Aus Bewegungen und Parteien

FR CGT Lohne erhoehen20.10.2022: Die Protestwelle in Frankreich reißt nicht ab. Enorm steigende Energiepreise treiben die Menschen auf die Straße. ++ die Streiks an französischen Raffinerien weiten sich auf die Eisenbahn, den Pariser Nahverkehr und weitere Branchen aus ++ 140.000 am Sonntag in Paris auf der Straße, 300.000 landesweit am Dienstag ++ Regierung hebelt Parlament bei Haushaltsgesetz aus

 

 

Die Protestwelle in Frankreich reißt nicht ab. Enorm steigende Energiepreise treiben die Menschen auf die Straße. Nachdem am Sonntag (16.10.) in Paris 140.000 Menschen dem Aufruf von linken Parteien und Gewerkschaften gefolgt waren und gegen die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten und gegen "Klima-Passivität" protestierten, haben sich am Dienstag (18.10.) die seit etwa drei Wochen andauernden Streiks an französischen Raffinerien auf die Eisenbahn, den Pariser Nahverkehr und weitere Branchen ausgeweitet. Auch Gymnasien, Berufsschulen, ein Atomkraftwerk und ein Elektrizitätswerk waren betroffen.

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Der Gewerkschaft CGT schlossen sich unter anderem FO, Solidaires, FSU und Studierendenorganisationen an. Den Streikenden geht es um einen Ausgleich für die starke Inflation. Der Streiktag war aber auch ein Protest gegen die von der französischen Regierung verfügte Zwangsverpflichtung in bestreikten Treibstofflagern.

Im ganzen Land fanden etwa 180 Veranstaltungen mit ca. 300.000 Menschen statt – 2.500 in Pau, 7.000 in Bordeaux, 10.000 in Le Havre, 70.000 in Paris.

FR Aktionstag 2022 10 18 1Unübersehbar waren die roten Rauchgranaten der Eisenbahner:innen in der friedlichen Demonstration der Gewerkschafter:innen, die sich durch den Süden von Paris von der Place d'Italie zur Place Vauban schlängelte, die jedoch mit einigen Zusammenstößen mit der Polizei und sechs Festnahmen endete.

Die Eisenbahner:innen sind nach den Beschäftigten der Total-Raffinerie, die sich seit drei Wochen im Streik befinden, ein weiterer strategischer Sektor, in dem eine Mobilisierung stattfindet. Davor und dahinter marschierten die CGT-Sektionen des öffentlichen Bildungswesens, des Dienstleistungssektors und des Gesundheitswesens, dann die Studierenden: alle vereint durch die Forderung nach allgemeinen Lohnerhöhungen zur Bewältigung der Inflation und der Energiekrise.

"Wir wollen einen fairen Lohn, wir Eisenbahner:innen bekommen kaum mehr als den Mindestlohn, und um ein einigermaßen ausreichendes Einkommen zu erhalten, müssen wir nachts und an den Wochenenden arbeiten, und mit der Inflation ist es einfach ein Abstieg in die Hölle", sagte Christophe Roya von der CGT des Sektors Paris-Ost. "Wir wollen die Erhöhung, wir wollen den Mindestlohn von 2.000 Euro netto, um zu leben und nicht nur zu überleben". In seinem Sektor streikten rund 25 Prozent der Beschäftigten im Zuge der von den Total-Werken ausgelösten Streikwelle. "Der heutige Tag ist nur der Anfang, wir müssen den Kampf für die Umverteilung des Reichtums vorbereiten und ihn der Regierung aufzwingen, so wie es die Kolleg:innen in den Raffinerien tun".

 

Eine Lohnerhöhung von 10%: 7% zum Ausgleich der Inflation, 3% für die Umverteilung des Reichtums.

Seit drei Wochen streiken die Arbeiter der Total-Raffinerien und -Depots für eine Lohnerhöhung von 10%: 7% zum Ausgleich der Inflation, 3% für die Umverteilung des Reichtums. Eine Maßnahme der sozialen Gerechtigkeit für die Gewerkschaft CGT angesichts eines Unternehmens, das im ersten Halbjahr 2022 Rekordgewinne erzielte (10 Milliarden Dollar), und eines Vorstandsvorsitzenden, dessen Gehalt um mehr als 50 % stieg (von 3,9 auf 5,9 Millionen Euro).

FR Streik TotalEnergiesDie von den Streikposten verhängte Blockade der Treibstofflieferungen führt zu einer Rationierung des Benzins und damit zu kilometerlangen Schlangen an den Tankstellen. Eine Situation, die sich bald zu einer politischen und Imagekrise für die Regierung von Elizabeth Borne ausweitete, die sich dazu entschloss, in einigen Produktionsstätten die Beschäftigten zwangsweise zur Wiederaufnahme der Arbeit zu verpflichten, wobei es zu Szenen kam, in denen Polizisten gegen die Arbeiter:innen vorgingen, um die Aufhebung der Blockaden zu erzwingen.

Das Vorgehen der Regierung erhitzte die Gemüter so sehr, dass in der Pariser Demonstration Plakate und Slogans zu Ehren der Raffineriearbeiter:innen die Runde machten. "Es herrscht ein Klima, eine Wut, die diese Kolleg:innen heute symbolisieren, die aber alle angeht", sagte Jean Vilaca, CGT-Aktivist und seit 30 Jahren Arbeiter bei Peugeot. "Das ist erst der Anfang, jeder spürt und weiß, dass die Preise weiter steigen werden, um das Zwei- oder vielleicht Dreifache, während unsere Unternehmen sich mit Gewinnen voll stopfen. Es ist Zeit zu verteilen, keine einmaligen Boni, wir wollen eine Lohnerhöhung, eine deutliche Erhöhung."

Höhere Löhne, eine Erhöhung des Mindestlohns, eine gleitende Skala für die Inflation: alles Argumente, die der CGT-Sekretär Philippe Martinez aufgreift, der den französischen Medien am Morgen sagte, dass "die Regierung die Situation in zehn Minuten lösen könnte, wenn sie wollte... Die Frage ist der politische Wille, den Reichtum umzuverteilen. Es ist nicht normal, dass die Beschäftigten von Total keinen Cent von den Supergewinnen ihres Unternehmens sehen".

  FR CGT Philippe Martinez 2022 10 18  
  [Vidéo] Philippe Martinez : "La première préoccupation, c'est l'augmentation des salaires"  

 

Martinez zufolge "hat die Regierung die Mobilisierung in den Raffinerien nicht ernst genommen", da sie glaubte, sie mit Hilfe der Polizei in den Griff zu bekommen und "die Wut der Arbeiter zu beschwichtigen". Und auch wenn die Streikwelle noch keine Sturmflut ist, so bedroht sie doch ernsthaft den Fahrplan der Regierung Macron, die bei den Wahlen in diesem Sommer keine absolute Mehrheit im Parlament erringen konnte.

Regierung hebelt Parlament aus

FR Artikel49 3 2022 10 19Am gestrigen Mittwoch (19.10.) hat die französische Premierministerin Elizabeth Borne zum Artikel 49.3 der französischen Verfassung gegriffen, und damit nicht nur das vorzeitige Ende der Haushaltsdebatte erzwungen, sondern auch sämtliche bereits beschlossene Änderungsanträge wie z.B. eine Steuer auf Superdividenden für nichtig erklärt. Dieser Verfassungsartikel erlaubt es der französischen Regierung Gesetze ohne Zustimmung des Parlaments einfach zu erlassen.

Es ist das erste Mal seit 1989, dass dieses letzte Mittel bei einem Haushaltsgesetz angewendet wird, und zeigt, wie sehr die Regierung von Macron unter Druck steht. Macron will  im nächsten Jahr die Rentenreform durchsetzen. Gegen diese Reform hatten die Gewerkschaften vor Covid einen Kampf geführt, indem sie das Land monatelang blockierten und die Regierung schließlich dazu zwangen, das Gesetz wieder in die Schublade zu legen.

Nur ein erfolgreiches Mißtrauensvotum gegen die Regierung könnte den Versuch, den auf Austerität getrimmten Haushaltsentwurf samt Budget für die Sozialausgaben für das nächste Jahr auf autoritäre Weise durchzudrücken, noch verhindern. Doch wird dies höchstwahrscheinlich nicht funktionieren, da Le Pen nicht für den Misstrauensantrag des linken NUPES-Bündnis stimmen wird, und umgekehrt die Linke nicht für den Misstrauensantrag der Ultra-Rechten.


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Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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