Bundesweite Demonstration in Düsseldorf am 26.12.2015
23.12.2015: Seit einer Wochen führt die türkische Armee eine brutale Großoffensive gegen die kurdische Bevölkerung, um die dortige Selbsverwaltung zu zerschlagen. Wohnviertel werden mit Panzern beschossen. Außer in Diyarbakir gibt es heftige Kämpfe in den Städten Cizre und Silopi. Die Organisation Human Rights Watch (HRW) berichtete unter Berufung auf Augenzeugen, Verwundete hätten keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Polizisten würden Menschen davon abhalten, Verwundete in Krankenhäuser zu bringen. Es gebe ganze Viertel in den mit Ausgangssperren belegten Städten, in denen Menschen ohne Wasser, Strom und Zugang zu Lebensmitteln sind. Laut einem Bericht der Initiative „Wir wollen keinen Krieg! Wir wollen nicht, dass ihr Kinder tötet“ sind durch Angriffe der Polizei und des Militärs in den letzten 4 Monaten mindestens 44 Kinder ermordet und weitere 52 verletzt worden. Am 26. Dezember findet in Düsseldorf eine bundesweite Demonstration gegen den Terror des Erdogan-Regimes statt. Wir dokumentieren den Aufruf:
Ist das euer Deal? Türkei soll Flüchtlingsströme stoppen – EU soll zu Massakern in Kurdistan schweigen!
Der staatliche Terror des AKP-Regimes ist derzeit Alltag in Kurdistan. Seit Monaten werden kurdische Städte von den türkischen “Sicherheitskräften” belagert, Menschen ermordet, Häuser beschossen, Wasser-, Strom- und Telefonleitungen gekappt. Lehrer und Beamte des Staates wurden bereits aus den umkämpften Gebieten hinaus beordert. Die Bevölkerung vor Ort hingegen wird nicht nur ihrem Schicksal überlassen, tagtäglich werden vor allem Jugendliche und Frauen ermordet. Derzeit befinden sich 200.000 Menschen aus den Städten Nordkudistans/Südosttürkei auf der Flucht.
Flucht – Flüchtlinge – da war doch was …
Es scheint schon etwas absurd, dass die EU mit dem Staat einen Deal in der Flüchtlingsfrage eingeht, der zu den größten Urhebern der Flüchtlingskrise zählt. Die Türkei hat durch ihre Unterstützung von dschihadistischen Gruppen wie dem IS, der Al-Nusra Front oder der Gruppe Ahrar al-Sham und mit der Bekämpfung der basisdemokratischen Selbstverwaltung in Rojava/Westkurdistan den Krieg in Syrien maßgeblich mit befördert und so dazu beigetragen, dass abertausende Menschen ihre Heimat verlassen mussten. Sie entvölkert nun auch systematisch ganze Stadtbezirke in Nordkurdistan. Die Menschen in den belagerten Städten leiden Durst und Hunger, ihnen fehlt notwendige medizinische Versorgung. Verlassen sie ihre Häuser, sind sie in Gefahr, von Scharfschützen der türkischen „Sicherheitskräfte“ jederzeit ermordet zu werden.
Doch auch wenn sich Erdogan und seine AKP derzeit von der hässlichsten Seite zeigen, von Europa und Deutschland aus hat die Führungsebene der Türkei keinen Widerspruch zu befürchten. Denn man ist auf Erdogan angewiesen, wenn man in der „Flüchtlingskrise“ Lösungen finden will. Da nimmt man wohl in Kauf, dass der türkische Partner im Kurdenkonflikt auf einen Krieg gegen die Zivilbevölkerung setzt. Wie zu erwarten, zeigt sich die deutsche Bundesregierung besonders übereifrig die Türkei zu umgarnen. Noch vor den Parlamentswahlen am 1. November stattete Bundeskanzlerin Merkel quasi als Wahlkampfhelferin dem türkischen Staatspräsidenten einen Besuch in dessen Palast ab. Im Gegenzug für die türkischen Versprechungen in der Flüchtlingsfrage scheint die Bundesregierung zudem den Repressionshebel gegen die kurdischen AktivistInnen in Deutschland angehoben zu haben. Derzeit sitzen in deutschen Gefängnissen sieben kurdische Politiker in Haft, so viele wie schon lange nicht mehr.
Krieg gegen die Kurden kommt einer Unterstützung des IS gleich
Nutznießer dieses großangelegten Kriegskonzepts der Türkei gegen die kurdische Bevölkerung und die kurdische Freiheitsbewegung ist vor allem eine Organisation, die über das gesamte Jahr 2015 im Mittleren Osten, aber auch in Europa Terror verbreitet hat – der sogenannte Islamische Staat.
Denn seit dem erfolgreichen Widerstand von Kobanê ist es der kurdischen Freiheitsbewegung immer wieder gelungen, dem IS einen Schlag nach dem anderen zu versetzen. Die größten Gebietsverluste musste der IS im Kampf gegen kurdische Kampfverbände in Syrien und im Irak hinnehmen. Insbesondere in Syrien hat die Türkei dem IS über lange Zeit für deren Kampf gegen die Kurdinnen und Kurden logistische Unterstützung geliefert und die Grenzen geöffnet. Und auch gegenwärtig beschießt das türkische Militär aus der Türkei heraus kurdische KämpferInnen, die zu Operationen gegen den IS ansetzen.
Die EU und Deutschland sollten sich genauestens überlegen, mit wem und zu wessen Kosten sie Deals eingehen. Es kann und darf nicht sein, dass aufgrund der Flüchtlingsströme um Europa Mauern errichtet werden und Staaten der Türkei, die sich zum Handlanger dieser Abschottungspolitik machen, ein Blankoscheck im Umgang mit den Kurdinnen und Kurden erteilt wird.
Aus diesem Grund gehen wir am 26. Dezember in Düsseldorf mit folgenden Forderungen auf die Straße:
- Stoppt den Staatsterror der Türkei – Niemand darf vor dem Krieg in Kurdistan, der gegen die Zivilbevölkerung geführt wird, wegschauen
- Frieden statt Krieg – Die Friedensverhandlungen mit dem PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan müssen wieder aufgenommen werden – Öcalan muss in die Freiheit entlassen werden
- Für das Recht auf Selbstbestimmung – Die Selbstverwaltungsstrukturen in den kurdischen Gebieten der Türkei, aber auch in Rojava sind nicht nur legitim, sie sind auch ein Hoffnungsschimmer für einen demokratischen Mittleren Osten
- Weg mit dem PKK-Verbot – Auch in Deutschland hält die Kriminalisierung von Kurdinnen und Kurden an – das muss endlich ein Ende finden!
Solidarisiert euch und kommt am 26.12.2015 zur Demonstration nach Düsseldorf!
Beginn 11.00 Uhr vor dem DGB-Haus, Friedrich-Ebert-Straße 34, 40210 Düsseldorf | Nähe Hauptbahnhof
Abschlusskundgebung: Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
Aufrufer:
ABDEM | Europäischer Rat für Frieden und Demokratie
Demokratik Gücbirligi | Plattform der demokratischen Kräfte
NAV-DEM e.V. | Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland
TJK-E | Kurdische Frauenbewegung in Europa