, trägt Beispiele für Rüstungsforschung und zivil-militärische Forschung an der Uni Stuttgart vor, u.a. Eurocopter, Hyperschallflug, Navigationssysteme in Gebäuden. Die Verflechtung mit Rüstungsunternehmen wird am Beispiel des Steinbeis-Tags 2006 beleuchtet.

In der Diskussion wird intensiv das dual-use-Problem behandelt mit folgenden Überlegungen:

  • Grundlagenforschung kann nicht deswegen eingeschränkt werden, weil die veröffentlichten Ergebnisse militärisch verwendbar sind. Es ist eine Frage der gesellschaftlichen Entwicklung, Rüstung zurückzudrängen und in der Industrie einen Konversionsprozess zu starten (Umstellung von militärischer auf zivile Produktion).
  • Was jedoch verhindert werden muss, ist die Steuerung von zivil deklarierter und finanzierter Forschung unter dem Gesichtspunkt eines optimalen militärischen Nutzens. Das aber ist die Zielsetzung des aktuellen Sicherheitsforschungsprogramms der Bundesregierung. Eine Zivilklausel würde genau eine solche Verquickung nicht erlauben.
  • Die universitäre Debatte über die Auslegung, ob ein Forschungsprogramm gegen die Zivilklausel verstößt oder nicht, ist allein deswegen sinnvoll, weil damit das Bewusstsein um die gesellschaftliche Verantwortung der Wissenschaft gestärkt werden kann.

Der Autor (Fachgruppe Hochschule und Forschung der GEW Baden-Württemberg) weist in der Diskussion auf die Ausführungen von Subrata Ghoshroy (MIT) in einer Veranstaltung im Rahmen des Bildungsstreiks am 1.12.2009 an der Uni Karlsruhe hin. Dort sei die weitgehende Durchdringung des MIT mit vom Pentagon vorgegebenen und finanzierten Forschungsthemen, die verheerenden Folgen, aber auch Ansätze des Widerstands gegen solche Entwicklungen aufgezeigt worden. Die Dokumentation jenes Vortrags am 1.12.2009 - PowerPoint-Folien, Audiomitschnitt, Videostream - sei eine einzigartige Möglichkeit, sich zu diesem Thema fortzubilden.  Die wichtigsten praktischen Ergebnisse der Veranstaltung:

  • Die Bildung eines Arbeitskreises gegen Militarisierung an der Uni Stuttgart ist beabsichtigt.
  • Die Recherche von Nils Langer über Rüstungsforschung an der Uni Stuttgart ist als Beitrag für die nächste Ausgabe der Studierenden-Zeitung [3] vorgesehen.
  • Zum Vernetzungstreffen in der Uni Braunschweig soll mindestens ein Vertreter der Studierenden entsandt werden.

Text: Lothar Letsche  Foto: Initiative gegen Militärforschung an Universitäten

Anmerkungen:

(1) Das Streikheft enthält auch den landesweiten Forderungskatalog des Bildungsstreiks vom 6.2.2010, der in Ziffer 8 fordert: „Die Einführung und Unterstützung von Zivilklauseln für Hochschulen des Landes Baden-Württemberg, sowie die Auflösung der Kooperationsverein¬barung zwischen der Landesregierung und der Bundeswehr.“

(2) Wird von Natascha Bisbis in Kürze in Wissenschaft & Frieden 3/2010 veröffentlicht;  vorab nachlesbar in der Webseite  des AStA der Uni Braunschweig.

(3) Die letzte Ausgabe der Studierenden-Zeitung vom 14. Februar enthält eine ersten Beitrag zum Thema (S. 4-5).

Siehe auch:

Neues vom Karlsruhe Institute of Technology (KIT) (UZ vom 8. Januar 2010)

Militarisierung von Forschung und Lehre (UZ vom 30. Januar 2009)

 

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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