18.04.2014: Vor drei Jahren überfiel eine Gruppe von Neonazis neun Migranten in Winterbach (kleine Stadt, nahe Stuttgart im idyllischen Remstal). Sie steckten eine Gartenhütte in Brand, in die die Migranten geflüchtet waren. Nur in letzter Sekunde konnten diese ihr Leben retten. Zum Erinnern und Mahnen, zum Wachrütteln der Bevölkerung und aufzurufen für den Kampf gegen Rassismus und Neofaschismus führte die Initiative Rems-Murr-nazifrei eine viel beachtete Demonstration unter dem Motto "Laut gegen rechte Gewalt" durch. Mehr als 200 TeilnehmerInnen haben dies lebhaft, selbstbewusst, kämpferisch, phantasievoll und friedlich zum Ausdruck gebracht.
Die TeilnehmerInnen waren sich darin einig, dass Neonazis in unserem Lande immer dreister, brutaler und gewalttätiger auftreten, wenn man diese gewähren lässt, wenn man wegschaut, verniedlicht oder gar unterstützt. Davon zeugt die Blutspur, die Neonazis (NSU) durch ganz Deutschland zogen, ebenso wie der hinterhältige rassistische Brandanschlag von Winterbach. Neofaschismus ist gesellschaftliche Realität, sei es in Form von Stiefelfaschisten, Weißen-Kragen-Tätern oder in der Mitte der Gesellschaft. Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen.
"Dagegen setzen wir uns mit aller Entschiedenheit zur Wehr", so Dieter Keller als Redner der DKP. Unter dem Beifall der Anwesenden forderte er "das Verbot der NPD und aller neofaschistischen Organisationen und Propaganda. Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda, auch nicht in den anstehenden Wahlkämpfen.“
Auf die Frage warum es immer noch kein Verbot gäbe, antwortete er: "Nazis werden gebraucht, damit sich die gewachsene Empörung gegen die Auswüchse des Kapitalismus, die immer deutlicher werden, nach rechts orientiert. Davon zeugen der Rechtsputsch in der Ukraine und die erschreckenden Wahlergebnisse in Ungarn und Frankreich. Um sich ihre kapitalistischen Macht – und Eigentumsverhältnisse und das daraus resultierende Profitstreben zu sichern, halten sich das Großkapital und ihre politischen Handlanger diese reaktionäre Variante ihrer Machterhaltung offen."
Was die NSU Morde betreffe, glaube er nicht an die ehemalige Fernsehsendung: "Pleiten, Pech und Pannen ... sondern an bewusstes Handeln, hinter dem System steckt".
Christa Walz, die DGB Kreisvorsitzende sprach sich eindeutig für ein Verbot der NPD aus und für den Kampf gegen Neonazismus. Dazu seien auch und insbesondere die Gewerkschaften aufgefordert. Es gäbe "zum Rechtsextremismus viele Formen der Duldung, Verharmlosung und unterschwelligen Zustimmung – auch in Gewerkschaftskreisen.'
Walter Burkhardt, Sprecher der VVN-BdA Rems Murr, stellte die Kampagne der VVN für die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtages zur Mordserie des "neofaschistischen Terrortrios" der NSU vor. Er forderte die konsequente Aufklärung der Merkwürdigkeiten und Unwahrheiten bei der Zusammenarbeit von NSU mit dem Verfassungsschutz von Baden Württemberg. "Es muss Schluss sein mit der Kaschierung und Vernebelung dieser Kontakte."
Wohltuend fanden die Organisatoren das Grußwort des Bürgermeisters von Winterbach, der darauf hinwies, "dass in unserer Gesellschaft ein Diskussionsprozess über das damalige Geschehen begonnen hat". Er bedankte sich ausdrücklich bei den Organisatoren der Demonstration und Kundgebung für ihr Engagement und rief die Bevölkerung zu mehr Zivilcourage auf.
Diese fehlte vielfach seitens staatlicher Behörden. Mehr noch, es gab auch Behinderungen unserer Arbeit. Doch wir lassen uns nicht irritieren und einschüchtern. "Wir sehen uns wieder auf der Straße! Gegen rassistische Hetze und Gewalt! Für ein solidarisches Miteinander!" So Tim Haller von der Initiative Rems-Murr nazifrei zu Ende der Demonstration.
Text/Fotos: Dieter Keller