Internationales

syrien_assad_biscator_s_29.02.2012: Dass sich mehr als acht Millionen Syrerinnen und Syrer (von 14,6 Millionen Wahlberechtigten) am letzten Sonntag an die Wahlurnen begeben haben, um über die neue Verfassung abzustimmen, ist für Deutschlands Außenminister Westerwelle "nicht mehr als eine Farce". Das sagt der Mann, der in Deutschland mit seiner Partei vor der Fünf-Prozent-Klausel Angst haben muss. Er wusste es wie viele andere westliche Politiker schon vorher: diese Willensbekundung von Millionen Syrern ist "völlig bedeutungslos".

Denn es kann nicht sein, was nicht sein darf. Und es darf nicht sein, dass für die krisengeplagten Menschen in Europa sichtbar wird, dass die seit Monaten hochgelobte "syrische Opposition" im Land selbst nur an wenigen Punkten in Teilen der Bevölkerung Gefolgschaft findet und ansonsten vorwiegend im Ausland medienträchtig präsent ist. Es darf nicht sichtbar werden, dass die Mehrheit der syrischen Bevölkerung dem Assad- Regime zwar vielleicht nicht gerade begeistert zustimmt, aber dennoch für diese Verfassung stimmte, weil sie auf keinen Fall unter die Fuchtel von fanatisierten islamistischen Moslembrüdern kommen und sich nicht vom Ausland sagen lassen will, wer in Syrien zu regieren hat.

Nach den offiziellen Angaben des syrischen Innenministeriums haben von den 14,59 Millionen Wahlberechtigten rd. 8,376 Millionen (57,4 %) trotz der Boykott-Aufrufe der 'Opposition' an der Abstimmung teilgenommen. 886.138 haben mit Nein gestimmt oder weiße Stimmzettel abgegeben. 7,49 Millionen stimmten für Ja. Das sind 89,4 % der abgegebenen Stimmen, immerhin 51,3 Prozent aller Wahlberechtigten (nicht sehr viel schlechter, als bei den us-amerikanischen Präsidentschaftswahlen: 2004/2008 knapp 57%; 2000 -> 51,3% !!).

Sicher wird in den westlichen Medien nun wieder die Trommel gerührt werden, dass die Zahlen gefälscht sind, Millionen Syrer nur unter Zwang zur Abstimmung gingen und nicht wussten, worüber sie eigentlich abstimmten. In Wirklichkeit gab es aber auch für die Syrerinnen und Syrer, die dem Regime des Staatschefs und der von ihm betriebenen Politik in den letzten Jahren kritisch gegenüberstehen, gute Gründe, für diese neue Verfassung zu stimmen. Sie mag unter dem Gesichtspunkt einer konsequenten Demokratisierung des Landes gewiss noch manches zu wünschen übrig lassen.

Es ist eine Präsidialverfassung mit einer starken Stellung des Staatschefs – ähnlich wie im heutigen Frankreich, in den USA und in vielen anderen Staaten. Da gibt es, wie aus eigener Erfahrung bekannt, mit dem Grundsatz, dass der Wille des Volkes in allen Fragen 'oberstes Gesetz' sein soll, schon mal Probleme. Vor allem aber bleibt die wirtschaftliche Macht von privaten Kapitalbesitzern und die in den letzten Jahren geförderte Politik der wirtschaftlichen Liberalisierung und Privatisierung von dem Verfassungstext auch weiterhin völlig unberührt, auch die Betätigungsmöglichkeiten für ausländische Großkonzerne.

Dennoch bedeutet diese neue Verfassung einen erheblichen Schritt vorwärts gegenüber dem bisherigen System. Die bisher in einem Verfassungsartikel institutionell festgeschriebene Vorherrschaft der Baath-Partei wird abgeschafft. Ein echtes Mehrparteiensystem soll sich entwickeln können. Die Amtszeit des Staatspräsidenten wird auf zwei mal sieben Jahre begrenzt. Auf der Grundlage des damit verfassungsmäßig zumindest proklamierten und damit einforderbaren 'Parteienpluralismus' sollen innerhalb von drei Monaten Neuwahlen zum syrischen Parlament stattfinden. Wie weit das auch tatsächlich zu mehr Einfluss für Parteien und Gruppen führen wird, die dem Baath-Regime eher kritisch gegenüberstehen, wird die Praxis erst noch zeigen müssen.

Zu befürchten ist allerdings, dass eine ungestörte innenpolitische Entwicklung in Syrien in Richtung von mehr Demokratie auch in den nächsten Monaten nicht zu erhoffen ist. Die EU hat unmittelbar am Tag nach der Abstimmung neue Sanktionen beschlossen, zusätzlich zu dem bereits bestehenden Ölboykott, darunter das Einfrieren aller Konten der syrischen Staatsbank in Europa und ein Embargo für alle Frachtflüge aus Syrien in die EU und umgekehrt. Wie aus internen Quellen hervorgeht, zielt dies darauf ab, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Syrien zu vergrößern in der Hoffnung, damit die Unzufriedenheit in der Bevölkerung schüren und einen Spalt in die 'Assad- Getreuen' treiben zu können. US-Außenministerin Clinton hat ranghohen Beamten und Militärs im syrischen Staatsapparat kürzlich versprochen, sie würden im Westen "wie Helden" behandelt werden, wenn sie sich von Assad abwenden.

Zu befürchten ist auch, dass die führenden imperialistischen Großmächte und jene syrischen Exil-Kreise, die sich mit ihnen verbündet haben, alles unternehmen werden, um bürgerkriegsartige Aufstände und Unruhen wie in der Stadt Homs auch künftig weiter zu schüren und auszuweiten. Schon in drei Wochen soll die Veranstaltung wiederholt werden, die am vergangenen Freitag in der Hauptstadt Tunesiens als Versammlung der selbsternannten 'Freunde Libyens' stattgefunden hat, diesmal dann im türkischen Istanbul.

Statt auf eine friedliche Regelung durch Dialog und Verhandlungen zwischen allen relevanten politischen Kräften in Syrien zu setzen, hat sich dieses formell von der 'Arabischen Liga' eingeladene Treffen das von den westlichen Großmächten vorgegebene Ziel eines von außen geförderten 'Regime changes' in Syrien zu eigen gemacht. Allerdings kamen die extremsten Scharfmacher dabei nicht ganz auf ihre Kosten. In der Abschlusserklärung fehlte ihre Forderung, die bewaffneten Gruppen, die unter dem Namen 'Freie Syrische Armee' von den Grenzgebieten der Türkei und des Libanon aus operieren und den Bürgerkrieg in Syrien auszudehnen versuchen, durch westliche Waffenlieferungen massiv aufzurüsten.

Es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass diese Waffenlieferungen an die Rebellen durch westliche Geheimdienste, die Erdogan-Türkei und die zutiefst undemokratischen Monarchien in Saudi-Arabien und Katar auch ohne eine solche Befürwortung bereits florieren. Es zeichnet sich aber ab, dass in den nächsten Wochen vor allem die Frage des Zugangs für "humanitäre Hilfe" in die umkämpften Gebiete zum propagandistischen Dreh- und Angelpunkt für das weitere Eingreifen von außen gemacht werden soll. Von da ist es bis zu der von Frankreichs Außenminister Juppé propagierten Einrichtung 'humanitärer Korridore' unter Einsatz von arabischen Truppen und UNO-Blauhelmsoldaten nicht mehr weit.

Eine friedliche Regelung der in Syrien entstandenen Konflikte kann aber nicht gegen die Millionen Syrer erreicht werden, die am Sonntag für die neue Verfassung gestimmt haben. Echte 'Freunde Syriens' können deshalb nur diejenigen sein, die weiterhin für einen friedlichen Dialog unter Beteiligung aller in Syrien selbst relevanten politischen Kräfte am Prozess der weiteren Demokratisierung des Landes eintreten.

Text: Georg Polikeit

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

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Farkha2023 21 Buehnentranspi

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