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Kuba RaulCastro 07.07.2013 PrensaLatina16.07.2013: Lange Zeit hatte die kubanische Regierung die Probleme der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen in Kuba in ihren Reden nicht thematisiert. Nun kritisierte Staats- und Regierungschef Raúl Castro in einer Rede vor dem Parlament, der Nationalversammlung, zahlreiche negative Entwicklungen. Die halbstündige Rede provozierte im Land und international starke Reaktionen.

Zwar hatte Raúl Castro bereits in der Vergangenheit Fälle von Korruption und gesellschaftliche Missstände angeprangert. Die jüngste Rede war in ihrer Deutlichkeit jedoch außergewöhnlich. Aus diesem Grund widmete die Staatszeitung Granma, das Zentralorgan der regierenden Kommunistischen Partei Kubas, am Dienstag allein den Reaktionen der Kubaner auf die Rede eine Doppelseite – auch das ein Novum.

"Unmoralische Verhaltensweisen, die heute in unserer Gesellschaft entstehen und allen ihren Bereichen zu schaffen machen, garantieren für viele teilnahmslosen und korrupten Leute einen Lebensstil, der weit über die Möglichkeiten und die Kaufkraft jedes ehrlichen Arbeiters hinausgeht", hieß es in einem Leserbrief. Castro habe "die soziale Disziplinlosigkeit und den Werteverlust thematisiert, der sich in unserer Gesellschaft zeigt. Jetzt ist es an allen, gegen diese Übel anzukämpfen", kommentierte Lourdes Peña, Rentnerin in Havanna. Ein Bauarbeiter schrieb von "einer der überzeugendsten Reden der letzten Jahre".

Castro hatte den Werteverfall als Konsequenz des Notwirtschaftsregimes nach 1990 – die sogenannte Sonderperiode – bezeichnet. Die mutwillige Zerstörung öffentlichen Eigentums, Entsorgung von Müll auf öffentlichen Plätzen, Schwarzfahren bei öffentlichen Verkehrsmitteln, mangelnde Rücksichtnahme und Diebstahl seien zunehmende Probleme in Kuba. "Das alles passiert direkt vor unserer Nase, ohne eine öffentliche Gegenreaktion zu provozieren", sagte er. Trotz der "unbestreitbaren Errungenschaften der Revolution im Bildungsbereich denke ich, dass wir auf dem Gebiet der Kultur und des Gemeinsinns zurückgefallen sind", urteilte Kubas Präsident in seltener Offenheit. Notwendig sei ein permanenter Kampf gegen den Werteverfall, der von der Familie als der Basis der Gesellschaft, über Schulen, öffentliche Institutionen bis zu den Betrieben geführt werden müsste.

Soziale Erosionserscheinungen waren in Kuba nach 1990 lange tabuisiert. Erst über Literatur und Musik waren Themen wie Prostitution und Korruption nach 1990 in die Debatte eingebracht worden, während staatliche Medien weitgehend schwiegen. Raúl Castro, der zu keiner weiteren Amtszeit mehr antreten wird, hat mit dieser Trennung der Sphären gebrochen und wiederholt eine offene Debatte über soziale und gesellschaftliche Probleme in der kubanischen Gesellschaft gefordert. Seine jüngste Rede steht im Kontext dieser neuen Politik, die sich noch nicht in allen Medien und Institutionen niedergeschlagen hat.

Zugleich sprach Castro vor dem Parlament über die wirtschaftlichen Reformmaßnahmen. Es sei noch ein weiter Weg für Kuba, bis alle laufenden wirtschaftlichen Reformen umgesetzt sein würden, führte er aus. Dennoch machten Studien zur Vereinheitlichung der beiden in Kuba kursierenden Währungen Fortschritte. Die 1994 eingeführte Doppelwährung sei eines der größten Hindernisse für die Entwicklung des Landes. Zudem sagte Castro, dass das Wirtschaftswachstum von 2,3% im ersten Halbjahr 2013 keine spürbaren Auswirkungen auf die kubanische Durchschnittsfamilie gehabt habe.

Castros Rede klinge nach einer Breitseite der alten Generation gegen respektlose Jugendliche und sei "eine Schmährede, die die Lippen vieler Großvater verlassen haben könnte", hieß es in der anti-kubanischen US-Zeitung Miami Herald. "Für viele Menschen dürfte die kritisierte Disziplinlosigkeit allerdings nicht das größte Problem im Land sein", kommentierte das deutsche Nachrichtenmagazin Spiegel Online mit Verweis auf die kubanische Opposition. Mit Maßnahmen wie den Reisegesetzen im Januar wolle die Regierung nur "ihr Image international aufbessern", wird eine Oppositionsgruppe von dem Medium zitiert.

Nachstehend zentrale Auszüge der Rede von Raul Castro:

Die Umsetzung der [auf dem 6. Parteitag verabschiedeten] Leitlinien birgt die Notwendigkeit in sich, die Auswirkungen der eingeleiteten Veränderungen systematisch zu bewerten und jedwede Fehlentwicklung schnell zu korrigieren. Dies erfordert außerdem die Etablierung eines permanenten Klimas von Ordnung, Disziplin und Anspruchsdenkens in der kubanischen Gesellschaft. Dies ist eine unverzichtbare Voraussetzung dafür, um die Fortschritte bei der Aktualisierung unseres Wirtschaftsmodells zu konsolidieren und keine Rückschritte zuzulassen. ...

Wir haben schmerzhaft erfahren, wie über die mehr als 20 Jahre der Sonderperiode [período especial] hinweg, moralische und bürgerschaftliche Werte, wie Ehrlichkeit, Anstand, Schamgefühl, Würde, Aufrichtigkeit und Feingefühl gegenüber den Problemen der anderen in wachsendem Maße verkommen sind.

Wir erinnern uns an die Worte von Fidel in der Großen Aula der Universität Havanna am 17. November 2005, als er sagte, dass diese Revolution nicht vom Feind, sondern von uns selbst zerstört werden könnte. Dies wäre unsere eigene Schuld, warnte er.

Auf diese Weise ist ein Teil der Gesellschaft dazu übergegangen, es als normal anzusehen, vom Staat zu stehlen. So verbreiteten sich auf relativ ungestrafte Weise illegale Bauten, zudem noch an unzulässigen Orten, die nicht autorisierte Belegung von Wohnungen, der illegale Handel mit Gütern und Dienstleistungen, die Nichteinhaltung der Arbeitszeiten am Ort der Beschäftigung, der Diebstahl und die illegale Schlachtung von Rindern, der Fang von Meeresarten, die vom Aussterben bedroht sind, die Anwendung von massiven Fischereimethoden, die Abholzung von Forstressourcen, Hamsterkäufe von Mangelprodukten und ihr Weiterverkauf zu höheren Preisen, die Beteiligung an Spielen am Rande der Gesetze, Preisverstöße, die Annahme von Bestechungsgeldern und Vorteilsnahme, der Zugriff auf den Tourismussektor und Verstöße gegen die Vorschriften auf dem Gebiet der Informatiksicherheit.

Verhaltensweisen, die zuvor als typisch für isolierte Teile der Bevölkerung galten, wie lautes Herumschreien auf der Straße, die wahllose Verwendung obszöner Ausdrücke und eine vulgäre Art sich auszudrücken sind, ungeachtet ihres Bildungsniveaus oder ihres Alters, zum normalen Verhalten nicht weniger Mitbürger geworden.

Die Wahrnehmung bezüglich der Bürgerpflichten angesichts von Fehlverhalten ist beeinträchtigt, und das angesichts von Erscheinungen wie dem Wegschmeißen von Müll auf die Straße, der Bedürfnisverrichtung auf Straßen und Plätzen, der Bekritzelung und Verunstaltung der Wände von Gebäuden oder von öffentlichen Plätzen; das Trinken von Alkohol an ungeeigneten öffentlichen Orten und das Führen von Fahrzeugen im Zustand der Trunkenheit; der Missachtung des Rechts der Nachbarn wird nichts entgegnet, es wuchert die Unsitte lauter Musik, die die Ruhe der Menschen beeinträchtigt; inmitten der Städte greift die Aufzucht von Schweinen mit dem nachfolgenden Risiko für die Volksgesundheit um sich, man toleriert die Beschädigung und Zerstörung von Plätzen, Denkmälern, Bäumen, Gärten und Grünzonen; öffentliche Telefone, elektrische und Telefonleitungen, Gullys und andere Bestandteile von Wasserleitungen, Verkehrszeichen und Leitplanken an den Straßen werden mutwillig beschädigt.

Genauso wird die Bezahlung der staatlichen Verkehrsmittel umgangen oder von einigen Mitarbeitern des entsprechenden Sektors in die eigene Tasche gesteckt; Gruppen von Jungen werfen immer wieder an denselben Stellen Steine auf Züge oder Kraftfahrzeuge; die grundlegendsten Verhaltensweisen der Höflichkeit gegenüber Senioren, schwangeren Frauen, Müttern mit kleinen Kindern und Behinderten werden außer Acht gelassen. Das alles passiert direkt vor unserer Nase, ohne eine öffentliche Gegenreaktion zu provozieren.

Das Gleiche geschieht auf den verschiedenen Ebenen des Bildungssystems, auf denen die Schuluniformen bis zur Unkenntlichkeit entstellt werden, einige Lehrer unkorrekt gekleidet Unterricht erteilen und wo es Fälle von Lehrern und Angehörigen gibt, die an akademisch fragwürdigen Vorgängen teilnehmen.

Bekannterweise bilden Heim und Schule eine Einheit bei der Erziehung jedes Einzelnen in der Gesellschaft, wobei diese Vorgänge nicht nur eine Beeinträchtigung der Gesellschaft, sondern auch schwerwiegende Folgen in Familie und Schule mit sich bringen.

Diese Verhaltensweisen in unseren Klassenräumen sind auf doppelte Weise nicht miteinander zu vereinbaren. Denn abgesehen von der Disziplinlosigkeit an sich muss es Klarheit darüber geben, dass von Kindheit an Familie und Schule den Kindern die Regeln der Gesellschaft zu vermitteln haben.

Dabei ist der reale und im übertragenen Sinne stattfindende Niedergang der Aufrichtigkeit und des guten Benehmens der Kubaner am meisten zu beklagen. Es ist nicht zulässig, Vulgarität mit Modernität, noch Plattheit oder Schamlosigkeit mit Fortschritt in Eins zu setzen. In Gesellschaft zu leben, bedeutet in erster Linie, Normen anzunehmen, die den Respekt vor dem anderen und den Anstand wahren. Selbstverständlich steht nichts davon im Widerspruch mit der typischen Lebensfreude der Kubaner, die wir bewahren und weiter ausleben wollen.

Ich habe mich hier darauf beschränkt, eine Aufzählung der aussagkräftigsten negativen Erscheinungen zu liefern, ohne dabei zu beabsichtigen alle im Einzelnen aufzuführen, da dies meine Rede unnötig in die Länge ziehen würde. Unter Mitwirkung der Partei und der Gremien der Regierung kam es zu einer ersten Erhebung, die 191 Erscheinungen dieser Art ergab. Wir sind uns dabei darüber bewusst, dass dies nicht die Einzigen sind und es darüber hinaus noch viel mehr gibt – die sich in vier unterschiedliche Kategorien einteilen lassen: soziale Disziplinlosigkeit, Ungesetzlichkeiten, Ordnungswidrigkeiten und Vergehen, die im Strafgesetzbuch zusammengefasst sind.

Die Bekämpfung dieser zu verurteilenden Verhaltensweisen und Tatbestände muss unter Anwendung verschiedener Methoden und Wege erfolgen. Dem Verlust ethischer Werte und der Missachtung der guten Sitten kann durch ein abgestimmtes Vorgehen allen sozialen Faktoren begegnet werden, und zwar von frühem Alter an, ausgehend von Familie und Schule und von der Förderung der Kultur im umfassendsten und nachhaltigsten Sinne, was alle zur bewussten Ausrichtung ihres Verhaltens führen sollte. Dies wird gleichwohl ein komplexer Prozess sein, der ziemlich lange dauern wird.

Dem Verbrechen, den Gesetzwidrigkeiten und den Zuwiderhandlungen lässt sich auf die einfachste Art und Weise entgegen treten: indem man dafür sorgt, dass die gesetzlichen Festlegungen erfüllt werden. Darüber verfügt jeder Staat, unabhängig von seiner Ideologie über die erforderlichen Instrumente, sei es auf dem Wege des Konsens oder letztlich, wenn dies erforderlich sein sollte, auch durch die Anwendung von Zwangsmaßnahmen.

Tatsache ist, dass man die Gutmütigkeit der Revolution ausgenutzt hat, nicht auf die Kraft des Gesetzes zurückgriff, so gerechtfertigt dies auch gewesen wäre, und der Überzeugung und der politischen Arbeit den Vorzug gegeben hat, was, wie wir eingestehen müssen, nicht immer ausreichend gewesen ist.

Die Organe von Staat und Regierung, darunter die Polizei, der Oberste Rechnungshof der Republik, die Staatsanwaltschaft und die Gerichte, müssen je nach Zuständigkeit zu diesen Bemühungen ihren Beitrag leisten und die ersten sein, die beispielgebend bei der uneingeschränkten Einhaltung des Gesetzes sind; damit stärken sie ihre Autorität gegenüber der Gesellschaft und sichern sich die Unterstützung der Bevölkerung, wie sich erst kürzlich beim Vorgehen gegen beschämende Fälle von administrativer Korruption gezeigt hat, in die sich Funktionäre von Ämtern und Betrieben verstrickt hatten.

Es ist höchste Zeit, dass die Arbeiter- und Bauernkollektive, die Studenten, Jugendlichen, Lehrer und Professoren, unsere Intellektuellen und Künstler, Journalisten, die Religionsgemeinschaften, die Behörden, die Führungspersönlichkeiten und Funktionäre auf jeder Ebene, zusammengefasst alle Kubanerinnen und Kubaner mit Würde, die zweifelsohne die Mehrheit bilden, sich die Pflichterfüllung und die Erfüllung dessen zueigen machen, was in den zivilgesetzlichen Normen, sei es in Form von Gesetzen, Verordnungen oder sonstigen Regelungen festgelegt ist. ...

Vollständiger Text: siehe -> hier

Quelle und CR: Lateinamerikaportal amerika21.de

Foto: Prensa Latina

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

CfD communist solidarity dt
zum Text hier
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Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
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Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

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