19.12.2012: Fast 1000 Menschen folgten am 13.12.2012 dem Aufruf der IG Metall und des Betriebsrates von Nokia Siemens Networks und protestierten gegen die Werksschließungen in Bruchsal und in den anderen Standorten in Deutschland. „Opel ist überall“ – so Ernst Färber, Betriebsratsvorsitzenden bei NSN. Und er erinnerte an die Werksschließung von Nokia in Bochum. „NOKIA hat damals in Bochum nicht gerade durch soziale Verantwortung geglänzt.“ In Bruchsal wirft NSN 700 Menschen auf die Straße, dabei sind auch 50 Jugendliche, die ebenfalls ihren Ausbildungsplatz verlieren sollen. Das alles trotz der vor zwei Jahren zugesicherten Arbeitsplatzgarantie bis Ende 2014. Und nicht nur in Bruchsal: Auch der Standort Berlin wird „zerfleddert“. Weitere 1000 Mitarbeiter von NSN sollen beim Service Mannheim ihre Arbeit verlieren, weil NSN und die Telekom keine Einigung erzielten. Die Service-Abteilung wurde vor drei Jahren von der Telekom an NSN verkauft.
Große Solidarität kam von den Bürgermeistern der umliegenden Gemeinden, die mit einem Brief an die Geschäftsleitung von NSU ihren Protest dokumentierten. Auch Bundestags- und Landtagsabgeordnete laufen nun Sturm gegen die Entlassungen, sprechen von Solidarität, dabei sind gerade sie es, die die politischen Rahmenbedingungen in diesem Land geschaffen haben, und somit die Willkür der „Unternehmenskultur“ ermöglichten.
Ernst Färber erhob schwere Vorwürfe gegen die Unternehmensführung von NSN und bezeichnete den Schließungsbeschluss als Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit. Er prangerte weiter das betrügerische Verhalten an, das mit dazu geführt hat, dass das Unternehmen nicht mehr am Markt haltbar sein soll. Wörtlich: „Oder wie soll ich das nennen, wenn man sich noch vor 9 Monaten zu Bruchsal als geschäftstragenden Standort bekannt hat? Und der Gipfel der Unverschämtheit: Wenn man intern den Kolleginnen und Kollegen, die sich erfolgreich gegen ihre Kündigung zur Wehr gesetzt haben, jetzt deutlich die Schuld zuweist für das Nicht-Einhalten der Vereinbarung“, er meint damit die Arbeitsplatzgarantie bis Ende 2014. “Und das Arbeitsgericht liefert hierzu noch die Steilvorlage.“ Denn die Klage gegen die vorzeitige Betriebsschließung wurde abgewiesen. „Ist das Lüge oder Unfähigkeit? Oder beides“?
Die Firma Siemens muss in die Pflicht genommen werden und zu ihrer Verantwortung stehen. Als Anteilseigner hält Siemens 50 Prozent bei der NSN und ist im nicht mitbestimmten Aufsichtsrat mit einer „Sperrminorität“ vertreten. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass Siemens allem zugestimmt hat. „Wir fordern die Verantwortlichen auf, dafür zu sorgen, dass NSN zumindest ein Minimum an Unternehmenskultur praktiziert und sich an Verträge hält!“
Zum Schluss seiner Rede appelierte er noch einmal an die Kollegen und die Kolleginnen:
„Wir kämpfen und wehren uns bis zum letzten nicht nur gegen die Standortschließung. Das passiert leider öfter in diesem Land.
Es geht um die Arbeitsplätze, aber auch um die Existenz von Familien. Hinter jeder Zahl stehen Menschen!
Wir kämpfen aber auch und wehren uns bis zum letzten, weil wir uns zutiefst ungerecht und schäbig behandelt fühlen.
2010 haben wir einen Vertrag mit NSN geschlossen.
2011 hat NSN mit dem gravierenden „Strategiewechsel“ diesem Vertrag de facto die Grundlage entzogen, das wissen wir heute!
2012 fühlt sich NSN nicht mehr an diesem Vertrag gebunden,
schuld daran sollen wir selbst sein!
Mit dieser Willkür und der schieren, ungeschminkten Machtausübung wider Gesetze, Gepflogenheiten und auch wider die eigenen Unternehmensleitsätze – damit muss Schluss sein!
WIR BLEIBEN HIER - DAFÜR KÄMPFEN WIR!“
Text/Fotos: Hans J. Rettig
Rede Ernst Färber, Betriebsratsvorsitzenden, auf der Kundgebung am 13. Dezember 2012