27.04.2010: Zwei Jahre ist Christel Wegner nun Landtagsabgeordnete. Sie legte eine Zwischenbilanz vor, der wir den Begleitbrief entnommen haben.
Liebe Genoss/Innen, liebe FreundInnen,
zwei Jahre ist es her, dass ich als DKP-Mitglied auf der Liste der PDL in den Niedersächsischen Landtag eingezogen bin. Inzwischen bin ich – wie euch sicher bekannt – eine fraktionslose Abgeordnete.
Das ist ein Status, der nicht unproblematisch ist. Es beginnt mit den eingeschränkten Rechten, die mir zugestanden werden. Ich bin weder antragsberechtigt noch kann ich mich zu allen Fragen äußern. Meine Redezeit wird in der Regel auf 1,5 Minuten begrenzt. Informationen, die außerhalb des Parlaments zwischen den Fraktionen im Ältestenrat oder informell ausgetauscht werden, stehen mir nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung. Die Fülle der zu behandelnden Themen erfahre ich erst kurzfristig, so dass eine effektive inhaltliche Vorbereitung äußerst schwierig ist.
Manche/r wird sich fragen, was unter diesen Umständen das Landtagsmandat überhaupt bewirken kann. Zuerst einmal hat das „Panorama“-Interview und der darauf folgende Rauswurf aus der Fraktion bewirkt, dass die DKP bundesweit in den Schlagzeilen war. Auch wenn es meist negative Schlagzeilen waren, so konnten wir doch feststellen, dass sich viele Menschen (wieder) mit der DKP beschäftigen.
Der Rauswurf aus der Fraktion war ein Kniefall der „Linken“ vor der bürgerlichen Politik und ihrem Einfluss innerhalb derVorstände der Linkspartei. Mich hat allerdings überrascht, wie schnell die Linkspartei solch einen Weg beschritten hat und ich glaube nicht, dass sich das mittelfristig für sie auszahlt.
Durch das Mandat gibt es gelegentlich die Möglichkeit, antikapitalistische Positionen in den Landtag einzubringen, die natürlich in den bürgerlichen Medien keinen Widerhall finden. Diese Broschüre liefert einige Beispiele dafür, ergänzt um außerparlamentarische und parteiinterne Beiträge.
Zur Ausübung des Mandats fühle ich mich auch deswegen verpflichtet, um alle, die mich gewählt haben und alle, die mir politisch verbunden sind oder an meiner Situation Interesse haben, nicht zu enttäuschen. Als Fraktionslose unterliege ich keiner Fraktionsdisziplin, das heißt: ich bin wohl die Einzige der 152 niedersächsischen Abgeordneten, die immer – und nicht nur wenn es die Fraktionen erlauben – nur ihrem Gewissen verpflichtet ist. Diese Rolle kann in manch einer Situation zwar nicht entscheidend, aber doch als mindestens protokollierte Stimme wichtig sein. Auch einzelne Redebeiträge, wie beispielsweise die von mir erhobene Forderung die Zinszahlungen des Landes an die Banken zu stoppen, wurde in diesem Parlament sicherlich noch nicht oft gehört und veranlasste in diesem Fall die nachfolgende Rednerin, meinen Beitrag als „Kommunismus pur“ zu „würdigen“.
Wir können also etwas erreichen – und seien es nur kleine Erfolge. Mit dieser Broschüre will ich Rechenschaft ablegen über die Zeit und die Aktivitäten von dem Zeitpunkt an, an dem ich zur „öffentlichen Person“ wurde. Weitere und zukünftige Arbeitsergebnisse werden auf meiner Internetseite unter www.christel-wegner.de veröffentlicht. Mit solidarischen Grüßen
Christel Wegner, April 2010
Foto: Detlef Deymann