Wirtschaft

Sylt_Streik_Nordseeklinik_170812_PHeldt220.08.2012: An der Nordseeklinik in Westerland auf Sylt haben die Beschäftigten am 17.8. wieder die Arbeit niedergelegt. Nach Angaben von ver.di ist das der 19. Streiktag seit Anfang Juli. Die Gewerkschaft wirft dem Betreiber Asklepios vor, sich Gesprächen über einen neuen Tarifvertrag zu verweigern, der stattdessen erpresserisch mit der Klinikschließung droht und Streikbrecher mit üppigen Prämien ködert. Asklepios lockt die Streikbrecher mit freier Kost und Logis, zahlt die Reise nach Sylt und zudem eine "Prämie" von 200 Euro pro Tag. Die Beschäftigten der Sylter Nordsee-Klinik wollen trotz der Schließungsdrohung im Tarifstreit nicht klein beigeben. Ihre Streikstimmung ist ungebrochen, was eine ihrer Losungen auf friesisch zum Ausdruck bringt: "Lever Tarif us Slav (Lieber Tarif als Sklave)".

Ver.di hatte die Pflege- und Servicekräfte aufgerufen, die Arbeit niederzulegen um ihrer Lohnforderung Nachdruck zu verleihen und Asklepios endlich an den Verhandlungstisch zu zwingen. Auch auf Sylt will ein Klinikkonzern – wie auch der Helios- Konzern-  die Servicekräfte für Reinigung und Essen ausgliedern. Den Pflege-Fachkräften hingegen will Asklepios eine widerrufliche Zulage von 3,5. Prozent gewähren. Die Gewerkschaft fordert stattdessen 14,5 Prozent mit der Begründung, dass die Beschäftigten zahlreiche Nullrunden hinter sich haben.

Sylt_Streik_Nordseeklinik_170812_PHeldtRund 200 Menschen zogen am 17.8. in einem Demonstrationszug mit  Trillerpfeifen bewaffnet durch die Westerländer City. Sie fordern eine kräftige Lohnerhöhung, weil sie weniger als die Klinikbeschäftigten auf dem Festland verdienen. Einige müssen sogar noch einen Zweitjob annehmen, damit sie mit ihren Familien auf Sylt über die Runden kommen. Und sie wollen auch die Arbeitsbedingungen tarifvertraglich geregelt wissen, denn es kann nicht angehen, dass bei gleicher Ausbildung und gleicher Tätigkeit unterschiedliche Bezahlung geleistet wird.

Seit Januar ziehen sich die Tarifverhandlungen hin, seit 3 Wochen sind die ver.di-KollegInnen nun schon im Arbeitskampf. Viele Urlauber, Patienten und Einheimische unterstützen die Mitarbeiter der Nordseeklinik. Und auch von der Ärzteschaft der Asklepios Nordseeklinik kam ein solidarischer Gruß an die Streikenden.

„Ein Klinikbetreiber, der eine Einrichtung lieber schließt, anstatt in seine Fachleute und Qualität zu investieren, handelt verantwortungslos und ist zum Betrieb dieses sensiblen Geschäfts nicht geeignet“, sagt Vorstandsmitglied Ellen Paschke vom ver.di-Bundesvorstand. Paschke erinnert an den jüngsten, hart geführten Tarifstreit an den Damp Kliniken (Helios-Konzern) und mahnte Asklepios, an den Verhandlungstisch zu kommen. Und Gabriele Wegner, Abteilungsleiterin Sozialpolitik beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Nord: „Dass unterbezahlte Arbeitnehmer auf der teuersten Insel Deutschlands von einem schwerreichen Klinikkonzern mit der Keule des drohenden Arbeitsplatzverlustes abgeschmettert werden, wirft ein Licht auf die Profitgier der Großverdiener in der Gesundheitsbranche.“

Die Asklepios-Gruppe (benannt nach dem griechischen Gott der Heilkunst ) ist mit über 100 Kliniken mit 18.500 Betten und rund 44.500 Mitarbeitern einer der größten Klinikbetreiber in Deutschland und Europa. Der Jahresumsatz beläuft sich auf rund 2,5 Milliarden Euro (ca. 4 % Marktanteil am Gesamtumsatz der Gesundheitswirtschaft).

Fakt ist, dass der Arbeitskampf auf Sylt in Schleswig-Holstein kein Einzelfall ist. Vor den Sommerferien hatte der Mehrheitseigner der Klinikgruppe Damp, der Klinikkonzern Helios, im laufenden Tarifkampf rund 1000 Mitarbeitern in Schleswig-Holstein gekündigt und damit bundesweit einen Proteststurm ausgelöst. Erst nach einer Großdemo in Kiel revidierte Helios seine Entscheidung. Kaum war der Konflikt bei Damp beigelegt, ging das Helios-Management bei seinem Tochterunternehmen HSN in Mecklenburg-Vorpommern auf Konfrontationskurs. Unmittelbar nach einem ersten Warnstreik zur Durchsetzung eines Tarifvertrags kündigte die Konzernspitze an, die HSN binnen weniger Wochen in fünf separate Gesellschaften zu zerlegen. Daraufhin riefen ver.di und IG BAU die Beschäftigten von HSN  ab dieser Woche zum Streik auf.

Die Botschaft der norddeutschen Beschäftigten an die Gesundheitskonzerne Asklepios und Helios lautet: Wer Wind sät, wird Sturm ernten.

Text: gst    Fotos: Perke Heldt