Wirtschaft

Ford Dont touch my job31.01.2019: Ford plant großen Konzernumbau ++ Kostensenkung und Einstellung von Modellen ++ Tausende Arbeitsplätze stehen im Feuer ++ DKP Saarland fordert Erhalt der Arbeitsplätze durch Entwicklung alternativer Produktion und einen radikalen Politikwechsel mit einem Umbaukonzept für die Automobilindustrie

"Extrem unzufrieden" sei er mit den Leistungen seines Unternehmens in Europa, erklärte Ford-Boss Jim Hackett im Herbst vergangenen Jahres und kündigte eine "aggressive Kostensenkung" an. "Unser europäisches Geschäft erfordert ein umfassendes Redesign, um unser Ziel einer Ebit-Marge von sechs Prozent zu erreichen", sekundierte die deutsche Ford-Zentrale in Köln. Ford werde sich stärker auf das Geschäft mit Nutzfahrzeugen konzentrieren und sein Angebot an SUV-Modellen ausbauen. Doch keines dieser Modelle wird in Deutschland gebaut.

"Die Entwicklungs- und Produktionspläne zeigen nichts, was über die aktuellen Fiesta- und Focus-Modelle hinausweisen würde", kritisiert der Betriebsvorsitzende Martin Hennig in "IG Metall@Ford".

An den beiden Hauptstandorten in Köln und Saarlouis sind mehr als 20.000 Menschen beschäftigt. In Saarlouis werden der neue Focus und der Kompaktvan C-Max produziert. Beide Modelle werden von Ford-Finanzchef Bob Shanks ausdrücklich als Beispiel für unterdurchschnittliche Fahrzeuge genannt.

Die Beschäftigten sind alarmiert. Denn in der Vergangenheit hat Ford brutal reagiert: Im Jahr 2013 hat der US-Autohersteller zwei kleinere Werke in Großbritannien geschlossen, Ende 2014 machte Ford sein Werk im belgischen Genk dicht. Insgesamt verloren damals 5.800 Ford-Beschäftigte ihre Jobs.

 

Ford SaarlouisAls Einstieg in das Kostensenkungsprogramm verlangt Gunnar Herrmann, Chef von Ford-Deutschland, dass in Saarlouis eine komplette Schicht gestrichen wird. Statt rund um die Uhr im Drei-Schicht-Betrieb soll das Werk nur noch in zwei Schichten laufen. Die Fertigung des C-Max soll eingestellt werden. 1.600 Arbeitsplätze von insgesamt 6.300 fallen damit weg. Nur unter diesen Bedingungen sei das Werk in Saarlouis "zunächst bis 2024 gesichert", verlautbart das Ford-Management. Nach 2024 soll sich zeigen, welches Modell zur Fertigung nach Saarlouis geholt werden kann.

"Mit dieser Strategie steigert Ford den Druck auf die Werke und heizt die Standortkonkurrenz im Unternehmen weiter an. Was letztlich an Ford-Produktion in Europa übrigbleibt ist offen", heißt es in einer Erklärung der DKP Saarland (hier im Wortlaut). Und weiter: "Die Landesregierung hat kein Konzept, mit dem sie diesen Gefahren wirksam begegnen und der drohenden De-Industrialisierung des Landes entgegentreten will. Das ist eine wirtschaftspolitische Bankrotterklärung. Wenn weiter blind auf die Selbstheilungskräfte des Marktes vertraut wird, wenn nicht politisch gegengesteuert wird, kommt die saarländische Automobilindustrie in einen bedrohlichen Zangengriff von Krise der Verbrennungsmotorentechnik und der Digitalisierung."

Die DKP Saarland fordert u.a.

  • keine Entlassungen
  • Entwicklung alternativer Produktion unter Mitbestimmung von Belegschaft und Gewerkschaft.
  • Umbaukonzept für die auf Verbrennungsmotoren ausgerichtete Automobilindustrie unter Berücksichtigung der sozialen Interessen der Belegschaften

 

1.600 Arbeitsplätze bei Ford Saarlouis bedroht

Ford kündigt drastische Einschnitte an: Die Umstellung von Drei- auf Zwei-Schicht-Betrieb und das Ende der C-Max-Fertigung in Saarlouis. Dadurch sind 1.600 der 6.300 Arbeitsplätze in Saarlouis bedroht, eine bestehende Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungsgarantie wird damit gebrochen. Und zu diesen Einschnitten und dem Vertragsbruch fordert Gunnar Herrmann, Chef von Ford-Deutschland, die Zustimmung der Belegschaften; nur unter diesen Bedingungen sei das Werk in Saarlouis "zunächst bis 2024 gesichert". Nach 2024 soll sich zeigen, welches Modell zur Fertigung nach Saarlouis geholt werden kann. Das ist Erpressung.

Mit einer langfristigen Strategie und Zukunftssicherung für das Werk und die Beschäftigten hat das nichts zu tun. Die Zukunftssorgen und die wachsenden Ängste in der Belegschaft sind damit nicht beseitigt.

Mit ihrer Europa-Strategie fährt die "Ford Motor Company" einen knallharten Kurs gegen die Belegschaften.

Während das Geschäft in den USA rückläufig ist, wächst der Absatz auf dem deutschen Markt seit sechs Jahren in Folge. Dennoch will der Ford-Konzern die Standort- und Arbeitsplatzvernichtung in Europa durchziehen. Laut Herrmann stehen überall Kosten, die mit den Arbeitenden verbunden sind, auf dem Prüfstand: Überstunden, Wochenendarbeit, Freischichten usw.. Vor einigen Jahren wurde gegen einen breiten Widerstand das Werk in Genk (Belgien) stillgelegt. Mitte 2019 will der Konzern in Frankreich das Werk in Blanquefort und ein Werk in England komplett dicht machen.

Mit dieser Strategie steigert Ford den Druck auf die Werke und heizt die Standortkonkurrenz im Unternehmen weiter an. Was letztlich an Ford-Produktion in Europa übrigbleibt ist offen.

Die weltweite Überproduktionskrise wirkt und schlägt sich auf längere Zeit betrachtet in den Umsatzzahlen der Autokonzerne nieder. Dafür gibt es auch strukturelle Ursachen. Lange Zeit haben die Autokonzerne die Herausforderung, Alternativen zum Verbrennungsmotor zu entwickeln und einzuführen, bewusst ignoriert. Mit Manipulationen und Tricks wurde die Einhaltung gesetzlicher Normen umgangen und Kunden betrogen. Für die Chefetagen und die Anteilseigner der Automobilkonzerne gilt nur der kurzfristige Profit, was durch die Selbstbedienungsmentalität der Manager und Aktionäre noch unterlegt wird.

In allen Auseinandersetzungen zwischen Kapital und Arbeit in letzter Zeit – bei Ford, ehemals Neue Halberg Guss, Beckinger Schraubenfabrik u.a. – zeigt sich der Systemwiderspruch: Für den höchstmöglichen Profit tun Konzerne und Kapitaleigner alles, für die Arbeit, die sozialen und ökologischen Bedürfnisse bzw. Erfordernisse übernehmen sie keine Verantwortung.

Wie so oft sollen die Beschäftigten, die Arbeitenden die Zeche zahlen.

Solidarität im Kampf um die Arbeitsplätze

Was tut die Belegschaft und die Gewerkschaft in dieser Situation? Die Fragen, die sich mit dem notwendigen Umbau der Automobilindustrie für die Unternehmen aber auch für die Belegschaften stellen, sind mit dem bisherigen „Standortdenken“ nicht mehr zu beantworten. Es sind umfassendere Antworten erforderlich, die nur mit einem erheblichen größeren Druck auf die Konzernzentralen, die Anteilseigner und die politisch Verantwortlichen zum Tragen kommen können.

Die DKP Saarland fordert:

  • keine Entlassungen
  • Einhaltung der Betriebsvereinbarung zur Beschäftigungssicherung
  • Entwicklung alternativer Produktion unter Mitbestimmung von Belegschaft und Gewerkschaft.

Die Automobilkrise hat das Saarland schneller als befürchtet erreicht.

Sie ist Teil einer umfassenderen Wirtschaftskrise. Dramatisch zeigt sich jetzt, wie die einseitige Abhängigkeit von der Automobilindustrie zum sozialen Problem Nr. 1 im Saarland wird. Über 50.000 Beschäftigte finden derzeit in diesem Wirtschaftszweig Lohn und Brot. Es ist bekannt, dass von einem Automobilarbeitsplatz mindestens zwei weitere im Zulieferbereich abhängen. Die Streichung von 1.600 Stellen im Ford-Werk bringt viele weitere in Gefahr.

Das müssten Alarmzeichen für die Groko im Saarland genug sein. Darüber hinaus zeigt das Krisenszenario bei Ford dramatisch, dass die geplante Umsetzung der Elektromobilität mit den entsprechenden Produktionslinien am Saarland vorbei zu gehen droht.

Die Landesregierung hat kein Konzept, mit dem sie diesen Gefahren wirksam begegnen und der drohenden Deindustrialisierung des Landes entgegentreten will. Das ist eine wirtschaftspolitische Bankrotterklärung. Wenn weiter blind auf die Selbstheilungskräfte des Marktes vertraut wird, wenn nicht politisch gegengesteuert wird, kommt die saarländische Automobilindustrie in einen bedrohlichen Zangengriff von Krise der Verbrennungsmotorentechnik und der Digitalisierung.

Gerade geringer qualifizierten Beschäftigten droht das Aus auf dem Arbeitsmarkt, weil sie auf dem wachsenden IT-Sektor nicht eingesetzt werden können. Ihnen bleibt nur, sich wie tausende andere um neue schlecht entlohnte Dienstleistungsjobs zu bewerben. Damit steht nicht nur das Zukunftsinteresse einzelner Beschäftigter sondern die des gesamten Saarlandes auf dem Spiel.

Wir fordern einen radikalen Politikwechsel, der u. a. beinhalten muss:

  • Umbaukonzept für die auf Verbrennungsmotoren ausgerichtete Automobilindustrie unter Berücksichtigung der sozialen Interessen der Belegschaften
  • Bundesratsinitiative für ein gesetzliches Verbot von Entlassungen in Konzernen, die hohe Gewinne erzielen, und zur Verhinderung von Firmenübernahmen durch Heuschrecken wie Prevent oder Whitesell
  • Durchsetzung erweiterter Betriebsratsrechte, z. B. das Recht auf Widerspruch gegen Entlassungen und gegen Betriebsübernahmen durch sog. Investoren.

Fred Herger, Arbeitskreis Betrieb und Gewerkschaft der DKP Saarland