Europa

20.02.2015: Er wisse nicht was die Griechen wollen, sagte Bundesfinanzminister Schäuble. Er hatte wohl weder seinem griechischen Kollegen zugehört, noch die Rede von Regierungschef Alexis Tsipras zur Kenntnis genommen. Da kann weiterhelfen, dass die griechische Regierung die vorgelegten Dokumente veröffentlichte (siehe Anlage). Außerdem dokumentieren wir die Rede von Alexis Tsipras vor der Parlamentsfraktion von SYRIZA am 17.02.2015 und das Schreiben an die Euro-Gruppe.

Nach den am Montag gescheiterten Verhandlungen hat die griechische Regierung die entscheidenden Dokumente veröffentlicht (Anlage): darunter Reden des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis sowie die beiden verschiedenen Entwürfe für eine gemeinsame Erklärung Griechenlands und der übrigen Euro-Staaten. Während eine von EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici verantworteter Textvorschlag die volle Zustimmung Varoufakis fand, war das letztlich von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem unterbreitete Angebot untragbar für die Syriza-geführte griechische Regierung. (siehe auch: Konflikt Euro-Gruppe - Griechenland eskaliert )

Neuer Vorschlag Griechenlands

Gestern hat Finanzminister Schäuble einen neuen Vorschlag Griechenlands ebenfalls brüsk zurückgewiesen. Der Brief sei "kein substantieller Lösungsvorschlag“, ließ der Finanzminister verlauten. Dabei war unmittelbar nach Bekanntwerden des Briefs schon von einer "Kapitulation“ Syrizas gesprochen worden. Im Vorschlag von Varoufakis ist eine sechsmonatige, und nicht wie von Griechenland bevorzugte viermonatige Verlängerung des Hilfsprogramms vorgesehen, um die griechischen Banken und den Staat liquide zu halten. Außerdem wird die Bereitschaft erklärt, mit den "Institutionen" zusammenzuarbeiten. Dies ist keine sensationelle Neuigkeit, denn die griechische Regierung hat immer wieder erklärt, mit den politischen Institutionen zusammen arbeiten zu wollen, aber nicht mit irgendwelchen demokratisch nicht legitimierten Beamten die nach Griechenland einreisen und Vorschriften für Regierung und Parlament erlassen. Originaltext: "In diesem Zusammenhang beantragen die griechischen Behörden nun die Verlängerung des Master Financial Assistance Facility Agreement für einen Zeitraum von sechs Monaten ab Auslaufen, während der wir gemeinsam und unter bestmöglicher Nutzung der Flexibilität im derzeitigen Abkommen auf einen gemeinsamen Abschluss und die Überprüfung hinarbeiten, aufbauend auf den Vorschlägen der griechischen Regierung einerseits und der Institutionen andererseits."

In dem Brief werden die Schulden akzeptiert ("The Greek authorities honour Greece’s financial obligations to all its creditors"). Allerdings sei der von den vorherigen Regierungen vereinbarte Prozess durch die Neuwahlen unterbrochen und in einigen Punkten hinfällig geworden. Die griechische Regierung werde aber keine Maßnahmen durchführen, die nicht finanziert seien, wird betont. Offengehalten wird die angepeilte Höhe des Haushaltsüberschusses – der "angemessen“ unter Rücksicht auf die gegenwärtige volkswirtschaftliche Situation ausfallen soll.

In der sechsmonatigen Verlängerung will Athen mit der EU und dem IWF einen neuen Vertrag aushandeln, um ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in Griechenland und einen Abbau der Schulden zu ermöglichen. Auch dafür hat Varoufakis vor einigen Tagen Vorschläge unterbreitet, die ein europaweites Programm zur Bekämpfung der Verschuldung sowie von Arbeitslosigkeit und Armut beinhaltet.


Schäuble riskiert Euro-Zone

Nach Ansicht von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ebne der Antrag den Weg zu einem Kompromiss, sagte Junckers Sprecher in Brüssel. Aber während die EU-Kommission den Antrag Griechenlands als positives Zeichen wertete, kam aus Berlin die Kriegserklärung. Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Martin Jäger erklärte schriftlich: "Der Brief aus Athen ist kein substanzieller Lösungsvorschlag. In Wahrheit ziele er auf eine Brückenfinanzierung, ohne die Anforderungen des Programms zu erfüllen. Das Schreiben entspricht nicht den am Montag in der Eurogruppe vereinbarten Kriterien."

Schäuble beharrt darauf, dass Griechenland sich dem bisherigen "Programm" unterwirft  - und die griechische Regierung lehnt genau das ab. Warum dieser Streit um einen Begriff? Mit "Programm" ist die bisherige Politik gegenüber Griechenland gemeint: eine Fülle sozial ungerechter und ökonomisch katastrophaler Maßnahmen, erzwungen durch die demokratisch nicht legitimierte Troika. Schäuble will die neue Regierung zwingen, sich der Logik dieses Verarmungsprogramms zu unterwerfen – obwohl es auf ganzer Linie gescheitert ist und SYRIZA genau deshalb gewählt wurde, weil sie es ablehnt.

Offensichtlich will Berlin Griechenland aus der Euro-Zone drängen. Und riskiert dabei Alles.


Dokumentiert: Der Brief des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis an die Euro-Gruppe

Übersetzung: Fraktion DIE LINKE im Bundestag
Formulierungen in [eckigen Klammern] bieten andere mögliche Übersetzungsvarianten bzw. die wörtliche Übertragung. Auch Englisch ist nicht immer eindeutig.

Athen, 18. Februar 2015

Geehrter Präsident der Eurogruppe,

während der letzten fünf Jahre hat das griechische Volk bemerkenswerte Anstrengungen zur wirtschaftlichen Anpassung unternommen. Die neue Regierung ist einem breiteren und tieferen Reformprozess verpflichtet, der auf eine dauerhafte Verbesserung der Wachstums- und Beschäftigungsaussichten, auf die Sicherung eines tragfähigen Schuldenniveaus und finanzieller Stabilität, die Erhöhung sozialer Gerechtigkeit und die Milderung der hohen sozialen Kosten der anhaltenden Krise abzielt.

Die griechischen Regierungsstellen erkennen an, dass die von den vorherigen Regierungen vereinbarten Verfahren durch die kürzlich erfolgten Präsidenten- und allgemeinen Wahlen unterbrochen wurden und dass, als Ergebnis, einige der technischen Abmachungen außer Kraft gesetzt wurden [für ungültig erklärt worden sind/ nicht mehr gültig sind]. Die griechischen Regierungsstellen werden ihren Verpflichtungen gegenüber all ihren Kreditgebern nachkommen und betonen ihre Absicht, mit unseren Partnern zusammenzuarbeiten, um technische Behinderungen im Zusammenhang mit dem Master Facility Agreement, welches wir im Hinblick auf dessen finanziellen und verfahrenstechnischen Inhalt als bindend anerkennen, zu vermeiden.

In diesem Zusammenhang ersucht die griechische Regierung nun um die Verlängerung des Master Financial Assistant Facility Agreement für einen Zeitraum von sechs Monaten ab seinem Ablauf. In diesem Zeitraum werden wir gemeinsam weiterarbeiten, unter bestmöglicher Nutzung der in der derzeitigen Vereinbarung vorgesehenen Flexibilität, für dessen erfolgreichem Abschluss und Bewertung [Überprüfung] auf Basis der Vorschläge einerseits der griechischen Regierung und andererseits der Institutionen.

Das Ziel der beantragten sechsmonatigen Verlängerung des Agreement ist:

(a) Sich auf für beide Seiten zustimmungsfähige finanzielle und administrative Bedingungen zu einigen, deren Umsetzung in Zusammenarbeit mit den Institutionen Griechenlands Haushaltslage stabilisieren wird, Schuldenstabilität garantieren wird und die Erreichung von Haushaltszielen für 2015 unterstützt, welche die gegenwärtige wirtschaftliche Lage berücksichtigen.

(b) Sicherzustellen in enger Zusammenarbeit mit unseren europäischen und internationalen Partnern, dass alle neuen Maßnahmen voll finanziert sind und dabei keine einseitigen Maßnahmen zu ergreifen, welche die Haushaltsziele, die wirtschaftliche Erholung und finanzielle Stabilität gefährden können.

(c) Es der EZB zu gestatten, die Verzichtserklärung wieder in Kraft zu setzen in Übereinstimmung mit ihren Verfahren und Bestimmungen

(d) Die Verfügbarkeit der EFSF Bonds, die von der HFSF gehalten werden, für die Dauer des Agreement zu verlängern

(e) Die Arbeit zwischen den technischen Verhandlungsteams an einem möglichen neuen Abkommen zu Wiederaufbau und Wachstum, das die griechischen Regierungsstellen anstreben zwischen Griechenland, Europa und dem Internationalen Währungsfonds und das auf das laufende Abkommen folgen soll, fortzusetzen

(f) Sich auf eine Überwachung im Rahmen der Regeln von EU und EZB zu einigen und im gleichen Sinne mit dem Internationalen Währungsfonds für die Dauer des verlängerten Agreements.

(g) Zu Verhandeln über Mittel zur Umsetzung der Entscheidung der Eurogruppe vom November 2012, betreffend mögliche weitere Schuldenmaßnahmen und die Unterstützung zu deren Umsetzung nach dem Auslaufen des verlängerten Agreements und als Bestandteil des Folgekontrakts

Ausgehend von den vorstehenden Ausführungen bekräftigt die griechische Regierung ihre Entschlossenheit, eng mit den Institutionen der Europäischen Union und mit dem Internationalen Währungsfonds zusammenzuarbeiten, um: (a) Haushalts- und Finanzielle Stabilität zu erreichen und (b) die griechische Regierung zu befähigen, diejenigen substantiellen und umfassenden Reformen einzuführen, die erforderlich sind, um den Lebensstandard von Millionen von griechischen Bürgern wiederherzustellen durch nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum, ausreichend bezahlte Erwerbsarbeit [einträgliche Arbeitsplätze] und sozialem Zusammenhalt.

Mit freundlichen Grüßen
Yanis Varoufakis
Finanzminister
Hellenische Republik

Der Originaltext in Englisch hier

 


 

Rede des Ministerpräsidenten Griechenlands, Alexis Tsipras,

vor der SYRIZA-Fraktion im griechischen Parlament am 17.02.2015

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,

drei Wochen nach der Wahl und bereits jetzt spürt das griechische Volk, dass das Land in dem es lebt und atmet, ein anderes ist. Nein, wir haben unsere großen wirtschaftlichen Probleme nicht hinter uns gelassen. Nein, wir haben es noch nicht geschafft, die Wunden der Krise zu heilen.

Die Arbeitslosen sind weiterhin arbeitslos und Millionen unserer Mitbürger kommen noch immer nur sehr schwer über die Runden.

Was jedoch von Grund auf anders ist, ist das Empfinden eines jeden Bürgers dieses Landes. Denn das Gefühl der Erniedrigung und Demütigung ist gewichen. Die Griechinnen und Griechen empfinden wieder Stolz und Würde. Denn man kann sich nicht mehr benehmen, als sei Griechenland eine Kolonie. Denn man kann sich den GriechInnen gegenüber nicht mehr verhalten, als seien sie die Leibeigenen Europas.

Die in der zeitgenössischen Geschichtsschreibung einzigartige organische Einheit des griechischen Volkes und seiner Regierung, einer Regierung zur Sicherung des sozialen Zusammenhalts, sendet ein unmissverständliches Signal an Europa: Griechenland ist anwesend. Griechenland  ist hier, es steht und kämpft aufrecht darum der Austeritäts- und Schuldenfalle zu entkommen.

Und Griechenland wird entkommen. Ganz gleich wie sehr sich manche ein eingekesseltes, ein willen- und stimmloses Griechenland wünschen, stelle wir klar: Die Republik Griechenland droht nicht und lässt sich nicht drohen. Weder setzt sie Bedingungen, noch akzeptiert sie, dass man ihr Bedingungen setzt. Sie debattiert nicht mit laufendem Ultimatum. Die Republik Griechenland verhandelt als gleichwertiger Partner. Das ist die erste greifbare, die erste wirkliche Veränderung, die viele im In- und Ausland nur schwer verstehen können und nicht wahrhaben wollen. Denn zum ersten Mal hat Griechenland eine eigene Stimme. Eine Stimme, die laut und deutlich auf hunderten Solidaritätskundgebungen in ganz Europa zu hören ist. Eine Stimme, die auf den europäischen Foren zu hören ist, dort wo die Gesandten Griechenlands, auch unter noch so großem Druck, nicht zu allem ja und amen sagen. Zum ersten Mal sagen die Vertreter unseres Landes Nein. Und meinen Nein.

Das mag manche stören und nerven. Herr Schäuble hat gestern die Fassung verloren. Ich sage das nicht, weil er sich über die griechischen Regierung ausgelassen hat. Das ist sein gutes Recht. Sondern weil er sich herablassend über das griechische Volk geäußert hat. Mit allem gebührenden Respekt und ganz im Geiste der Freundschaft, möchte ich Herrn Schäuble nahelegen, doch lieber jene zu bemitleiden, die mit gesenktem Kopf gehen. Und nicht jene, die erhobenen Hauptes voranschreiten. Für diese Menschen sollte er kein Mitleid empfinden, sondern tiefen Respekt und Bewunderung. Kein Mitleid.

Wir hatten klargestellt, dass diese neue Regierung zur Sicherung des sozialen Zusammenhalts, ein Einschnitt sein wird, der das Ende der Vergangenheit markiert, dass die neue Regierung den einen, unumgänglichen Weg in Richtung Zukunft eröffnen wird. Und wir Stellen es unter Beweis. Die würdevollen Atemzüge unseres Volkes, auf den Straßen und Plätzen des Landes, die praktische Solidarität der Völker Europas und die vielen Solidaritätskundgebungen, wie wir sie nur aus den Jahren der Solidarität mit dem Widerstand gegen die Militärdiktatur in unserem Land kannten, sie sind es, sie haben unsere roten Linien gezogen. Nicht nur die roten Linien Griechenlands, sondern auch die, des gesamten demokratisch gesinnten Europa. Eines Europa, das unter der Austerität zu ersticken droht und auf uns schaut, wie auf einen Funken, der einen koordinierten Richtungswechsel einleiten wird, in Richtung Erlösung von der Austeritätspolitik und in Richtung eines nachhaltigen Wachstums.

Liebe GenossInnen,
wir sind nicht die Befehlsempfänger, die man aus der Vergangenheit kennt. Wir sind nicht die Verwalter des Memorandums. Wir halten das klare und einzigartige Mandat zur Rettung dieses Landes und seiner Bevölkerung in den Händen. Und diese Rettung wird nicht durch die Fortsetzung eines Fehlers herbeigeführt werden, wie von den Gläubigern gefordert. Und auch von jenen politischen Kräften, die uns dazu auffordern, uns mit dem Memorandum abzufinden. Unsere Antwort lautet: wir haben es nicht eilig und wir lenken nicht ein. Wir arbeiten auf eine ehrliche Vereinbarung, die von allseitigem Nutzen sein wird, hin. Eine Vereinbarung ohne Austerität, ohne Memorandum und ohne Troika. Alles andere kann nicht als Vereinbarung bezeichnet werden. Es wäre eine Kapitulation, käme einem Gnadenschuss für unsere Heimatland gleich, wäre ein Rückzug des Europas der Aufklärung gegenüber einem Europa, das anderen Ultimaten für ihre Kapitulation setzt. Es wäre als stimmten wir der Ansicht zu, der zufolge Demokratie und Wahlen in Ländern mit Hilfsprogrammen,  überflüssig sind. Wir stellen ein für alle Mal und gegenüber allen klar, dass unsere Regierung nicht das Recht hat, derartige Abstriche von gemeinsamen Werten und Grundsätzen zu machen und sie wird es nicht tun.

Werte und Grundsätze der europäischen Einigung.

Noch ein weiteres Mal versichern wir, dass - ganz unüblich für dieses Land,  in dem Regierungen nachdem sie gewählt wurden, anders handeln als zuvor angekündigt - unsere Regierung gedenkt, eine Neuerung einzuführen: Wir werden das, was wir vor den Wahlen verbindlich versprochen haben, einhalten. Den Anfang machen wir am Donnerstag. Da wird der erste Gesetzesentwurf, der Sofortmaßnahmen zum Schutz des Erstwohnsitzes der Bürger und das Verbot des Weiterverkaufs von Immobilienkrediten an ausländische Fonds, so genannte „distress fonds“, vorsieht, ins Parlament eingebracht. Wir werden das Arbeitsrecht wieder einführen und, in Zusammenarbeit mit der Internationalen Arbeitsorganisation, eine europäische Errungenschaft zurück nach Griechenland bringen: Das Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen, das in Artikel 28 der Europäischen Grundrechtscharta verankert ist und untrennbarer Teil des europäischen Vertragswerkes ist, das von der Troika gebrochen wurde. Auf dieser Basis führen wir das Tarifrecht und dreijährigen Laufzeit von Tarifverträgen wieder ein, die Erweiterbarkeit ihrer Gültigkeit, ebenso wie Schlichtungsinstanzen wieder ein.

Wir werden das Vertrauensverhältnis zwischen Regierung und Volk und ihre Einheit weder zerstören, noch untergraben, wir werden sie nicht zugunsten der Interessen unserer Gläubiger relativieren. Wir werden ohne Abstriche an den gegenüber dem griechischen Volk eingegangenen Verpflichtungen festhalten. Indem wir die Wahrheit sagen. Und indem wir mit Entschlossenheit und Besonnenheit mit den Ereignissen in der Eurozone umgehen. Ich möchte an dieser Stelle das enge und solidarische Verhältnis des griechischen Volkes zu anderen Völkern Europas betonen. Dieses kommt in  den unzähligen bewegenden Solidaritätsveranstaltungen zum Ausdruck, die wir allerorts sehen. Besonders bewegt haben mich die Kundgebungen in vielen deutschen Städten und die Solidarität der Deutschen.

Nichts steht zwischen uns und der deutschen Bevölkerung. Das Klima der Zwietracht, das manche auf beiden Seiten zu schüren versuchen, ist wenig hilfreich. Wenig hilfreich ist auch die provokative politische Botschaft, die von einer Karikatur ausgeht, die in der vergangenen Woche publiziert wurde und Wolfgang Schäuble in Nazi-Uniform zeigt. Dies entspricht nicht unserer Auffassung. Es handelt sich um eine sehr unglückliche Botschaft, mit der sich die griechische Regierung in keiner Weise identifizieren kann. Ebenso wenig wie das griechische Volk. Man sollte nicht einmal zum Spaß  mit den Geistern der Geschichte spielen.

Liebe GenossInnen,
trotz des unerträglichen Drucks, bleiben wir besonnen und entschlossen. Im Fokus unserer Arbeit steht der Verhandlungsprozess, der sich noch in der Anfangsphase befindet, und wir arbeiten mit unseren Partnern zusammen, auf Basis konkreter, von uns dargelegter Vorschläge. In gutem Glauben und mit dem aufrichtigen Willen zu ertragreichen Gesprächen. Wir wollen eine Lösung – keinen Bruch. In einem harten Verhandlungsprozess, in dem wir es abgelehnt haben, den psychologischen Erpressungsversuchen der Gläubiger nachzugeben, sind wir mit Jeroen Dijsselbloem am vergangenen Donnerstag, fünfzehn Minuten vor Beginn der Sitzung des Europäischen Rates, zu einer gemeinsamen Erklärung gelangt. Es handelt sich um die Erklärung, die auch der Europäische Rat angenommen hat und durch welche die Eurozone erstmals Abstand davon genommen hat, das Memorandum zur Bedingung des neuen Verhältnisses zwischen Griechenland und seinen Gläubigern zu machen. Zugleich wurde die Einschätzung und Bewertung der gemeinsamen Basis, auf welcher der Übergang vom Memorandum zum Wachstumsplan der griechischen Regierung stattfinden statt finden könne,  zum Gegenstand von Verhandlungen erklärt.

Kurz vor Beginn der gestrigen Tagung der Eurogruppe, legte man uns den Entwurf eines gemeinsamen Statements vor, das von Pierre Moscovici als Gesprächsgrundlage vorgetragen wurde. Da wir uns am Rande dessen bewegten, was durch unsere roten Linien abgesteckt worden war, haben wir den Entwurf als Gesprächsgrundlage akzeptiert und uns darum bemüht, konstruktiv zur Findung einer für alle Seiten akzeptablen Lösung beizutragen. In dem Entwurf war die Rede von einer Verlängerung der Kreditvereinbarung – und eben nicht des laufenden Programms – welche zu einer viermonatigen Übergangsvereinbarung führen würde, die den Zeitraum bis zum Abschluss eines Wachstumsprogramms für Griechenland regeln würde. Darüber hinaus wurde die Finanzierung von Maßnahmen zur Bekämpfung der humanitären Krise erwähnt, ebenso wie technische Hilfestellungen der EU-Kommission, die zur Beschleunigung des Reformprozess beitragen sollten.

Eine viertel Stunde vor Beginn der Eurogruppe hat Herr Dijsselbloem diesen Entwurf eines gemeinsamen Statements durch einen anderen Entwurf ersetzt, der sich unserer Kenntnis entzog. Es ist uns nicht bekannt, auf wessen Initiative hin dies geschehen ist. Wir sind uns jedoch darüber im Klaren, dass diese Handlung darauf abzielte, ja uns geradezu dazu drängte, von einer Einigung am gestrigen Abend Abstand nehmen zu müssen. Denn dieser neue Entwurf sah nicht einfach nur die Verlängerung des Memorandums vor, sondern ging noch einen Schritt weiter. Er sah die Konkretisierung der Maßnahmen vor, die unsere Regierung zu treffen habe, damit das Memorandum nicht nur auf dem Papier fortbestünde. Man verlangt von uns nicht nur, dass die fünfte Bewertung zu Ende geführt werde und die entsprechenden Maßnahmen umgesetzt würden, sondern auch Privatisierungsmaßnahmen und das Erzielen von unerträglich hoher Primärüberschüssen, um so, künstlich, den Eindruck der Schuldentragfähigkeit zu schaffen.

Die Tatsache, dass dieses unsägliche Papier der Eurogruppe als Gesprächsgrundlage vorgelegt wurde, und ein Dokument, dem wir als Gesprächsgrundlage zugestimmt hatten, zurückgezogen wurde, macht unmissverständlich klar, dass gewisse Kreise sich bei ihren Versuchen, die griechische Regierung zu untergraben, nicht davor scheuen mit Europa spielen.

Für uns sind die Eurozone und die Zukunft des geeinten Europa jedoch kein Spiel. Sie sind kein Spielzeug in den Händen eines Finanzministertreffens, bei welchem Vertreter aus 18 Ländern anwesend sind, die am Ende immer das beschließen, was dem Willen eines einzigen entspricht, weil manche es sich so gefallen lassen. Und das, obwohl dabei europäisches Vertragswerk gebrochen wird, dessen fundamentaler Bestandteil die gemeinschaftlichen Werte der Demokratie  und der Grundsatz der Volkssouveränität sind, die im Memorandum jedoch nicht vorkommen.

Das Europäische Vertragswerk ist für uns verbindlich – die Politik und die Zwangsvorstellungen konservativer Regierungen der Eurozone sind es nicht. Wir fordern alle dazu auf, sich ihrer jeweiligen Verantwortung bewusst zu werden. Der Verantwortung dafür, das Herz Europas vor einer Teilung zu bewahren und ebenso der Verantwortung dafür, die Stabilität der äußerst sensiblen Region des südöstlichen Mittelmeers nicht zu gefährden.

Aus diesem Grund unterstreichen wir abermals unsere Überzeugung, dass es sich bei den Verhandlungen mit unseren Partnern nicht um einen technischen Prozess handelt, sondern um einen zutiefst politischen Verhandlungsprozess mit geopolitischen Dimensionen. Und genau deshalb wird dieser Verhandlungsprozess fortgesetzt. Den Ausweg aus der beim Eurogruppentreffen zustande gekommenen Sackgasse, können uns keine Technokraten aufzeigen. Sondern nur die politischen Führer Europas. Und eben deshalb sind wir zuversichtlich, dass es zu einer Lösung kommen kann und kommen wird.


In der Anlage

Yanis Varoufakis: Jetzt ist nicht die Zeit fu?r Spiele in Europa
Brief an die New York Times, Übersetzung Sabine Tober
Quelle: Nachdenkseiten

siehe auch

txt: lm
foto: Xinhua

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

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zum Text hier
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UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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