Europa

Mario_Draghi_European_Parliament22.11.2011: „Was haben Mario Draghi, Mario Monti und Lucas Papademos gemeinsam?“ Mit dieser Frage begann die französische Tageszeitung „Le Monde“ am 14. November einen Bericht, der die neuen Figuren an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie der italienischen und griechischen Regierung beleuchtete. Die Antwort lautete: alle drei gehörten in unterschiedlichem Grad zum „einzigartigen Einfluss-Netzwerk“ des US-amerikanischen Bankhauses Goldman Sachs in Europa. Der neue EZB-Chef Mario Draghi war von 2002 – 2005 Vizepräsident von Goldman Sachs mit Zuständigkeit für Europa.

Ironie der Geschichte (oder doch logischer Zusammenhang ?): Goldman Sachs war zwei Jahre vorher intensiv daran beteiligt, der damaligen griechischen Regierung jene Finanztransaktionen zu ermöglichen, die es ihr erlaubten, formal die Bedingungen für den Eintritt in die Euro-Währungszone zu erfüllen. Durch sogenannte „Swaps“ machte es Goldman Sachs Athen damals möglich, griechische Staatsanleihen in Dollars zu tauschen und bilanztechnisch damit den Stand der griechischen Staatsschulden zeitweise zu verringern. Einige Zeit später erwies sich dies allerdings als Verlustgeschäft, was zum rapiden Anwachsen der Staatsverschuldung Griechenlands beitrug. Als Ex Regierungschef Papandreou dies nicht länger verheimlichen konnte, hieß es dann plötzlich, Griechenland habe sich die Beteiligung am Euro durch Betrug und Täuschung erschlichen. Der ehemalige Jesuitenschüler Draghi ließ nach seiner Amtsübernahme bei der EZB erklären, dass er von all dem nichts gewusst habe, als er 2002 bei Goldman Sachs die Verantwortung für Europa übernahm. Man kann als Vizepräsident eines so großen US-Finanzkonzerns und danach Chef der Banca d*Italia nicht alles wissen...

Italiens neuer Regierungschef Monti hatte es bei Goldman nicht ganz so weit gebracht. Der Chef der privaten Elite-Wirtschaftsuni Bocconi in Mailand, von 1995 – 2004 EU-Kommissar in Brüssel, war ab 2005 als „internationaler Berater“ bei Goldman Sachs tätig. Seltsamer Zufall: Der neue griechische Ministerpräsident Loukas Papadimos, zuletzt Vizepräsident der EZB, war zwischen 1994 und 2004 Gouverneur der griechischen Zentralbank, just in der Zeit, als der griechische Schuldenstand zwecks Euro-Eintritt mit Hilfe von Goldman-Sachs zum Euro-Eintritt passend manipuliert wurde.

Regierung der Banken

Inzwischen ist die Monti-Regierung von einer breiten Mehrheit im italienischen Senat und in der Abgeordnetenkammer bestätigt worden. Möglich wurde dies, weil ihr nicht nur die Parlamentarier der von Berlusconi zusammengezimmerten rechten „Popolo della Libertà“ (PDL) zustimmten, sondern auch die aus dem italienischen Linksspektrum entstandene sozialdemokratische „Partito Democratico“ (PD). Offenbar genügte es den Sozialdemokraten, dass Monti in seiner Regierungserklärung nicht nur die Fortsetzung des harten Sparkurses im Namen der „Haushaltsdisziplin“ angekündigte, sondern auch eine „Förderung des Wirtschaftswachstums“ und „soziale Ausgewogenheit“ (bei der Abwälzung der Krisenfolgen auf die Bevölkerung) zusagte.

Politiker und Medien in Deutschland haben vorbehaltlos die Sprachregelung übernommen, dass es sich um eine „Regierung der Fachleute“ handle. Als ob es eine „unpolitische“ Regierung geben könnte, die sich nur von „Sachzwängen“ leiten lässt – ganz ohne dass diese „Sachzwänge“ irgendwie mit dem bestehenden System und den Interessen der herrschenden Klasse zusammenhängen.

Da lohnt sich ein Blick auf diese „Fachleute“. „Super-Mario“ (so wurde Monti mit leichter Ironie in seiner Zeit als EU-Kommissar in Brüssel genannt) übernimmt nicht nur den Chefsessel, sondern zugleich auch noch das Superministerium für Wirtschaft und Finanzen. Zum zweiten Schwergewicht in der Regierung, zuständig für das Superministerium für Wirtschaftsentwicklung, Infrastrukturen und Verkehr, wurde Corrado Passera ernannt, Chef des weltweit operierenden zweitgrößten privaten italienischen Bankkonzerns Intesa Sanpaolo. Dieser trifft im Kabinett auf eine alte Bekannte, Elsa Fornero, zuständig für Arbeit und Soziales, die ebenfalls im Aufsichtsrat von Intesa Saopaolo sitzt. Innenministerin wurde Anna Maria Cancelliere, die sich unter Berlusconi ihren Aufstieg als Präfektin mehrerer italienischer Städte verdient hat. Verteidigungsminister wurde der „Fachmann“ Admiral Giampaolo di Paolo, Vorsitzender des Militärkomitees der NATO. Zum Außenminister wurde praktischerweise der derzeitige italienische Botschafter in Washington, Giulio Terzi di Sant'Agata, ernannt. Und zum Kulturminister ebenso praktischerweise Lorenzo Ornaghi, Rektor der katholischen Universität "Del Sacro Cuore" („Zum Heiligen Herz“). Lauter Fachleute, wie man sieht. Nur wofür?

Offensichtlich haben sich die zehntausende Italienerinnen und Italiener nicht geirrt, die am Tag der Installierung der Monti-Regierung in mehreren italienischen Städten, darunter Rom, Mailand und Palermo, erneut auf die Straße gingen. Sie protestierten gegen die „Regierung der Banken“.

Griechenland: Große Koalition paktiert mit Rechtsextremisten

Auch in Griechenland war die Absengung der neuen Regierung unter dem bisherigen EZB-Vizechef Lukas Papadimos durch die große Koalition von Sozialdemokraten und Konservativen im Parlament von neuen Protestdemonstrationen auf der Straße begleitet. Neben der Fortsetzung des brutalen Sparkurses ist hier die Beteiligung der rechtsextremistischen „Laos“-Partei („Orthodoxer Volksalarm“) ein Grund. Diese Partei stellt den Minister für Infrastrukturen und Verkehr, Makis Voridis, der als Generalsekretär des nationalistischen und ausländerfeindlichen Jugendverbands „Epen“ lange Jahre beste Beziehung zu dem französischen Rechtsextremisten Le Pen unterhielt und sich positiv zum „Erbe“ der Obristenherrschaft in Griechenland bekannte. Der von der gleichen Partei gestellte Staatssekretär im Entwicklungs- und Marine-Ministerium, Adonis Georgiadis, war Mitautor eines offen antisemitischen Pamphlets. Eine aus „Epen“ hervorgegangene Gruppe namens „Chrysi Avghi“ („Goldene Morgendämmerung“) ist seit Jahren bis in die jüngste Zeit hinein als Anstifterin von Überfällen auf Einwanderer bekannt. Viele Menschen in Griechenland betrachten es als eine Schande, dass die sozialdemokratische PASOK bereit war, neben den Rechtskonservativen auch die Laos-Abgesandten als Mitglieder in der von ihnen gestellten Regierung zu akzeptieren.

Text: G. Polikeit  Foto: European Parliament

Wir sprechen über Palästina

Gazakrieg Grafik Totoe 2024 04 07

mit Rihm Miriam Hamdan von "Palästina spricht"

Wir unterhalten uns über den israelischen Vernichtungskrieg, die Rolle Deutschlands (am 8. und 9. April findet beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag die Anhörung über die Klage Nicaraguas gegen Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord statt), die Situation in Gaza und dem Westjordanland und den "Tag danach".

Onlineveranstaltung der marxistischen linken
Donnerstag, 18. April, 19 Uhr

https://us02web.zoom.us/j/82064720080
Meeting-ID: 820 6472 0080


++++++++++++++++++++++++++++++++

Logo Ratschlag marxistische Politik

Ratschlag marxistische Politik:

Gewerkschaften zwischen Integration und Klassenkampf

Samstag, 20. April 2024, 11:00 Uhr bis 16:30 Uhr
in Frankfurt am Main

Es referieren:
Nicole Mayer-Ahuja, Professorin für Soziologie, Uni Göttingen
Frank Deppe, emer. Professor für Politikwissenschaft, Marburg

Zu diesem Ratschlag laden ein:
Bettina Jürgensen, Frank Deppe, Heinz Bierbaum, Heinz Stehr, Ingar Solty

Anmeldung aufgrund begrenzter Raumkapazität bis spätestens 13.04.24 erforderlich unter:
marxlink-muc@t-online.de


 

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

EL Star 150

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.