Analysen

isw report11229.03.2018: "Der gegenwärtige Hype um Elektroautos ist so neu nicht", schreibt Winfried Wolf in dem neuen isw-Report »Elektro-Pkw als Teil der Krise der aktuellen Mobilität. Oder: Die Notwendigkeit einer umfassenden Verkehrswende«. "Im Grunde handelt es sich um den alten, wiederkehrenden Versuch, in Zeiten der Krise der Automobilität angebliche Möglichkeiten einer inneren Reform der Autogesellschaft aufzuzeigen – um am Ende eine zynische Politik des »Weiter so! « zu betreiben. Neu ist allerdings die Tatsache, dass wir eine kombinierte Krise der Automobilität auf internationaler Ebene erleben", schreibt Wolf weiter. Wolf geht aus von der "dreifachen Krise der motorisierten Mobilität": Klimakrise, Krise der Städte, Dieselgate. Automobillobby und herrschende Politik kennen eine Antwort auf alle drei Krisen: Elektromobilität.

 

Aber entgegen den vielfältigen Beteuerungen, mit der Elektromobilität erlebe das Automobil eine Vitalisierung als markantes Aushängeschild des Wohlstandswachstums und leiste einen entscheidenden Beitrag zur Entschärfung der Klimakrise und der Luftverschmutzung stellt Winfried Wolf fest:

• Straßen- und Luftverkehr sind zunehmend der entscheidende Treiber der Klimaerwärmung. Das Elektro-Auto in seiner jetzigen Auslegung trägt nicht zur Entschärfung der Klimakrise bei.

  • Die Klimaziele im Verkehrsbereich sind auch über einen zunehmenden Anteil an Elektro-Pkw nicht zu erreichen.
  • Die Elektromobilisierung des Autoverkehrs ist keine geeignete Maßnahme, um die lebensbedrohlichen Luftverunreinigungen und verkehrstechnisch bedingten Lebenseinschränkungen in den Städten zurückzudrängen.
  • Es bedarf einer grundsätzlichen Verkehrswende mit dem Ziel, die bestehende Verkehrsmarktordnung, die massiv die Verkehrsarten Luftverkehr, Straßenverkehr und Schifffahrt fördert, neu zu ordnen.
  • Ein Umswitchen auf Elektromobilität und der langfristig erwartete höhere Anteil von Elektro-Pkw am Automobilverkehr leistet nicht den propagierten Beitrag für die so dringend notwendige Energiewende.

Die gegenwärtig erkennbare Intensivierung und Vorbereitung der Automobilindustrie auf eine Umstellung bzw. Erweiterung der Automobilproduktion um Elektromobilität sollte nicht davon ablenken, dass es der Diesel-Skandal war, der die jahrzehntelange Produktion von klimaschädigenden Diesel-Pkw ans Tageslicht brachte. Der Autor belegt, dass es in der Summe allerdings in erster Linie die Benzin-Pkw sind, die in einem wachsenden Maß zur Klimabelastung beitragen.

Dass die Autoindustrie zur wichtigsten industriellen Branche im globalen kapitalistischen System geworden ist sowie die enorme Kapitalkonzentration in diesem Sektor haben den einmaligen Charakter der Nachfrage an Kraftfahrzeugen hervorgebracht. Von dieser Dominanz des Autosektors ist das gesamte kapitalistische System, sind vor allem auch seine politischen Strukturen durchdrungen.

Wolf zeigt, dass der gegenwärtige Hype um Elektroautos so neu nicht ist. Im Grunde genommen handelt es sich um den alten, wiederkehrenden Versuch, in Zeiten der Krise der Automobilität angebliche Möglichkeiten einer inneren Reform der Autogesellschaft aufzuzeigen – um am Ende eine zynische Politik des „Weiter so!“, sprich ein uneingeschränktes Wachstum der Automobilproduktion mit seinen unterschiedlichen Antriebsformen zu betreiben.

Der Elektro-Pkw ist, so wird vielfältig belegt, mit Effekten verbunden, die die Umwelt- und Klimabelastungen zusätzlich erhöhen. Auch die Ökobilanz von Elektro-Pkw stellt sich als frag- würdig heraus. Die Emissionen entstehen zwar nicht beim Fahren, aber die Energie muss vorher in die Batterien geladen werden. Noch immer wird in Deutschland weit über die Hälfte des Stroms aus fossilen Quellen gewonnen, an erster Stelle aus Kohle. Neben dem Energieverbrauch beim Fahren ist vor allem der Energiebedarf für die Produktion von Autos enorm. Ein Elektroauto benötigt doppelt so viel Produktionsenergie wie ein Auto mit Verbrennungsmotor. Ursache dafür ist vor allem die Batterie. Demzufolge sei die gesamte Klimabilanz des Elektroautos kaum von der eines herkömmlichen Autos zu unterscheiden.

Der Autor votiert für eine sozial und ökologisch verträgliche Wirtschaftsentwicklung, deren Elemente Nachhaltigkeit, Klimaverträglichkeit, Umweltfreundlichkeit und Stadtqualität von zentraler Bedeutung für eine menschengerechte Lebensweise sind. Dem fortschreitenden Individualverkehr ist ein alternatives Verkehrskonzept entgegenzustellen: die nichtmotorisierten Verkehrsarten (Zufußgehen, Radfahren) massiv fördern, die Nähe priorisieren, auf dezentralisierte räumliche Strukturen setzen, lebenswerte grüne Wohnquartiere fördern und dem öffentlichen Nahverkehr Vorrang einräumen.

 

isw report112report 112/113: Elektro-Pkw als Teil der Krise der aktuellen Mobilität. Oder: Die Notwendigkeit einer umfassenden Verkehrswende

Umfang 48 Seiten

erscheint: 28. März 2018

Preis:4,50 €

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