Deutschland

seehofer 2013 Torsten Willms 20.09.2013: Es macht wenig Spaß, diese Landtagswahlen einzuschätzen. Wenigstens gab es zwei erfreuliche Ergebnisse: Die FDP ist mit 3,2 Prozent haushoch aus dem Landtag rausgeflogen. REPs und NPD bringen es nur auf ein bzw. 0,6 Prozent (die AfD kandidiert nur bei der Bundestagswahl). Selbst darüber ist aber die Freude begrenzt: Denn das ganz rechte Stimmenpotential ist auch bei der CSU gut aufgehoben. Schließlich hat Horst Seehofer mit seiner aberwitzigen Forderung nach einer PKW-Maut für Ausländer auch diese Klientel bedient. Nebenbei inszeniert er sich dadurch als Vorkämpfer Bayerns auch gegenüber der Bundes-CDU: „Mir san halt mir“. Und die Stimmenverluste der ohnehin gesichtslosen FDP, die nur temporär als Koalitionspartner benötigt wurde, kommen der CSU zugute.

Seit dem letzten Sonntag kann Horst Seehofer die seit 56 Jahren ununterbrochene Herrschaft seiner CSU entspannt fortsetzen. Er hat sogar 10 Sitze mehr, als zur absoluten Mehrheit nötig, da die Stimmen kleinerer Parteien wie der Linkspartei, der Piraten etc. wegen der 5-Prozent-Klausel unter den Tisch fallen. Und noch eine schlechte Botschaft: Die Partei Die Linke, zu deren Wahl die DKP aufgerufen hatte, schafft es wieder nicht in den Landtag.

Trotzdem gibt es auch etwas zu lachen: Ungeachtet der offenkundigen Häufung von Skandalen und Affären in und um die CSU-FDP-Regierung, gerade in diesen letzten Monaten, trotz offenkundigen Versagens in der Schulpolitik, in der Sozialpolitik, in der Flüchtlingsfrage etc. analysiert der blau-weiße „Sonnenkönig“ messerscharf vor den Mikrophonen des Bayrischen Rundfunks: „Transparenz und Konsequenz wird von der Bevölkerung honoriert.“ Angesichts von so viel Chuzpe bleibt einem die Spucke weg. Alteingesessene hingegen verweisen darauf, dass das ja genau die bewährte Methode von Strauß selig sei oder von dem Meisterdemagogen im benachbarten Italien: „Frechheit siegt“.

„Jeder zweite Bayer und jede zweite Bayerin hat uns gewählt,“ brüstet sich der Wahlsieger. Nein. Wieder hochgestapelt. 47.7 Prozent hat die CSU; 20,5 Prozent die SPD, die sich nur teilweise die Empörung über die Skandalbilanz der CSU-FDP-Regierung zunutze machen konnte. Auch dank des Zugpferdes Ude, des beliebten Oberbürgermeisters von München, konnte sie sich landesweit immerhin um 2 Prozent leicht verbessern; in Nürnberg und München verbuchte sie zum Teil beträchtlichen Stimmenzuwachs. Doch die Tatsache, dass die SPD in ganz Bayern nur ein einziges Direktmandat gewinnen konnte (in München-Milbertshofen), gibt einen Eindruck vom Kräfteverhältnis hierzulande.

Medialer Jubel herrscht über den Anstieg der Wahlbeteiligung gegenüber 2008 auf ca. 64 Prozent. Vergessen wird dabei, dass somit jeder dritte Wahlberechtigte der Wahl ferngeblieben ist. Auf eine Aufbruchs- und Wechselstimmung deutet dies nicht eben hin.
 
Auffällig ist die Rekordzahl an Brief-Wählern, - fast ein Viertel der Wählerschaft -, sicher wegen der (überdies kostspieligen) Terminierung auf zwei Wahlsonntage hintereinander. Bei den teilweise überforderten Behörden kam es zu Verwechslungen der Wahlscheine für Landtags- bzw. Bundestagswahl; auch zu verspäteter oder verschlampter Zustellung von Briefwahlunterlagen.

Die Bayern hatten übrigens nicht nur Parteien und Kandidaten für den Landtag und die Bezirke zu wählen. Sondern es wurden zeitgleich nicht weniger als fünf Volksabstimmungen durchgeführt, u.a. zur Schuldenbremse und zur Aufnahme der Ehrenamtlichkeit in die bayrische Verfassung. Folglich glich das Ganze mehr einem Lese- bzw. Stresstest für Wähler und Auszähler als einer seriösen Wahlentscheidung.
So viel Demokratie auf so viel Papierzetteln gleichzeitig hat man im Freistaat noch nicht erlebt. Was hätte wohl ein OECD-Wahlbeobachter dazu gesagt?

All das ändert wenig daran, dass die CSU triumphiert wie ein Schneekönig. So holte die bisherige Justizministerin Merk trotz ihres offenkundigen Versagens im Fall Mollath zum ersten Mal ein Direktmandat. Ähnlich der CSU- Bundestagsabgeordnete von Oberfranken namens Alexander König (!): Er war tief in die Verwandten-Affäre verwickelt und hatte sich  auch durch den Kauf einer 6000 Euro teuren Leica mit Steuergeldern blamiert. Federn musste er tatsächlich lassen, sein Direktmandat behielt er.

Die CSU scheint wieder fest im Sattel zu sitzen, nicht zuletzt dank ihres ebenso wendigen wie weithin populären Landesvorsitzenden. Doch Seehofers Bäume werden keineswegs in den Himmel wachsen. Man erinnere sich: Bei Wahlen vor dem mageren Wahljahr 2008 konnten sich die sogenannten Christsozialen regelmäßig auf satte 60 Prozent und mehr verlassen.  Heuer wurden also in erster Linie Stimmen im offen bürgerlichen Lager umverteilt. Die ewige Untote, die FDP, muss auf Leihstimmen hoffen, die dann den C-Parteien fehlen würden. Das kann ganz kurzweilig werden.     

Gar nicht komisch allerdings ist die Schwäche der Opposition und erst recht der Linken in diesem Bundesland. SPD,  Freie Wähler (9 Prozent) und Grüne (schwache 8,6 Prozent) konnten sich nicht auf ein Wahlbündnis verständigen. Die Freien Wähler eierten hin und her und verloren zur Strafe zwei Sitze. Einen echten Kurswechsel traute man den zwei früheren Agenda-Koalitionspartnern SPD und Grünen wohl auch nicht so ganz zu.

Und die Partei Die Linke? Wo immer sie lokal oder regional eine aktive Rolle spielt, nicht selten im Bündnis mit der DKP, kann sie durchaus ein paar Prozentpunkte mehr ergattern -  trotz des nach wie vor in Bayern besonders virulenten Antikommunismus, trotz Gesinnungsfragebogen und Beobachtung durch den Inlandsgeheimdienst. So kam die Linkspartei in Nürnberg, wo sie zusammen mit der DKP und Parteilosen im Stadtrat sitzt, auf insgesamt 4,3 Prozent.

2008 war die Linkspartei der 5-Prozent-Linie schon recht nahe gekommen, begünstigt durch eine Große Koalition in Berlin. Damals gab es noch nicht die Piratenpartei mit ihren knapp unter 2 Prozent. Nicht wenige von deren Proteststimmen fehlen jetzt der Linken. Hinzukommt: Viele „befürchteten offenbar, bei einer Wahl der LINKEN, ihre Stimme zu verschenken oder haben das Gerede von einem möglichen Wechsel geglaubt.“, schätzt die Partei Die Linke selbst ein.

Eine konsequent linke Opposition wird also weiterhin im bayrischen Landtag fehlen. och eine wirkliche Veränderung des Kräfteverhältnisses, raus aus der ungesunden „Mir-san-mir“-Verquickung von schwarzer Vetternwirtschaft, Repression und Konzerninteressen, würden wir ohnehin „nur erreichen, wenn wir uns zusammenschließen zu einem breiten außerparlamentarischen Bündnis aller fortschrittlichen Kräfte.“ (Wahlaufruf der DKP-Bezirke in Bayern).

Mit der nun per Zettelkreuzchen abgesegneten Schuldenbremse, die nur die Linkspartei abgelehnt hatte, ist außerdem ein herbes Spardiktat zu befürchten wie in Hessen und Baden-Württemberg. Ob die bayrischen Gewerkschaften dann endlich einmal die Kurve kriegen und auch mit Protestkampagnen auf der Straße Position beziehen werden? Jedenfalls: Noch ist  Bayern nicht verloren. Auch wenn Seehofer jetzt der Kamm schwillt - er wäre nicht der erste CSU-ler, der sich überschätzt hätte. Also auf zum zweiten Anlauf: Mit jedem Prozent mehr für die Linkspartei im Bundestag können die Linkskräfte wieder aufholen und an Schwung gewinnen  – auch und gerade in Bayern!

Text: Eva Petermann (aus der UZ vom 20.09.13)     Foto: Torsten Willms (Bezirksparteitag CSU Schwaben 2013)

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