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USA Onkel Donald08.11.2020: Alexandria Ocasio-Cortez, Poor People’s Campaign, Democratic Socialist of America, John Wojcik (People's World) u.a. Stimmen aus den USA nach dem Wahlsieg von Biden ++ Wer wählte Biden? Untersuchung von Michael Roberts

 

 

Nach vier Tagen akribischer Auszählung wurden Joe Biden und Kamala Harris am Samstagmorgen zum designierten Präsidenten und zur designierten Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten erklärt. Zehntausende strömten zum Feiern auf die Straßen der Städte und Ortschaften im ganzen Land. Menschenmengen von Jung und Alt, farbig und weiß füllten den Times Square in New York und tanzten auf den Straßen. Gleichzeitig wird deutlich, dass weiter mobilisiert werden muss.

USA Wahl2020 Wahlmaenner 11 08

 

Die Nation bricht in Feierstimmung aus

John Wojcik (Chefredakteur der kommunistischen People's World):

(...) Tausende von Dreamern[*], die unter Trump in Angst vor der Abschiebung gelebt haben, umarmten einander und Mitglieder ihrer Familien, als sie endlich einen hoffnungsvollen Seufzer der Erleichterung über die Qualen, die Trump ihnen zugefügt hat, ausatmeten.
USA DSA BCAfroamerikanische Wähler*inne von Küste zu Küste genießen das Ergebnis ihrer millionenfachen Weigerung, der Unterdrückung ihrer Stimmen durch die Republikaner nicht nachgegeben zu haben.
Gewerkschaftsmitglieder von Küste zu Küste feierten das Ergebnis ihrer harten Arbeit und der ihrer verbündeten.
Für so viele im Land war dies ein Moment der Erleichterung über den monatelangen wirtschaftlichen Druck, die Furcht vor der COVID-19-Plage und die Angst, die durch jahrelange Hassgefühle und Ängste verursacht wurde, die durch das Trump-Regime geschürt worden waren. (…)
Trump weigert sich weiterhin, seine Niederlage anzuerkennen, und behauptet auf Twitter: "Ich habe diese Wahl mit großem Vorsprung gewonnen". Entschlossen, seine Macht als Präsident zu nutzen, um die Wahl zu untergraben, sagte er, er werde sich um eine Neuauszählung in Wisconsin bemühen, obwohl er die vollen Kosten der Neuauszählung tragen müsse. (…)
Der Wahlkampf selbst ist noch nicht vorbei. Die Republikaner haben derzeit eine Mehrheit im Senat, aber das kann beendet werden, wenn die Demokraten in zwei Stichwahlen in Georgia zwei Siege erringen. (…)

Quelle: https://www.peoplesworld.org/article/nation-erupts-in-celebration-as-biden-harris-declared-the-victors/

 [*] So heißen die jungen Menschen ohne us-amerikanische Ausweispapiere und ohne Aufenthaltserlaubnis, die im Kindesalter von ihren Eltern in die USA gebracht wurden.

 

Auch nach dem Sieg von Biden müssen wir weiter mobilisieren

Tim Wheeler (ehemalige Chefredakteur von People's World):

Was ist das Fazit dieser Wahl? Wir haben gewonnen! Der Imperativ, der uns von Anfang an geleitet hat, lautete: Geht zur Wahl! Wir wussten, dass wir gewinnen würden, wenn uns eine riesige Wählermobilisierung gelingen würde. Joe Biden und Kamala Harris erhielten weit über 74.000.000 Stimmen - die höchste Stimmenzahl für einen Präsidentschaftskandidaten in der Geschichte. Wir alle freuen uns über die rassen- und themenübergreifende Koalition, die von so vielen klar denkenden Frauen angeführt wird und zu diesem Sieg geführt hat.
Doch es gab keine "Blaue Welle", keinen Tsunami, der Biden-Harris einen erdrutschartigen Sieg bescherte. Es ist uns nicht gelungen, den republikanischen Senatsvorsitzenden Mitch McConnell zu besiegen. USA CPUSA We wont go backDas Schicksal des Senats hängt in der Schwebe, wobei wahrscheinlich erst die Stichwahl das Ergebnis entscheiden wird.
Es ist auch eine Tatsache, dass Trump eine riesige Anzahl von Stimmen mobilisiert hat, fast 70 Millionen. Diese Massen von Wählern, die überwiegend weiß sind, waren blind gemacht von der weißen Vorherrschaft und dem wütenden Antikommunismus. (…)
Sein mit seinen Leuten besetzter Oberster Gerichtshof steht kurz davor, den Affordable Care Act (Obamacare) aufzuheben und 20 Millionen Menschen mitten in einer Pandemie die Gesundheitsversorgung zu entziehen. Und er hofft, dass seine Lakaien im Obersten Gerichtshof die Ergebnisse der Wahl kippen und ihm eine zweite Amtszeit gewähren werden.
Wir marschieren heute mit Symbolen, die besagen: 'Schützt die Ergebnisse!' und 'Jede Stimme zählt.' Auch nach dem Sieg von Biden müssen wir weiter mobilisieren. Die Demokratie und das Land sind immer noch in großer Gefahr.

Quelle: https://www.peoplesworld.org/article/victory-yes-but-keep-on-marching/

 

Trump ist das Symbol der "weißen Vorherrschaft", aber der Kampf gegen sie geht über ihn hinaus

Chauncey K. Robinson warnt in einem Artikel vor der Wahl, dass die Ideologie der "weißen Vorherrschaft" auch nach Trump weiterbesteht. In einem Bericht des Ministeriums für Heimatschutz (Department of Homeland Security, DHS) heißt es, dass die weißen rassistischen Gruppen die gefährlichste innenpolitische extremistische Bedrohung für die Nation darstellen.
"Die Proteste der Black Lives Matter (BLM) brachten Hunderttausende auf die Straße, um Gerechtigkeit gegen die Brutalität der Polizei zu fordern. Um diesen Protesten entgegenzutreten, haben sich bewaffnete Gruppen von Extremisten als inoffizielle Verlängerungen der Strafverfolgungsbehörden präsentiert und sich als bürgernahe Sicherheitsbeamte ausgegeben. Viele tragen ihre großen Gewehre unter dem Deckmantel des Objektschutzes mit sich herum, nur um am Ende die Initiatoren der Gewalt zu sein."
Die Ideologie der weißen Vorherrschaft werde dazu benutzt, die arbeitende Bevölkerung gespalten zu halten, und den farbigen Menschen Schrecken einzujagen. Weiße arbeitende Männer und Frauen, die in diese Organisationen der weißen Rassentrennung hineingezogen werden, glauben, sie täten es zum Wohle 'ihres Volkes', ohne zu erkennen, dass die ganze Idee der weißen Vorherrschaft darin besteht, zu verschleiern, wer wirklich 'ihr Volk' und ihre Verwandten sind - andere arbeitende Menschen aller Rassen. "In Zukunft wird sich die Gesellschaft nie zu ihrem vollen Potenzial entwickeln können, wenn einer Ideologie wie dieser Raum gegeben wird", so Chauncey K. Robinson.

"Der Präsident hat versucht, die Idee durchzusetzen, dass die bevorstehenden Wahlen von so genannten korrupten linken Kräften gegen ihn manipuliert werden. Während er sich auf rechtsextreme antisemitische Verschwörungstheorien wie Q-Anon stützte, hat Trump wiederholt angedeutet, dass er nicht bereit sei, die Macht friedlich zu übertragen, falls er das Rennen verlieren sollte. Während er Zweifel am demokratischen Wahlprozess sät, spielt er Rechtsextremisten in die Hände, die einen Vorwand suchen, um zu den Waffen zu greifen, um angeblich die wahre 'Freiheit' zu verteidigen.
Obwohl es nicht so offensichtlich war wie sein Aufruf an die neofaschistischen 'Proud Boys' am 29. September sich 'bereit zu halten', appellierte Trump in der letzten Präsidentschaftsdebatte am 22. Oktober weiterhin an die weißen Rassisten. (…)
Doch selbst wenn Trump (hoffentlich) seines Amtes enthoben wird, werden sich Aktivisten, die für eine bessere Welt kämpfen, immer noch mit einer Ideologie auseinandersetzen müssen, die dieser Sache so viel Schaden zufügt.
Warum ist das Präsidentschaftsrennen immer noch so eng, selbst wenn Trump's Hass ständig entlarvt worden ist? Wie gehen wir mit der Tatsache um, dass zu viele weiße Männer und Frauen bereit sind, für einen Mann zu stimmen, der seine Verachtung nicht nur für ihre Interessen, sondern auch für die Sicherheit von marginalisierten Gruppen gezeigt hat? Wie drängen wir auf Einheit gegen heimtückischen Hass, der arbeitende Menschen aller Rassen gegeneinander hetzt?
Ich habe keine Antworten darauf, aber ich weiß, dass der extremistische Terror der weißen Rassisten nicht ignoriert werden kann. Der erste Schritt besteht darin, Trump aus dem Amt zu wählen, um ihr Symbol der Legitimität abzuschaffen, aber der Kampf wird damit nicht enden, und darauf müssen wir vorbereitet sein."

Quelle: Chauncey K. Robinson, 23.10.2020: "Trump is white supremacy’s symbol, but the fight against it goes beyond him"
https://www.peoplesworld.org/article/trump-is-white-supremacys-symbol-but-the-fight-against-it-goes-beyond-him/

 

Democratic Socialist of America (DSA): Arbeiterklasse fordert echte Veränderungen

USA Democratic SocialistsTausende von DSA-Mitgliedern haben sich in diesem Jahr an ihren Arbeitsplätzen und Gemeinden organisiert, obwohl sie von der Pandemie, der Wirtschaftskrise und der Polizeigewalt immer wieder getroffen wurden. Es war das Blut, der Schweiß und die Tränen der multirassischen Arbeiterklasse, die uns so weit gebracht haben. Als die Biden-Kampagne aufhörte zu werben, machten die entlassenen Gewerkschaftsmitglieder von UNITE HERE unbeirrt auf der Straße weiter. Nachdem die zentristischen Demokraten ihn kaltgestellt hatten, schrieb Bernie Sanders seinen Anhänger*innen in den Swing-Staaten eine SMS, und 96% von ihnen stimmten gegen Trump. Die herrschende Klasse gab Millionen gegen unsere Kandidat*innen und Wahlinitiativen aus, sogar in den Hochburgen der Demokraten, aber wir haben Wahlsiege zu feiern. Gemeinsam werden wir dafür sorgen, dass jede Stimme ausgezählt wird, und Biden und Harris sofort darauf aufmerksam machen, dass die Arbeiterklasse echte Veränderungen fordert und nicht nur eine Rückkehr zum Status quo, der uns Trump überhaupt erst gebracht hat.

Quelle: https://www.dsausa.org/statements/demand-democracy-a-statement-from-the-national-political-committee/

 

Frauen, die Jugend, die Arbeiterklasse, die Städte und ethnische Minderheiten gegen Trump

USA Wahl2020 voter composition

Die Wahlbeteiligung der Jugend war wie üblich niedrig, nur 13% der Gesamtstimmen, aber diejenigen unter 29 Jahren stimmten mit 61% für Biden. Und auch bei den 30- bis 44-Jährigen (23% der Stimmen) stimmten 54% für Biden. Diejenigen im Alter von 45-64 Jahren (enorme 36% der Stimmen) stimmten knapp für Trump (51%). Auch bei den über 65-Jährigen (ebenfalls ein beachtlicher Anteil von 27%) stimmte nahezu die Hälfte (48%) für Trump. Also waren 63% derer, die wählten, älter als 44 Jahre und sprachen sich (knapp) für Trump aus, während die unter 45-Jährigen (nur 37% der Stimmen) stark für Biden stimmten. Das reichte aus, um die kleinen Mehrheiten für Trump in den älteren Altersgruppen zu überwinden.
USA Protest MigrantInnenWie sieht es mit den ethnischen Gruppen aus? Nun, die Umfrage ergab, dass 74% der Wähler*innen weiß waren und 55% Trump unterstützten. Aber alle anderen ethnischen Gruppen unterstützten mit überwältigender Mehrheit Biden. Schwarze Amerikaner*innen stellten nur 11% der Wähler*innen, aber sie unterstützten zu 90% Biden. Die hispanischen Wähler machten nur 10% der Gesamtwähler*innen aus, aber 63% unterstützten Biden. Die asiatischen Wähler*innen machten nur 2% der Stimmen aus, aber sie unterstützten Biden zu 70%. Diese 25% der Wähler*innen (und ihre Zahl wuchs mit jeder Wahl) unterstützten Biden mit so überwältigender Mehrheit, dass es genügte, die kleinere Trump-Mehrheit unter den weißen Wählern*innen zu überwinden.
Es wurde viel über die vermeintlich gewachsene Zustimmung der schwarzen und hispanischen Amerikaner*innen zu Trump im Vergleich zu 2016 gesprochen. Aber die Beweise dafür sind zweifelhaft, und selbst wenn sie wahr sind, ist die Verschiebung winzig. Der Edison-Umfrage zufolge ist die Unterstützung der weißen Männer für Trump im Vergleich zu 2012 von 62% auf 57% zurückgegangen und die der weißen Frauen von 52% auf 54% leicht gestiegen. Der angenommene Anstieg der Unterstützung für Trump von schwarzen Männern betrug 13% auf 17% und von schwarzen Frauen von 4% auf 8%. Aber wenn man bedenkt, dass die weißen Wähler 75% der Stimmen und die schwarzen Wähler nur 11% der Stimmen hatten, ist der vermeintliche Wechsel von schwarzen Wählern*innen zu Trump weniger als die Hälfte des Verlustes von Trump von weißen Wählern. Es wird behauptet, dass diesmal mehr hispanische Wähler Trump unterstützten, aber rund zwei Drittel stimmten gegen Trump. (…)
Biden hatte die Unterstützung der Mehrheit der Arbeiter*innen, ethnischer Minderheiten, Jugendlichen und Stadtbewohner*innen. Sie stimmten dafür, Trump loszuwerden: aber sie erwarten sich nicht viel von Biden, und sie werden Recht behalten.

Quelle: Michael Roberts (UK), "US election: women, the young, the working class, the cities and ethnic minorities get rid of Trump"
https://thenextrecession.wordpress.com/2020/11/08/us-election-women-the-young-the-working-class-the-cities-and-ethnic-minorities-get-rid-of-trump/

 

Poor People’s Campaign: das Ziel der Beseitigung der Armut in den USA steht nach wie vor ganz oben auf der Liste

USA Poor Peoples CampaignDer Wahlkampf für die Wahlen im Jahr 2020 mag vorbei sein, aber die New Poor People's Campaign hört nicht auf. Sie überlegt sich nur, wie sie ihre Ziele erreichen kann, sagen ihre Ko-Vorsitzenden Revs. William Barber II. und Liz Theoharis.

In einem Bericht der NPPC nach den Wahlen, der am 6. November auf ihrem YouTube-Kanal und ihrer Website www.poorpeoplescampaign.org veröffentlicht wurde, erklärten die Revs. William Barber II. und Liz Theoharis, dass das grundlegende Ziel der Beseitigung der Armut in den USA nach wie vor ganz oben auf der Liste der Kampagne steht.
Damit einhergehe die Beseitigung der "US-Kriegsmaschinerie" und die Verlagerung der dafür aufgewendeten Gelder auf inländische Bedürfnisse wie menschenwürdige Wohnungen und bessere Bildung, die Anhebung des Mindestlohns, die Bereitstellung einer universellen Gesundheitsversorgung, die Wiederherstellung und Stärkung des Wahlrechts für alle und die Gewährleistung, dass jede Arbeiter*in das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung hat.
Das sind die Ziele, die die Kampagne seit ihrem Beginn verfolgt. Das Besondere ist, dass die NPPC-Mitglieder in diesem Jahr 2,3 Millionen Menschen, praktisch alle arm oder beinahe arm, kontaktiert haben, damit sie ihre Stimme abgeben. Sowohl Barber als auch Theoharis sagten, das Ergebnis seien Massen neuer armer schwarzer, brauner und weißer Wähler*innen, vor allem in den Swing-Staaten.
Aber es gibt auch eine neue Aufbruchsstimmung, fügte Barber hinzu: "Wir sehen den Beginn des Niedergangs der [republikanischen] Südstrategie", die in beiden Parteien farbige Menschen verteufelt und die US-Politik in den letzten 52 Jahren geprägt hat, erklärte er.
Das liegt daran, dass der ehemalige Vizepräsident Joe Biden, der Kandidat der Demokraten, der das Weiße Haus gewonnen hat, den Rassismus, Sexismus und Hass, die von seinem Feind, dem republikanischen Oval Office-Amtsinhaber Donald Trump, geschürt wurden, laut und deutlich zurückgewiesen hat. (…)
"Wir sind aufgerufen, eine Bewegung zu sein", erklärte Barber. Das nächste Ereignis wird eine Karawane am 16. November in Washington sein, um den Kongress dazu zu drängen, ein neues Konjunkturpaket für Menschen zu verabschieden, die durch die Coronavirus-Pandemie in Arbeitslosigkeit und Armut geschickt wurden.
Sowohl Biden als auch sein Vizekandidat, Senatorin Kamala Harris, Kalifornien, haben an Veranstaltungen der NPPC teilgenommen und deren Ziele unterstützt. "Was wäre, wenn sie es wagten, die Armut zu bekämpfen", fragte er. (…)

Quelle: https://www.peoplesworld.org/article/rev-barber-rev-theoharis-see-the-fall-of-the-gop-southern-strategy/

 

CNN: Basisgruppen, die Biden zum Sieg verhalfen, erwarten "einen Platz am Tisch"

USA AOC Working Families PartyDie Biden-Kampagne wird sich auf die Integration der Linken und der Basis dieser Partei konzentrieren müssen, meint Van Jones von CNN. Gruppen wie Mi Gente, Lucha, Mi Familia Vota, The Latino Victory Fund, die Latino-Graswurzelgruppen, "sie erwarten, einen Platz am Tisch zu haben".
Jones hebt auch die große Rolle hervor, die Gruppen der Ureinwohner Amerikas z.B. in Arizona spielten. "Die Gemeinschaft der Ureinwohner Amerikas spielte eine gewaltige Rolle ... Das sind Gruppen, die erwarten, mit Respekt behandelt zu werden, weil sie für den Sieg verantwortlich sind."
Die afroamerikanischen und schwarzen Gemeinschaften im ganzen Land, die Trump "zu Fall" brachten, "haben eine neue Infrastruktur der schwarzen Communities" aufgebaut, erklärte Jones. "Sie haben eine massive Bewegung um Biden, die respektiert und gesehen und einbezogen werden will. Nicht nur links, sondern von unten nach oben. Und ich denke, ein Teil dessen, was geschehen muss, ist, dass die Bottom-up-Integration von links nicht auf Kosten der Bottom-up-Integration der arbeitenden Bevölkerung und des Trump-Landes gehen muss. Diese Dinge können nebeneinander hergehen", sagte er.

 

Alexandria Ocasio-Cortez: fortschrittliche Politik hat den Kandidat*innen nicht geschadet

In einem fast einstündigen Interview mit der New York Times weist die linke Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez (AOC)die jüngste Kritik einiger prominenter Mitglieder der Demokratischen Partei zurück, die Linke der Partei und Black Lives Matter seien dafür verantwortlich machten, dass sie wichtige Sitze verloren haben. Einige der Mitglieder, die verloren hätten, hätten sich selbst zur "leichten Beute" gemacht, sagte sie.

USA Alexandria Ocasio Cortez 2020Das Gegenteil sei richtig, so AOC: "Wir haben auch gelernt, dass eine fortschrittliche Politik den Kandidat*innen nicht schadet. Jede einzelne Kandidat*in, der Medicare für Alle in einem Swing-Distrikt mitunterstützt hat, hat den Sitz behalten. Wir wissen auch, dass das Co-Sponsoring des Grünen New Deal nicht zum Scheitern verurteilt war."

In diesem Zusammenhang weist sie darauf hin, dass sie die von der Demokratischen Partei üblicherweise geführten Kampagnen ablehnt. "Seit zwei Jahren habe ich die von der D.C.C.C.C. (Anm.: Democratic Congressional Campaign Committe) geführten Kampagnen abgelehnt. So bin ich in den Kongress gekommen. Auf diese Weise haben wir Ayanna Pressley gewählt. So hat Jamaal Bowman gewonnen. So hat Cori Bush gewonnen. Und so wissen wir um die extremen Schwachstellen in der Art und Weise, wie die Demokraten Kampagnen führen."

AOC: "Ich flehe die Partei seit zwei Jahren an, mich ihnen helfen zu lassen. Das ist auch die verdammte Sache. Ich habe versucht zu helfen. Vor der Wahl bot ich jedem einzelnen Swing-Distrikt-Demokraten an, ihm bei seiner Kampagne zu helfen. Und jeder einzelne von ihnen, bis auf fünf, lehnte meine Hilfe ab. Und alle fünf der anfälligen oder Swing-Distrikt-Leute, denen ich geholfen habe, haben den Sieg errungen oder sind auf dem Weg zum Sieg. Und jeder Einzelne, der meine Hilfe abgelehnt hat, verliert. Und jetzt geben sie uns die Schuld für ihre Niederlage."

Überrascht und erschrocken ist sie über die große Unterstützung Trumps durch weiße Wähler*innen. "Wir müssen in diesem Land viel antirassistische, tief greifende Überzeugungsarbeit machen. Denn wenn wir weiterhin weiße Anteile verlieren und Facebook einfach nur erlauben, immer mehr Elemente der weißen Wähler und der weißen Wählerschaft zu radikalisieren, dann gibt es keine Menge farbiger Menschen und junger Menschen, die man ausmachen kann, um das auszugleichen."

Die Demokratische Partei habe jedoch dafür keine Strategie. "Aber das Problem ist, dass im Moment, wie ich glaube, ein großer Teil der Dem-Strategie darin besteht, zu vermeiden, dass dies tatsächlich funktioniert. Sie versuchen nur zu vermeiden, den Bären zu stoßen. Das ist ihr Argument bei der Verteidigung der Polizei, nicht wahr? Um nicht rassistische Ressentiments zu schüren. Ich glaube nicht, dass das nachhaltig ist. Die Führung und Elemente der Partei - offen gesagt, Menschen in einigen der wichtigsten Entscheidungspositionen in der Partei - sind so sehr von diesem antiaktivistischen Gefühl geblendet, dass sie sich selbst für die Vorteile blenden, die sie bietet."

AOC macht deutlich, dass die Spaltungen innerhalb der Partei, die bei den Vorwahlen ganz deutlich geworden waren, nach wie vor bestehen. Sie appelliert an den zentristischen und rechten Flügel der Partei: "Deshalb müssen meine Kollegen verstehen, dass wir nicht der Feind sind. Und dass ihre Basis nicht der Feind ist. Dass die Bewegung Black Lives Matter nicht der Feind ist, dass Medicare für Alle nicht der Feind ist. Hier geht es nicht nur darum, einen Streit zu gewinnen. Es geht darum, dass sie, wenn sie weiter hinter dem Falschen her sind, nur ihre eigene Überflüssigkeit aufbauen."

Auf die Frage, wie offen die Biden-Administration nach links sein wird, antwortet sie:
"Ich weiß nicht, wie offen sie sein werden. Und es ist keine persönliche Sache. Es ist nur so, dass die Geschichte der Partei dazu tendiert, dass wir uns sehr über die Basis freuen, um gewählt zu werden. Und dann werden diese Basisgruppen direkt nach einer Wahl sofort wieder fallen gelassen.

Ich denke, die Übergangszeit wird zeigen, ob die Verwaltung einen offeneren und kooperativeren Ansatz verfolgt oder ob sie eine Art Vereisung praktiziert. Denn der Übergang Obamas hat die Weichen für 2010 und einige unserer Verluste im Kongress gestellt. Es waren viele dieser Übergangsentscheidungen - und wer in Führungspositionen gebracht wurde -, die - wenig überraschend - wirklich die Strategie der Regierung bestimmten."

Der Übergangsprozess werde Signale senden, so AOC, und "eine Geschichte darüber erzählen, wem die Regierung diesen Sieg zuschreibt. Und so wird es wirklich schwer werden, nachdem jugendliche Einwandereraktivist*innen dazu beigetragen haben, Arizona und Nevada möglicherweise zu gewinnen. Es wird wirklich schwer werden, nachdem Detroit und Rashida Tlaib die Zahlen in ihrem Distrikt in die Höhe getrieben haben. (…)
Wenn die Partei glaubt, nachdem in Detroit 94 Prozent an Biden gegangen sind, nachdem schwarze Organisator*innen die Wahlbeteiligung in Georgia verdoppelt und verdreifacht haben, nachdem so viele Menschen Philadelphia organisiert haben, wenn dann das Signal der Demokratischen Partei ist, dass die John Kasichs [Anm.: abtrünniger Republikaner*] uns diese Wahl gewonnen haben? Ich meine, ich kann gar nicht beschreiben, wie gefährlich das ist."

Quelle: The New York Times, 7.11.2020: Alexandria Ocasio-Cortez on Biden’s Win, House Losses, and What’s Next for the Left
https://www.nytimes.com/2020/11/07/us/politics/aoc-biden-progressives.html

[*] John Richard Kasich ist ein US-amerikanischer Fernseh-Kommentator und ehemaliger Politiker der Republikanischen Partei (Mitglied des Repräsentantenhauses und Gouverneur des Bundesstaates Ohio). Bei den jetzigen Wahlen rief er auf, für Joe Biden statt für Trump, zu stimmen
Kasich (neben weiteren Republikanern) beim Nominierungsparteitag der Demokratischen Partei 2020 dazu auf, für den designierten demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden statt für den Präsidenten und Kandidaten der Republikaner, Trump, zu stimmen


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