01.10.2012: In der Bayerischen Landeshauptstadt wurde die Kundgebung vom Bündnis "München sozial" organisiert, dem mehr als 60 Organisationen angehören. Ob Mietmarkt, Altersarmut oder prekäre Beschäftigung - auch in einer wohlhabenden Metropole wie München sind soziale Ungleichheiten deutlich zu spüren. Die Hoffnung der Veranstalter, dass sich viele Münchnerinnen und Münchner trotz des Oktoberfests an der Veranstaltung im Zentrum der Stadt beteiligen, ging in Erfüllung. Aber nicht nur MünchnerInnen beteiligten sich an dem Protest, sondern auch zahlreiche TouristInnen, die ihren Weg zur Wiesn unterbrachen und zeitweise an der Kundgebung und dem Kulturprogramm teilnahmen.
Norbert J. Huber (Caritas und Sprecher des Bündnisses "München sozial") eröffnete die Kundgebung mit den Worten: "Wir wollen nicht, dass die öffentlichen und sozialen Leistungen verschlechtert und die große Mehrheit der Bevölkerung höher belastet wird. Stattdessen müssen übergroßer Reichtum und Finanzspekulation endlich besteuert werden. Es geht nicht nur um Geld, sondern auch um gelebte Solidarität in unserer Gesellschaft."
Zu den drei RednerInnen gehörte auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Ulrike Mascher. Sie verwies darauf, dass "sogar unter Kanzler Kohl, der gewiss nicht für Sozialromantik steht, der Spitzensteuersatz bei 53 Prozent gelegen hat - ohne dass Deutschlands Wirtschaft zusammengebrochen wäre. Heute liegt der Spitzensteuersatz nur noch bei 42 Prozent, 11 Prozent bekamen die Reichen geschenkt." Sie benannte vier zentrale Gebiete, in denen für eine soziale Zukunft investiert werden müsse: Altersarmut bekämpfen, mehr Geld in die Pflegeversicherung, mehr Geld für das Gesundheitswesen und für die Bildung.
Für den Münchner Mieterverein sprach dessen Vorsitzende Beatrix Zurek. Angesichts der Luxussanierungen in München forderte sie unter anderem, dass den Vermietern die Möglichkeit genommen werden müsse, die Mieter an den Kosten einer Modernisierung in Form von Mieterhöhungen zu beteiligen.
Der dritte Redner war Helmut Selinger vom isw, Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung. Er kritisierte in seiner Rede (Anlage) die dreifache Umverteilung, die die Reichen immer reicher macht: "Dieses reichste Zehntel besitzt privat mehr als das Doppelte von dem, was im Jahr 2011 in ganz Deutschland, mit seinen 82 Millionen Menschen, an neuen Werten, an Gütern und Dienstleistungen geschaffen wurde", sagte er. Und er verwies darauf: "Den Superreichen, dem obersten 1 Promille - das sind gerade mal 20.000 Haushalte - gehört fast ein Viertel dieses gesamten Privatvermögens. Diese ungeheuerliche private Vermögensanhäufung ist absurd, obszön und unanständig."
Er stellte die Frage: "Woher kommt eigentlich der Reichtum?" Seine Antwort: "Es ist im Grunde eine Binsenweisheit, an die man zur Klarheit heutzutage häufiger erinnern müsste, und die Karl Marx schon vor 150 Jahren betont hat: Es gibt nur zwei Quellen des Reichtums: Das ist zum einen die menschliche Arbeit und zum anderen die Natur. Es ist nämlich nicht das Geld, nicht das Kapital, nicht das Vermögen, das Werte schafft - sondern alle Werte gehen am Ende auf menschliche Arbeit und die Natur zurück." Unter großem Beifall rief er aus: "Wir wollen nicht vergessen, wer den Reichtum eigentlich schafft, das sind wir!" Deshalb sei UMfairTEILEN mehr als richtig und der "Einstieg in einen tieferen Wandel".
Text: lm Fotos: W. Rauch/ F.Schmid
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