Wirtschaft

4_parteien_logo08.06.2012: Die Kommunistische Partei Luxemburgs, die Neue Kommunistische Partei der Niederlande, die Partei der Arbeit Belgiens und die Deutsche Kommunistische Partei riefen mit einer gemeinsamen Erklärung am 29. Mai in Lüttich dazu auf, die Verabschiedung der sogenannten “Monti-II-Verordnung” der Europäischen Kommission zu stoppen. Diese hat das Ziel, Streiks gegen Lohn- und Sozialdumping in Transnationalen Konzernen zu erschweren oder gar zu verhindern.

Während sich Arbeitende, Rentner und Jugendliche vieler EU-Ländern gegen Sparprogramme, Entlassungen, schlechtere Arbeitsbedingungen und Lohnkürzungen wehren, versuchen die Regierungen und die EU-Kommission im Interesse der Konzernherren diesen Widerstand einzudämmen. Mit “Monti-II” soll die Praxis geschützt werden, Arbeitende aus Niedriglohnländern der EU in anderen Ländern zu ihren heimatlichen Billiglöhnen, oft weit unter dem Niveau ihrer einheimischen Kollegen, zu beschäftigen. Ein Streik hiergegen müsse “proportional” zum zu erreichenden Ziel sein, und der “Vorteil” der Streikenden immer gegen den wirtschaftlichen Nachteil und das (wie auch immer definierte) öffentliche Interesse abgewogen werden. Sähen sich Konzerne in ihrer wirtschaftlichen Freiheit als “zu viel begrenzt”, könnten sie europäische Gerichte zwecks Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Streiks anrufen. Nationale Instanzen wären bei diesem Verfahren völlig einflußlos.

Die Verordnung würde die Vicking- und Laval-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs bestätigen. In diesen Fällen ersetzten ein schwedischer Baukonzern einheimische Arbeiter durch lettische bzw. eine finnische Reederei Schiffsbesatzungen durch estnische Matrosen zu den Tarifbedingungen ihrer Heimatländer, um die schwedischen bzw. finnischen Tarifverträge zu unterlaufen. In beiden Fällen wurden die zu Streiks hiergegen aufrufenden Gewerkschaften zu Entschädigungszahlungen verurteilt.

Der Artikel 2 des Verordnungsentwurfes legt fest, daß das Streikrecht, ein fundamentales Menschenrecht, keinen Vorrang haben soll vor der wirtschaftlichen Freiheit, sprich Profitinteressen. Zwar soll “Monti-II” nur für grenzüberschreitende Streiks gelten, aber wenn sich das Prinzip durchsetzen würde, Streikrecht und die Marktfreiheit gegeneinander abzuwägen, hätte das bald Auswirkungen auf nationale Kämpfe. Das Vorhaben stellt einen weiteren Versuch dar, den Widerstand gegen drakonische Sparpakete und den Abbau demokratischer und sozialer Rechte in Europa entscheidend zu schwächen. Das geht europaweit einher mit unternehmergesteuerten antigewerkschaftlichen Kampagnen, zunehmender Polizeigewalt gegen Streikende und Demonstrierende bis hin zum Einsatz privater Schlägertrupps wie beim Automobilzulieferer Meister in Belgien. Die Rechte der Lohnabhängigen sind Ergebnisse oft harter Kämpfe. Ohne Streiks würden vielleicht heute noch Kinder in Bergwerken arbeiten, gäbe es keinen bezahlten Urlaub und noch mehr Menschen müßten in alter und neuer Armut leben.

Die vier Parteien aus Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden fordern, daß sich Regierungen und Parlamente ihrer Länder allesamt der Verordnung energisch widersetzen. Sie werden sich überall dafür einsetzen, das Streikrecht zu verteidigen und vollständig durchzusetzen und die Gewerkschaften in ihrem gerechten Kampf zu stärken. Sie unterstützen den Widerstand der Gewerkschaften in den EU-Ländern gegen von den nationalen Regierungen und der Europäischen Union auferlegte Sparmaßnahmen, Entlassungen, die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, Lohnkürzungen und Sozialabbau.

Mittlerweile ist bekannt, daß nationale Parlamente aus 12 EU-Ländern Vorbehalte gegen den Verordnungsentwurf geltend machten, darunter die der Benelux-Länder, nicht aber Deutschlands.

Text: Volker Metzroth