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Brasil Amtsuebergabe 2019 01 0116.01.2019: Internationale Finanzmärkte von neuer Regierung begeistert ++ Forbes Magazine: "weltweit bester Aktienmarkt" ++ das Gruselkabinett des Jair Bolsonaro ++ ein Schlag für Demokratie und den Klimaschutz

Die Faszination des neuen Präsidenten Brasiliens für die Militärdiktatur, die Zusammensetzung seines Kabinetts und die ersten Amtshandlungen begeistern die internationalen Finanzinvestoren und Banken. Seit dem Amtsantritt der Regierung von Jair Bolsonaro sei eine "positive Geschäftsstimmung" zu verzeichnen, schreibt das us-amerikanische Forbes Magazine. "Brasilien ist auf dem besten Weg, in diesem Quartal, wenn nicht gar in der ersten Jahreshälfte 2019, der weltweite erfolgreichste Aktienmarkt zu werden", heißt es in dem Artikel, der sich auf eine Analyse von Fitch Solutions stützt. (Brazil Is The Best Stock Market In The World Right Now, 8.1.2019).

Weiter heißt es: "Die Investoren hoffen, dass der 'Trump of the Tropics' die brasilianische Wirtschaft liberalisieren und ihr kostspieliges Rentensystem reformieren wird".  Allerdings würde ein "mangelnder Fortschritt" bei der Rentenreform, die die Altersversorgung weitgehend privatisieren soll, "das Vertrauen der Investoren schwächen", warnt das Sprachrohr der Finanzmärkte vorsorglich.

Doch Bolsonaro tut alles, um das "Vertrauen der Investoren" zu erhalten.

Das Gruselkabinett

Sein Kabinett ist eine Ansammlung der reaktionärsten und neoliberalsten Kräfte der brasilianischen Politik und Gesellschaft. Sein Kabinett umfasst 22 Minister, darunter nur zwei Frauen und kein Afro-Brasilianer sowie kein Indigena, aber dafür ein halbes Dutzend Militärs, darunter drei Generäle.

Das eigenständige Arbeitsministerium hat Bolsonaro aufgelöst, die Aufgaben an drei verschiedene Ministerien verteilt. Das Kulturministerium ist nur noch eine Abteilung im neu geschaffene "Ministerium für Bürgerschaft" (Ministerio da Cidadania).

Der stramme Antikommunist Ernesto Araújo, der der Ansicht ist, der Klimawandel sei Teil eines Netzes "kultureller Marxisten", um die westlichen Volkswirtschaften zu ersticken und Chinas Wachstum zu fördern, ist Außenminister. Er will aus dem UN-Migrationspakt und dem Pariser Klimaabkommen aussteigen. Er bewundert die Politik von Donald Trump und des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu, und ist voller Lob für die Rechtsregierungen in Italien, Ungarn und Polen. Wie Bolsonaro zeigt er sich offen für eine Militärbasis der US-Streitkräfte in Brasilien.

Zur Ministerin für Frauen, Familie und Menschenrechte wurde die erzkonservative, evangelikale Pastorin Damares Alves ernannt. Die radikale Abtreibungsgegnerin erklärte nach ihrer Nominierung: "Der Moment ist gekommen, in der die Kirche regiert."

Ex-General Augusto Heleno ist Minister für Staatssicherheit, ein Posten der von der Regierung von Dilma Rousseff abgeschafft worden war. General Fernando Azevedo e Silva wurde zum Verteidigungsminister ernannt, der Marine-Leutnant Bento Albuquerque Junior zum Minister für Energie und Bergbau, der Luftwaffen-Leutnant Marcos Pontes zum Minister für Forschung und Technologie. Der ehemaliger Professor einer Militärhochschule, Ricardo Vélez Rodríguez, wurde zum Bildungsminister ernannt. "Eines der Ziele ist es, Brasiliens Ranking für Bildung zu verbessern und den marxistischen Dreck zu bekämpfen, der sich im Bildungssystem breitgemacht hat", gibt ihm Bolsonaro vor. Wobei er die sexuelle Aufklärung oder Gesellschaftsunterricht im Sekundarbereich zum "marxistischen Dreck" zählt.

Neuer Minister für Justiz und öffentliche Sicherheit ist Sérgio Moro. Moro hatte als Ermittlungsrichter den früheren Präsidenten Lula da Silva von der Arbeiterpartei auf Basis konstruierter Anklagen verurteilt und so den Favoriten von der Wahl ausgeschlossen.

Unmittelbar nach Antritt der neuen Regierung wurde damit begonnen, im großen Stil Andersdenkende aus Brasiliens Staatsapparat zu entfernen. Alle Posten und Mitarbeiter werden überprüft. Staatsbediensteten, die von der "patriotischen" und ultrarechten neuen Linie abweichen, droht die Entlassung. In Vorbereitung ist ein Anti-Terror-Gesetz, durch das soziale Proteste pauschal als terroristische Akte eingestuft werden können.

Manuela D’Avila: "Bolsonaro ist faschistisch, die Welt-Linke hat die Aufgabe, die Demokratie zu verteidigen."

Bolsonaro in Brasilien, Salvini in Italien, Trump in den USA vertreten das »Votum des Bruchs« mit dem System, aber sind sie Ihrer Meinung nach nicht das gleiche Gesicht der Austerität?

Manuela dAvila 1Manuela D’Avila: Es genügt, ihre enge Beziehung zu den Oligarchien zu sehen, um zu verstehen, dass sie einfach das neue Gesicht des Kapitalismus sind, eines räuberischen Kapitalismus, der demokratische Institutionen als Hindernis sieht. Der Autoritarismus triumphiert nun in Brasilien. "Meine Flagge wird nicht rot sein, sondern die Brasiliens", lautete Bolsonaros Slogan im Wahlkampf und öffnete den Weg zum radikalsten Nationalismus. In Wahrheit nutzt er den symbolischen Wert der Flagge nicht für einen Geist der Emanzipation, sondern um sich an die us-amerikanische Herrschaft zu binden. Er privatisiert und verkauft das Land an die Nordamerikaner - das ist kein Mann, der mit dem Establishment bricht.

Bolsonaro, Trump, Le Pen, Orban: Der braune Wind weht immer stärker. Was ist in der Welt los?

Manuela D’Avila: Wir treten in eine neue kapitalistische Phase ein, und die Verteidigung der Demokratie muss einer der Kämpfe der neuen Welt-Linken sein. In Brasilien zum Beispiel müssen wir die Demokratie stärken, um die Würde des Menschen zu gewährleisten und die Verfassung von 1988 zu schützen. Aber wir müssen den Bürger*innen auch klar machen, dass Rechte im Interesse aller liegen und dass Bolsonaro uns zu einer US-Kolonie machen wird. Gegen den voranschreitenden braunen Populismus müssen wir den Kampf aufnehmen und Formen der politischen Partizipation ausbauen. Ziel ist es, die Menschen zu vereinen, nicht nur die Linke: Wir haben den Willen und die Verpflichtung, Demokratie und Rechte zu bewahren.

Auszug aus einem Interview mit Manuela D’Avila (PCdoB), Vizepräsidentschaftskandidatin der linken Koalition zur Präsidentschaftswahl in Brasilien
Quelle: http://www.rifondazione.it

     

 

Chicago Boy ...

Eine Schlüsselrolle für die internationalen Finanzmärkte nimmt der Investmentbanker Paulo Guedes als Wirtschaftsminister ein. Guedes wirkte zur Zeit der Diktatur von Augusto Pinochet als Dozent in Chile, seine Pläne ähneln der Wirtschaftspolitik der chilenischen Militärdiktatur. Der "Chicago Boy" will die neoliberale Politik der Vorgängerregierung von Michel Temer radikalisieren: soziale Investitionen kürzen, staatliche Betriebe und soziale Sicherung privatisieren, Rechte von Arbeiter*innen abbauen. So soll z.B. die eigenständige Arbeitsgerichtsbarkeit abgeschafft werden.

.. und Agroindustrie ..

Der zweite große Bereich, der auf das Wohlgefallen der internationalen Finanzmärkte stößt, ist der Vorrang der Rohstoff- und Agrarindustrie vor der Umwelt.

Ricardo Salles von der Bewegung "Endireita Brasil" (Rechtsruck Brasilien) setzt als neuer Umweltminister die Vorgabe von Bolsonaro um: "Wir werden keinen Quadratzentimeter mehr Land für die Indigenen auszeichnen", diese Zeit sei vorbei. Dazu passt Landwirtschaftsministerin Tereza Christina, die zur mächtigen Agrar-Lobby der Großgrundbesitzer zählt und zu den Hauptbefürwortern einer neuen Regelung gehört, die die Zulassung von Pestiziden im Land lockern will. Die Lobbyistin der Großagrarier ist auch für die Indigenenschutzgebiete zuständig, die bisher dem Justizministerium unterstanden. Das macht es indigenen Völkern beinahe unmöglich, dass ihre Gebiete geschützt bleiben.

.. gegen Demokratie und Umwelt

Dieser Richtungswechsel erfreut zwar die Investoren, bringt aber auch den internationalen Klimaschutz in Gefahr, da sich die indigenen Gemeinschaften Brasiliens traditionell als "Hüter des Waldes" verstehen und Widerstand gegen die großflächige Abholzung leisten. Dabei kommt Brasilien im Kampf gegen den Klimawandel eine wichtige Rolle zu, da das Amazonasgebiet als CO2-Speicher von globaler Bedeutung ist. Doch die Abholzung des Regenwalds hat zwischen 2017 und 2018 den höchsten Stand seit zehn Jahren erreicht und künftig werden noch mehr Kettensägen heulen. Er werde mit dem "Öko-Aktivismus" Schluss machen, der die Produktion behindere, hat Bolsonaro angekündigt.

Mit dem Regierungsantritt von Bolsonaro wird deutlich, dass für die brasilianische Elite und das internationale Großkapital die Demokratie und die Umwelt ein leicht zu zahlender Preis ist, wenn die Interessen des "Marktes" gefährdet sind. Das Ergebnis ist eine Katastrophe, nicht nur für Brasilien, sondern auch für den Planeten.

 


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