Wirtschaft

24.11.2010: „Neben der Bündelung der gewerkschaftlichen Mobilisierungsmöglichkeiten ist eine verstärkte Zusammenführung der Protestpotentiale von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen notwendig. Um schlagkräftiger gegen die Krisenfolgen und andere unsozialen Beschlüsse von Kabinett und Kapital vorgehen zu können, ist dies die zweite Schlussfolgerung aus dem Verlauf der Aktionswochen und anderer Protestbewegungen in diesem Herbst! Um zu dieser Bündelung der bisher getrennt agierenden Kräfte beizutragen, ist der weitere Aufbau breiter örtlicher Krisenprotestbündnisse anzugehen.“ Zu dieser Einschätzung kommt die Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken in ihrem Netzwerk-Info-Extra zu den Herbstaktionen.

„Die Herbstproteste 2010 der Gewerkschaften und sozialen Bewegungen war seit Ausbruch der Krise die bisher größte Protestwelle in Deutschland“. Eine Ursache dafür, dass die die Proteste in Deutschland nicht die Dimensionen und die Dynamik wie in anderen europäischen Ländern erreicht haben, wird darin gesehen, dass die Glaubwürdigkeit der Gewerkschaften in Deutschland sehr gelitten hat, da die sozialen Proteste und die Tarifbewegungen der letzten Jahre nicht erfolgreich und nicht von Nachhaltigkeit geprägt waren. „Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen hoffen viele KollegInnen nicht mehr darauf - und trauen den Gewerkschaftsführungen dies auch nicht mehr zu – dass diese mit allen gewerkschaftlichen Mitteln versuchen, massive Verschlechterungen zu verhindern. Es ist deshalb schwieriger geworden, Belegschaften für überbetriebliche politische Aktionen zu gewinnen und zu mobilisieren. Diese Entwicklung muss durchbrochen werden. Entschiedenes qualitatives und quantitatives Nachlegen bei Widerstand und Mobilisierung ist nötig, um Vertrauen und Kampfkraft zurückzugewinnen.“

Die Bewegung gegen Stuttgart 21 zeigt, dass an der Gewerkschaftsbasis ein Zusammenwachsen der verschiedenen Protestbewegungen bereits praktiziert wird. Diese Bewegungen werden ernster genommen, weil sie größere Glaubwürdigkeit ausstrahlen, dass sie ihr Ziel erreichen wollen und sich dafür nachhaltig, kreativ und mit kämpferischen Aktionen des zivilen Ungehorsams einsetzen. Bei der großen DGB-Kundgebung am 13.11.2010 in Stuttgart haben sich auch tausende von S21-Gegnern eingereiht und über 10.000 GewerkschafterInnen haben nach Abschluss der DGB-Kundgebung an der Kundgebung gegen Stuttgart 21 teilgenommen. Dort hat Bernd Riexinger, Geschäftsführer ver.di Stuttgart , seine Rede mit den Worten eröffnet: „ Es freut mich sehr, dass eine Verbindung der Sozialproteste der Gewerkschaften und der Gegner und Gegner/innen von S 21 zustande gekommen ist. Tatsächlich gibt es viele Gründe, die beiden Bewegungen stärker zusammenbringen. Ich will drei gewichtige nennen.“ (Wortlaut seiner Rede im Anhang)

Gewerkschaftliche Kräfte bündeln und mit den anderen Krisenprotestbewegungen zusammenführen, diese Forderung hat auch die DKP in Ihrem Forderungsprogramm  „Politikwechsel erkämpfen“ erhoben: „Um den großen Herausforderungen im Kampf für den Erhalt sozialer Rechte und Leistungen wirksam zu entsprechen, ist es zwingend, breite Bündnisse zu schaffen, ohne jedwede Ausgrenzung. (Es versteht sich, dass Faschisten und Reaktionäre bekämpft werden müssen.) Die sozialen Bewegungen vor Ort könnten wesentlich wirkungsvoller sein, wenn es gelänge, Kräfte zu bündeln und Sozialforen oder ähnliche Strukturen zu schaffen. DKP-Mitglieder werden dazu initiativ. Sie wirken gleichberechtigt und solidarisch in Bündnissen.“

„Kein heißer Herbst – was nun?“ so titelt Renate Münder ihren Beitrag, den sie an Kommunisten.de gesendet hat und der auch in der neuen UZ erscheint. Sie legt in ihrer Einschätzung den Schwerpunkt auf die Forderung nach politischem Streik. “Außer ver.di hat auch die IG BAU einen positiven Beschluss zum politischen Streik gefasst – die Debatte um die Umsetzung dieser Beschlüsse muss weiter gehen! Das heißt, dass die Genossinnen und Genossen, die aktiv im Betrieb und Gewerkschaft tätig sind, sowohl in gewerkschaftlichen und betrieblichen Gremien wie den Vertrauensleutekörpern Anträge und Resolutionen dazu stellen sollten.“

„Gut - aber nicht gut genug. Das konnten auch die eindrucksvollen Großkundgebungen nicht aufwiegen. Und eine Fortsetzung der Aktionen ist nicht zu erwarten. … So bleibt es beim Dampfablassen. Kein Wunder, dass die Regierung sich bisher unbeeindruckt zeigt“, so lautet ihr Fazit. „Ohne das Kampfmittel des politischen Streiks werden wir keinen Erfolg erzielen gegen Regierung und Kapital. Er ist immer noch Tabu dank der Arbeitsgerichtsurteile der Klassenjustiz – zumindest in den Führungsetagen der IGM u. a. Gewerkschaften. Dabei wäre es möglich gewesen, aus den Aktionen Vorübungen für politische Streiks zu machen.“ Sie zitiert den ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske , der einen dementsprechenden Vorschlag gemacht hatt: es sollten möglichst viele Personal- und Betriebsversammlungen „am selben Tag und zur selben Zeit stattfinden“ und dann „ zu einem verabredeten Zeitpunkt an einem gemeinsamen Treffpunkt ihren Abschluss finden (...), um so gemeinsam ein Zeichen zu setzen.“