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Klima Gewerkschaft Belgien22.01.2020: Auf dem vergangenen ver.di Bundeskongress 2019 in Leipzig wurde eine Reihe von zentralen Anträgen verabschiedet, die sich mit tarifpolitischen und gesellschaftspolitischen Themen und Forderungen befassen. Sie bieten in dem jeweiligen Themenumfeld einen gewerkschaftlichen Leitfaden für die nächsten Jahre, die es nun gilt in der Organisation mit Leben zu füllen und an deren Umsetzung zu arbeiten.

So wurde auch das zentrale politische Thema unserer Zeit, der Klimawandel, im Interesse der Lohnabhängigen aufgegriffen und diskutiert. In dem beschlossenen Antrag "Nachhaltige Wirtschaft und aktiver Staat" (Anlage) wird u.a. festgestellt:

"In Zeiten des Klimawandels hat die Umweltfrage für die Menschheit eine existentielle Bedeutung. Die fortschreitende Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlage muss gestoppt werden. ver.di stellt sich dieser großen gesellschaftlichen Herausforderung. Alle Menschen sind unmittelbar vom ökologischen Wandel betroffen."

In diesem Beschluss wird auch Bezug genommen auf ein Dokument der Vereinten Nationen mit dem Titel "Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung" (Anlage). Dieses Dokument, in dem 17 zentrale Entwicklungsziele formuliert sind, wurde auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 25.09.2015 beschlossen. In der Präambel heißt es u.a., dass Armut und Hunger ein Ende gesetzt werden muss, dass alle Menschen ein von Wohlstand geprägtes und erfülltes Leben genießen sollten, dass eine friedliche Gesellschaft zu fördern ist und alle Menschen ein Recht darauf haben, frei von Furcht und Gewalt leben zu können.

Wie diese Forderungen auf die nationale Ebene heruntergebrochen werden können, ist ein wesentlicher Inhalt des genannten ver.di Antrages. Man fragt sich allerdings, was denn von der Bundesregierung in den vergangenen fünf Jahren bzgl. der Umsetzung der Entwicklungsziele ernsthaft unternommen wurde und welche Aktivitäten die bundesdeutschen Gewerkschaften hier an den Tag gelegt haben.

In dem ver.di Beschluss "Nachhaltige Wirtschaft und aktiver Staat" wird für einen sozial-ökologischen Umbau geworben, der allerdings nur gelingen kann, "wenn die betroffenen Menschen mitgenommen werden. Unsere gewerkschaftliche Aufgabe ist es, betriebs- und tarifpolitisch dafür zu sorgen, dass die ökologische Transformation einher geht mit mehr guter Arbeit und sozialer Sicherheit. Dabei ist die Umweltbewegung ein wichtiger Bündnispartner. Der ökologische Umbau ist in erster Linie eine politische Gestaltungsaufgabe. Wir haben konkrete Vorstellungen, wie eine solche sozial-ökologische Politik ausgestaltet werden muss, und werden uns dafür stark machen."

Um eine wesentliche Kritik vorwegzunehmen: Es werden keine Aussagen darüber getroffen, wie denn eine notwendige Mobilisierungsstrategie zur Durchsetzung eines sozial-ökologischen Umbaus aussehen soll. Da sind die Schüler und Bauern in diesem Land schon ein erhebliches Stück weiter.

Während im zentralen tarifpolitischen Beschluss des ver.di Bundeskongresses im Zusammenhang mit der Tarifflucht der Kapitalseite selbstverständlich das Wort "Kampf" auftaucht, ja sogar von "Häuserkampf" die Rede ist, fehlt eine solche Begrifflichkeit im Beschluss "Nachhaltige Wirtschaft und aktiver Staat" gänzlich.

In dem ver.di Konzept für einen sozial-ökologischen Umbau werden u.a. folgende Forderungen erhoben:

  • Die Herstellung von langlebigen und ökologisch verträglichen Produkten und Dienstleistungen;
  • Förderung von umweltfreundlichen und effizienteren Produktionsverfahren;
  • Vorgaben von Reduktionszielen für Ressourcenverbrauch und Schadstoffausstoß;
  • Konversion ökologisch schädlicher Produktionsbereiche mit dem Ziel der Schaffung neuer guter Arbeitsplätze;
  • Ausbau erneuerbarer Energien (bis 2030 Zwei Drittel aus regenerativen Quellen);
  • Massive Investitionen in den öffentlichen Personenverkehr;
  • Bezahlbarer ÖPVN;
  • Massiver Ausbau des öffentlichen Dienstleistungssektors (Schaffung neuer Arbeitsplätze);
  • Landwirtschaft an den Zielen des Umwelt-, Klima- und Artenschutzes zu orientieren.

In Gang gesetzt und gesteuert werden soll der sozial-ökologische Umbau durch einen aktiven starken demokratischen Staat, der die zentralen Ziele des Umbaus vorgeben soll. Hier scheint aber eher der Wunsch Vater des Gedankens zu sein, als eine klare Analyse der politischen Realitäten in Deutschland. Denn man hätte hier zumindest die Tatsache reflektieren müssen, dass es starke Lobbyverbände des Kapitals gibt, die eben jenen starken demokratischen Staat, der einen sozial-ökologischen Umbau voranbringen soll, behindern, wenn nicht gar verhindern wollen.

In etlichen Bereichen (Kohleausstieg, CO2-Reduzierung) ist das ver.di Konzept zu sehr auf die festgelegten Zielsetzungen der Bundesregierung zum Thema Klimapolitik fokussiert, wo doch eigentlich wesentlich ambitioniertere Zielsetzungen angesagt wären.

Bzgl. der Finanzierung des sozial-ökologischen Umbaus der Gesellschaft bleiben die Konzerne, die in den vergangenen Dekaden mit einer klimafeindlichen Produktion und entsprechenden Produkten Milliardengewinne gemacht haben, ziemlich ungeschoren.

All die hier kurz skizzierten Forderungen und angestrebten Änderungen werden von der Kapitalseite behindert und zum Teil massiv bekämpft. Dies bedeutet für die Gewerkschaften, wenn sie eine ernsthafte Umsetzung ihrer Forderungen anstreben, dass sie starke und kämpferische Bündnisse mit den Sozialverbänden, der Klimabewegung und anderer sozialer Bewegungen initiieren und aktiv fördern müssen. Die von ver.di formulierten Forderungen zum Klimaschutz und einer sozialeren Gesellschaft werden nicht in Hinterzimmern mit der Kapitalseite und ihrer Vertreter*innen in Parlamenten und Regierungen auszuhandeln sein, sondern sind nur durch Klassenkampf, der breite Schichten der Bevölkerung mobilisiert, erreichbar.

ver.di Darmstadt: "Klimabewegung und Gewerkschaften"

Zum Thema Klimapolitik fand am 15.01.20 im DGB Haus in Darmstadt eine Veranstaltung des Ortsvereins Darmstadt von ver.di statt, die den Titel trug "Klimabewegung und Gewerkschaften" - eine in mehrerer Hinsicht bemerkenswerte Veranstaltung mit mehr als 50 Teilnehmern, darunter viele junge Menschen.

Eingeladen waren nicht nur Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, sondern ganz bewusst auch Aktivistinnen und Aktivisten der Klimabewegung von "fridays for future" und "Extinction Rebellion".

nur durch einen Streik kann man seinen Forderungen Nachdruck verleihen

Zum Einstieg in die Diskussion gaben die Aktivisten von "fridays for future" einen kurzen Rückblick auf die Entstehung der Bewegung und die bisherigen Aktivitäten in Darmstadt. Bemerkenswert war die Aussage eines Schülers, "fridays for future" beziehe sich mit ihrer zentralen Aktionsform des Streiks explizit auf die Erfahrungen der Gewerkschaftsbewegung. Denn nur durch einen Streik, d.h. der bewussten Niederlegung der jeweiligen Tätigkeit, könne man seinen Forderungen Nachdruck verleihen. Es wurde weiter aufgezeigt, dass es immer öfters von Seiten der Schulleitungen zu Repressionen gegenüber den Schülern komme, die sich aktiv an den Streiks beteiligen.

Inhaltlich wurden von den "fridays for future"-Aktivist*innen dann unterschiedliche Szenarien der zu erwartenden Klimaentwicklung aufgezeigt - immer abhängig vom Grad der CO2 Reduzierung durch die konkrete Politik der jeweiligen nationalen Regierungen bzw. der von internationalen Forschungseinrichtungen empfohlene CO2-Emissionswerte. Das denkbar schlechteste, aber aktuell zu erwartende Szenario, wäre das des "Weiter so" mit kleinen Korrekturen. Dies müsse auf alle Fälle verhindert werden.

Ein Vertreter von "Extinction Rebellion" nannte als deren zentrale Aktionsform den zivilen Ungehorsam, als ein Mittel zur Verhinderung der ökologischen Katastrophe. Inhaltlich ging der Vertreter von "Extinction Rebellion" auf das seit Jahren anhaltende dramatische Artensterben auf dem Globus ein, als Resultat der sich bereits seit Jahren vollziehende Klimaänderung. Weiter wurde das Konzept der "Bürgerversammlung" und die drei Prinzipien der Bewegung vorgestellt, die da lauten: "Sagt die Wahrheit" (gerichtet an die jeweilige Regierung", "Handelt jetzt" (um das Artensterben zu stoppen) und "Politik neu leben" (Bürgerversammlungen).

ökologische und soziale Frage nicht gegeneinander stellen

Für ver.di betonte Dr. Daniel Behruzi (Sprecher der ver.di Vertrauensleute an der TU Darmstadt), dass es kein Gegeneinanderstellen der ökologischen und der sozialen Frage geben darf. Die Klimabewegung und die Gewerkschaftsbewegung müssen gemeinsam gegen eine Politik vorgehen, die die Existenzgrundlage der Menschheit gefährdet. Dabei sei auch die Frage zu stellen, wer denn die Profiteure der heutigen Produktions- und Eigentumsverhältnisse sind. Dies lasse sich aktuell exemplarisch an den Automobil- und Energiekonzernen aufzeigen, die mit umweltschädlichen Produkten Milliarden Gewinne gescheffelt haben und jetzt staatliche Subventionen, ebenfalls in Milliardenhöhe, abgreifen wollen, um ihre Profitmaschine am Laufen zu halten. Statt diese Milliarden den Konzernen in den Rachen zu schieben, wäre es bspw. weitaus sinnvoller damit den zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien und regionale Versorgungskreisläufe zu fördern.

Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe ist auch Klassenkampf

Anwesende Jugendvertreter*innen der IG Metall, die bei Opel Rüsselsheim arbeiten, berichteten von ihren betrieblichen Erfahrungen und von der Angst die im Betrieb umgeht bzgl. des anstehenden Arbeitsplatzabbaus (E-Mobilität und Digitalisierung). Hier wurde in der Diskussion von einem Klimaaktivisten betont, dass bei solchen Technologieschüben immer die Forderung nach Ersatzarbeitsplätzen mit gestellt werden müsse. Von gewerkschaftlicher Seite wurde betont, dass das Thema einer weiteren, substantiellen kollektive Arbeitszeitverkürzung wieder auf die Agenda der Gewerkschaften gehört, so wie dies auch auf dem ver.di Kongress beschlossen wurde. Weiterhin wurde in der Diskussion klar herausgearbeitet, dass der Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe immer auch Klassenkampf ist, den es gilt gewerkschaftlich und gesellschaftlich zu organisieren.

In ihrem Schlusswort betonte die Geschäftsführerin von ver.di Südhessen, Karin Harder, dass die heutige Veranstaltung nur der Anfang gewesen sein kann bzgl. eines Verständigungsprozesses zwischen Gewerkschaften und Klimaaktivist*innen, dass man voneinander lernen und gemeinsam aktionsorientiert die Menschen in diesem Lande mobilisieren müsse. Dabei sei die ökologische Frage immer mit der sozialen Frage zu verbinden. Denn nur so sei es möglich, den anstehenden gewaltigen gesellschaftlichen Herausforderungen nicht nur national, sondern auch international gerecht zu werden, Alternativen aufzuzeigen und die Kämpfe hierfür gemeinsam zu organisieren.

Es ist zu hoffen, dass es in vielen weiteren ver.di Organisationseinheiten zu solchen Veranstaltungen mit Nachhaltigkeitscharakter kommt, damit das in der o.g. Agenda 2030 der Vereinten Nationen genannte Ziel "Wir sind entschlossen, den Planeten vor Schädigung zu schützen, unter anderem durch nachhaltigen Konsum und nachhaltige Produktion, die nachhaltige Bewirtschaftung seiner natürlichen Ressourcen und umgehende Maßnahmen gegen den Klimawandel, damit die Erde die Bedürfnisse der heutigen und der kommenden Generationen decken kann." auch tatsächlich umgesetzt wird. Viel Zeit hierfür steht nicht mehr zur Verfügung, schon gar nicht für Illusionen in Bezug auf einen "Grünen Kapitalismus".

Falk Prahl, aktiv mit und in ver.di, Vorstandsmitglied marxistische linke


 

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Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

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