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Sudan We fight for civilians government SudanCoup01.11.2021: Millionen Sudanes*innen sagen NEIN zum Putsch ++ Militär eröffnet Feuer auf Demonstrationen ++ Sudanesische Kommunistische Partei: "Nein zu einer halben Revolution, ja zur Verbreiterung des Widerstandes" ++ Sudans Außenministerin sagt, das Land sei seit dem Putsch "unter Arrest". Sie lehnt Verhandlungen mit den Putschisten ab ++ Das Schicksal des Putsches hängt immer noch in der Schwebe. Letztendlich wird "die Straße" entscheiden.

 

 

Nach Angaben von Sky News Arabia protestierten am Samstag (30.10.) beim "Marsch der Millionen" insgesamt 4 Millionen Menschen gegen den Militärputsch, unter anderem im Dreistadtgebiet von Khartum sowie in 25 Städten in Zentral-, Ost-, Nord- und Westsudan. In 50 Städten in aller Welt fanden Solidaritätskundgebungen mit der kämpfenden Bevölkerung des Sudan statt.

Hunderttausende Sudanesen, die von der Sudanese Professional Association SPA, einem Zusammenschluss von Berufsverbänden, mobilisiert wurden, gingen am Samstag in Khartum und anderen sudanesischen Städten auf die Straße, um "Nein" zum Militärputsch vom vergangenen Montag unter der Führung von General Abdel Fattah Burhan zu sagen. Menschenströme, begleitet von Gesang und Tanz, Slogans und dem Schwenken von Nationalflaggen, bestätigen, dass die Bevölkerung des afrikanischen Landes nicht bereit ist, den "demokratischen Übergang" aufzugeben, der mit den Volksprotesten gegen Präsident Omar al Bashir vor zwei Jahren begann.

     
     
     

 

Die regierenden Militärs tat alles, um die Demonstrationen klein zu halten. Mit Straßensperren versuchten sie, den Zustrom von Demonstrant*innen zu begrenzen. Da Internet- und Telefonverbindungen von den Putschisten eingeschränkt wurden, mobilisierten die demokratischen Kräfte mit Flugblättern, SMS-Nachrichten, Graffiti und Nachbarschaftsversammlungen für den Protest. Eine zentrale Rolle bei der Organisation des Widerstandes spielen die Nachbarschaftskomitees (Widerstandskomitees) in den Stadtvierteln, die seit dem im Dezember 2018 begonnenen Aufstand gegen den gestürzten Präsidenten Omar al-Bashir aktiv sind. Sie sind die Hüterinnen der Revolution und der wichtigste Teil des zivilen Übergangs.

  Sudan Twitter Widerstandskomitee Buri 2021 10 31  

 

In den Stadtvierteln blockierten Protestgruppen über Nacht Straßen mit Steinen, Ziegeln, Ästen und Plastikrohren, um die Sicherheitskräfte fernzuhalten. Trotz einer landesweiten Internetsperre am Samstag versammelten sich die Demonstrant*innen um die Mittagszeit in Stadtvierteln von Khartum und Omdurman, bevor sie zu großen Straßen und Busbahnhöfen marschierten. Sie skandierten: "Das Volk ist stärker und die Revolution wird weitergehen". Andere trugen Transparente mit der Aufschrift "Nein zur Militärherrschaft".

Sudan Khartum 2021 10 30 2Als die Demonstranten dann auf strategisch wichtige Punkte wie die Nilbrücken, die ins Zentrum von Khartum führen, zusteuerten, begann das Militär zu schießen, wobei mehr als 100 Menschen verletzt wurden. Das Gleiche geschah in anderen Bereichen. In Omdurman, der Schwesterstadt der Hauptstadt, wurden drei Demonstranten in der Nähe des Parlamentsgebäudes durch das Feuer der Soldaten getötet. Der größte Skandal des Tages ereignete sich im Leichenschauhaus von Omdurman: Die Familie eines von den Streitkräften getöteten Demonstranten entdeckte, als sie auf dem Friedhof ankam, um ihren Sohn zu beerdigen, dass das Leichenschauhaus die Todesursache als "Covid" angegeben hatte.

Die Ärztevereinigung "Sudan Central Doctors Committee" klagt das Militär an, den Transport von Verwundeten in das Krankenhaus von Omdurman mit Schüssen verhindert zu haben. Die Zahl der durch das Militär ermordeten sei auf mindestens 11 seit dem 25. Oktober gestiegen. Die Ärztevereinigung meldete zudem Dutzende von Verletzten in der Stadt Bahri nahe der Hauptstadt und im Bundesstaat Gedaref im Osten.

"Das Militär verspricht, einen demokratischen, zivilen Staat aufzubauen, während es über die Leichen unschuldiger Menschen tritt", sagte Dr. Sara Abdelgalil, Sprecherin der Gewerkschaftskoalition Sudanese Professionals Association. "Wir können nicht zulassen, dass diese militärische Machtübernahme zu einer Erfolgsgeschichte wird."

Sudanesische Kommunistische Partei: "Nein zu einer halben Revolution, ja zur Verbreiterung des Widerstandes"

Sudan SCP 2021 10 30
Die Sudanesische Kommunistische Partei(SCP), die trotz der brutalen Verfolgung in den 1970er Jahren und der Unterdrückung durch das islamistische Bashir-Regime (1993 - 2019) über gute Organisationsstrukturen verfügt und eine wichtige Rolle beim Sturz des Diktators Omar al-Bashir gespielt hat, rief dazu auf, zur Verteidigung der Revolution den zivilen Ungehorsam und einen allumfassenden politischen Streik auszuweiten und zu vertiefen.

Die SCP warnt davor, sich auf Halbheiten einzulassen und mit den Putschisten über eine Machtteilung zu verhandeln. Sie fordert die sofortige Freilassung des gestürzten Premierministers Abdalla Hamdok und aller Personen, die von den Streitkräften nach dem Staatsstreich festgenommen wurden.

"Die Revolution ist eine Volksrevolution", erklärt die Partei. "Dieser Putsch wird von den sudanesischen Massen vollständig abgelehnt."

   
  Mobilisierungsvideo der Sudanesischen Kommunistischen Partei  

 

Sudans Außenministerin: das Land ist seit dem Putsch "unter Arrest"

Sudan Mariam al MahdiDie abgesetzte Außenministerin Mariam al-Sadiq al-Mahdi sagte in einem Gespräch mit dem Fernsehsender Al Jazeera am Samstag , das Militär müsse die demokratischen Wünsche des sudanesischen Volkes respektieren. "Das sudanesische Volk hat sich heute klar geäußert", sagte sie. "Wir müssen uns demütig und respektvoll den Vorstellungen des sudanesischen Volkes beugen."

Mariam al-Mahdi ist eine führende Persönlichkeit der moderat islamischen Umma-Partei und die Tochter von Sadiq al-Mahdi, dem letzten demokratisch gewählten Ministerpräsidenten, der 1989 von Bashir durch einen Staatsstreich abgesetzt wurde.

Der gesamte Sudan stehe "unter Arrest", protestierte Außenministerin Mariam al Mahdi, die von den Putschisten abgesetzt, aber nicht verhaftet wurde. "Unter diesen Bedingungen sind wir alle verhaftet, da wir nicht mehr miteinander kommunizieren können", erklärte al Mahdi.

"Ich habe mit keinem von ihnen verhandelt und werde es auch nie tun"
Ex-Außenministerin Mariam al-Mahdi

Zu den Meldungen, Putsch-General al Burhan habe Premierminister Hamdok, der derzeit unter Hausarrest steht, vorgeschlagen, sich unter Beteiligung einiger seiner Minister an der Bildung einer neuen Regierung zu beteiligen, sagte sie: "Premierminister Hamdok ist ein Patriot, ein Intellektueller und ein Politiker. Er wird sich niemals an dieser Farce beteiligen." Auch sie selbst werde "niemals" mit den Militärs verhandeln und sich weigern, an einer von ihnen gewünschten Regierung teilzunehmen. Diese neue Regierung würde unter der Kontrolle des Militärs stehen und keine Autonomie besitzen. "Ich habe mit keinem von ihnen verhandelt und werde es auch nie tun", sagte sie.

"Das Schicksal des Putsches hängt immer noch in der Schwebe"

Sudan Khartum 2021 10 30 3Einige im sudanesischen Militär seien vom Ausmaß des öffentlichen Widerstands gegen den Staatsstreich überrascht und Rivalitäten unter den Generälen kämen allmählich zum Vorschein, sagen sudanesische politische Analysten. "Herrschaft basiert auf einer Kombination aus Zustimmung und Zwang", so der sudanesische Analyst Magdi El Gizouli. "Burhan hat keine Zustimmung und ist nicht in der Lage, die vielen Menschen auf der Straße zur Unterwerfung zu zwingen. Das Schicksal des Putsches hängt immer noch in der Schwebe", sagte er.

So ist auch nicht ausgeschlossen, das es zu einem Putsch im Putsch kommen könnte. Noch steht der stellvertretende Vorsitzende des regierenden Souveränitätsrates und Führer der berüchtigten Schnellen Eingreiftruppen, Mohamed Hamdan Dagalo (auch Hemeti genannt) noch hinter Armee-General al Burhan. Doch Hamdan ist bekannt für seine Skrupellosigkeit, wenn es um die Verteidigung seiner Pfründe geht.

Der UN-Sonderbeauftragte für den Sudan, Volker Perthes, erklärte, er stehe mit allen Seiten in Kontakt und versuche zu vermitteln, "um eine friedliche Lösung der gegenwärtigen Krise zu erreichen". Am Freitagabend vor der Demonstration hatte er sich mit Mohamed Hamdan, getroffen. Zur gleichen Zeit konferierte der US-Sondergesandte für das Horn von Afrika, Jeffrey Feltman, mit General al-Burhan und anderen hohen Beamten.

Die pro-demokratischen Gruppen lehnen jedoch die Möglichkeit ab, eine Militärregierung anzuerkennen oder mit ihr zu verhandeln, und fordern stattdessen die Freilassung aller zivilen Führer, einschließlich des Premierministers Abdalla Hamdok, und deren Wiedereinsetzung sowie einen beschleunigten Übergang zu einer zivilen Regierung. .

So könnte sich der Putsch-General dafür entscheiden, mit seinen Loyalisten weiterzumachen, gestärkt durch die stille Unterstützung hinter den Kulissen, die ihm einige Länder, nicht nur arabische, zugesichert haben. Es ist kein Geheimnis, dass die Putschisten von der arabischen Troika unterstützt werden: Ägypten, Saudi-Arabien und die Emirate, die die sudanesische Armee seit dem Tag nach dem Sturz von al Bashir gestärkt haben, um das Machtgleichgewicht am Horn von Afrika zu ändern, das gegenwärtig zugunsten der gegnerischen türkisch-katarischen Allianz zu unausgewogen ist. Auch Russland betrachtet Burhans Schritt mit Wohlwollen. Letzteres könnte Moskau die Möglichkeit geben, seine Präsenz in einem geografischen Gebiet von großem strategischen Wert zu konsolidieren. Vor einigen Monaten hatte Russland vom Sudan grünes Licht für einen logistischen Stützpunkt am Roten Meer erhalten, doch das Parlament in Khartum hat das Abkommen nie gebilligt.

Letztendlich wird "die Straße" über den weiteren Verlauf entscheiden. Am Samstag hat der Lenkungsausschuss der sudanesischen Pilotenvereinigung die 100%ige Unterstützung des Streiks und des zivilen Ungehorsams durch die Piloten von Sudan Airways bekannt gegeben.
Sudan We fight for civilians government SudanCoup


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