Meinungen

Nato aufloesen11.02.2020: Fünf Herausforderungen für die Friedensbewegung: von Francis Wurtz (*) ++ Münchner Sicherheitskonferenz: Protest und Menschenkette 2020

Auszüge aus dem Impulsreferat von Francis Wurtz beim 26.Kasseler Friedensratschlag (7. und 8.12.2019)

 

 

 

 

"Wie ihr Alle bin ich davon überzeugt, dass es besonders in der jetzigen internationalen Lage unbedingt notwendig ist, unseren Freunden und Genossen so konkret wie möglich darzustellen, dass es, trotz aller Hindernisse, möglich ist, in den verschiedenen Bereichen des Friedenskampfes Fortschritte zu erzielen.

In diesem Sinne möchte Ich in meinem Beitrag fünf Herausforderungen hervorheben, die sehr wichtig für den Friedenskampf sind und ich möchte für jede von ihnen aus der Aktualität gezogene Argumente vorschlagen, die zu denken geben.

Die erste Herausforderung ist die notwendige Erweiterung des Kampfes gegen die NATO, um die Bedingungen zur Auflösung dieser illegitimen und gefährlichen Organisation zu schaffen. Dazu können uns die jüngsten Bemerkungen von Emmanuel Macron nützlich sein. In einem Interview in der berühmten britischen Zeitung »The Economist« vom 7. November sagte der französische Präsident: »Wir müssen die Bilanz der NATO ziehen. Was wir jetzt erleben ist für mich der Hirntod der NATO. Man muss klar sein.«

Was soll man davon Denken? Dass Macron für die Auflösung der NATO wäre? Leider nicht. Er sagt es selbst: »Die Vereinigten Staaten bleiben unser großer Verbündeter. Wir teilen die gleichen Werte.« Und er entwickelt eine ganze Argumentation für eine europäische Verteidigung »in Übereinstimmung mit der NATO«. Was er aber unbeabsichtigt den progressiven Kräften damit schenkt ist die Gelegenheit, die Debatte über den Anachronismus und die Gefährlichkeit dieses überlebten Instrumentes des kalten Krieges neu zu starten, ein Instrument das heute nur noch hilft, Spannungen auf unserem Kontinent zu schaffen, Krieg zu führen und auf die Militarisierung der internationalen Beziehungen zu drängen. Wie es das riesige Manöver »Defender 2o2o« in Ost-Europa zeigen wird.

In der Tat bricht diese Erklärung von Macron ein strategisches Tabu, indem sie Wahrheiten ausdrückt, die zwar bekannt sind, die aber bis jetzt in den offiziellen Reden über die europäische Sicherheit abwesend waren.

  • In einer Anspielung auf Donald Trump, der die Kurden in Nord-Syrien, die unsere Verbündete im Kampf gegen den »Islamischen Staat« sind, an Erdogan ausgeliefert hat, zeigte Macron zum Beispiel, dass Washington macht was es will ohne Rücksicht auf seine Verbündeten.
  • Im gleichen Sinne erwähnte er die Türkei, die trotz ihrer Mitgliedschaft der NATO, gegen Sicherheitsinteressen anderer Mitglieder handelt.
  • Dazu noch formuliert Macron eine Selbstverständlichkeit, die aber im Mund des Präsidenten eines der eminentesten Mitgliedstaaten der NATO nicht unwichtig ist: »Die NATO wurde gegen den Warschauer Pakt konzipiert (...) Also ist die Frage des heutiges Zwecks der NATO eine richtige Frage«. Er fügte noch hinzu: »Heute lautet die Gegenleistung zu dem geopolitischen Schirm der NATO: kauft in Amerika! Dafür hat Frankreich nicht unterschrieben!«

Die Kanzlerin sowie mehrere andere europäische Regierungschefs mögen weiterhin gegen diese Worte ihren Zorn ausdrücken, und Macron mag sogar selbst erklären, die NATO sei trotz alledem notwendig: es wird aber jetzt schwieriger sein, die Frage der Auflösung der NATO einfach wegzufegen. Es ist also der richtige Augenblick, um mit Nachdruck diese grundlegende Wahrheit zu wiederholen: was wir brauchen, um auf dem europäischen Kontinent dauerhaften Frieden zu gewährleisten, ist eine friedliche Kooperation - insbesondere im Bereich der Sicherheit - die alle Länder, unabhängig von der politischen Orientierung ihrer Regierung, einbezieht. Das muss besonders zwischen der EU und Russland der Fall sein!

Was wir auch immer von Putin denken: die Organisation einer kollektiven Sicherheit bleibt eine wichtige Pflicht. Und das ist mit nur unter einer Bedingung möglich: der Achtung des Grundsatzes der Unteilbarkeit der Sicherheit.

Das heißt, dass kein Staat eine Entscheidung für seine eigene Sicherheit trifft, die die Sicherheit anderer Staaten bedroht - und das ist genau der Grundsatz, wogegen die Vereinigten Staaten und die ganze NATO verstoßen, aber dessen Respekt Russland seit Jahren - weit vor dem Krieg in der Ukraine - vom Westen fordert."

 

Die weiteren Punkte, die Francis Wurtz in seinem Impulsreferat beim 26. Kasseler Friedensratschlag (7. und 8.12.2019) nennt, sind:

  • Der Kampf für das Verbot der Atomwaffen als eine der "wichtigsten Herausforderungen".
  • Der Widerstand gegen die »europäische Verteidigung« , für die "von Jahr zu Jahr eine Reihe von Maßnahmen getroffen wurden, deren Gefahr aber für die Mehrheit nicht offensichtlich war", und die immer weiter gehen. "Zwar ironisieren Einige, all das wäre nur eine »Papierarmee«, da es noch viel Zögern und viele Unstimmigkeiten zwischen den EU-Staaten gibt. Ich bin dagegen der Meinung, dass wir jetzt unbedingt darüber informieren und sofort Alarm auslösen sollen. Das Jahr 2020 könnte für mehrere dieser Pläne - unter anderem für das EU-Budget 2021-2027 - bestimmend sein."
  • Der Export von Waffen und das Wettrüsten: Was angesichts der in Deutschland geführten Debatte um Rüstungsexporte zu wenig bekannt ist: Die deutsche Politik verzichtet auf die Blockade von Rüstungsexporten, wenn der in Deutschland produzierte Anteil unter 20% liegt. Dieses ist vor allem ein Zugeständnis an Frankreich und auch unabdingbar für gemeinsam geplante Rüstungsprojekte, die nur mit großen Stückzahlen, d.h. eigener Aufrüstung plus Waffenexporte zu stemmen sind.
    Erwähnt werden muss dabei auch: Die Türkei führt mit deutschen Panzern Krieg gegen die Kurden.
  • Militärische Interventionen europäischer Länder, insbesondere in Afrika.

Abschließend forderte Francis Wurtz eine anderes Verhalten gegenüber Migrant*innen:

"Ein friedliches Europa kann nicht tolerieren, dass das Mittelmeer ein Flüchtlingsfriedhof ist! Ein friedliches Europa braucht ein neues Recht, dass den Migranten einen würdigen Platz in der Gesellschaft sichert.
Ein friedliches Europa muss eine internationale Aktion für eine menschliche Regulierung der Migrationen und - allgemeiner - für die Anerkennung des Rechts auf Mobilität in der heutigen Welt durchführen.
Im gleichen Sinne wäre es die Ehre eines friedlichen Europas, für anhaltende Konflikte wie im Nahen Osten zu vermitteln oder so breite politische Koalitionen wie möglich zu bilden, um für die Einhaltung des internationalen Rechtes der UNO zu sorgen.
Und endlich brauchen wir eine permanente Förderung einer Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit. Das heißt Mobilisierung gegen Rassismus, Antisemitismus, Xenophobie, Homophobie und jede Form von Intoleranz, besonders Gewalt gegen Frauen.
Das heißt auch Verpflichtung für eine nachhaltige, ökologische Entwicklung. Und das heißt Ausschluss der Aggressivität, der Provokation, der Demütigung aus den internationalen Beziehungen."

(*) Francis Wurtz gehörte von 1979 bis 2009 als Abgeordneter der Französischen Kommunistischen Partei (PCF) dem EU-Parlament an und war von 1999 bis zu seinem Ausscheiden 2009 Vorsitzender der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL).

Münchner Sicherheitskonferenz: Protest und Menschenkette 2020

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