Internationales

08.04.2014: Vom 27.-29. März fand in der mexikanischen Hauptstadt das mittlerweile 18. Seminar „Die Parteien und eine neue Gesellschaft“ statt; organisiert von der mexikanischen Partei der Arbeit (Partido del Trabajo, PT). Aus 37 Ländern und von 210 linken Organisationen und Parteien nahmen mehrere hundert Delegierte, unter ihnen auch etwa 330 VertreterInnen mexikanischer Organisationen, an der Veranstaltung statt. Aus Europa waren u.a. die Französische KP, die zyprische AKEL, die Europäische Linke und die KP der russischen Föderation vertreten. Aus der BRD waren die Partei DIE LINKE und die DKP sowie erstmals die marxistische linke dabei.

Mehrere asiatische Länder wie China, Vietnam oder die KDVR waren wieder mit größeren Delegationen angereist . Das belegt einerseits die guten Beziehungen zur gastgebenden PT und andererseits die offene Atmosphäre und Toleranz in der Debatte. Darüber hinaus waren wie in den Vorjahren zahlreiche Länder mit RepräsentantInnen ihrer jeweiligen Botschaft in Mexiko vertreten: Nicaragua, Vietnam, KDVR, Angola, China, die Westsahara und Cuba. Von der roten Insel kam neben der PCC auch eine Delegation der CDR’s (comites de la defensa de la revolución; Komitees zur Verteidigung der Revolution).

Neben dem eigentlichen Seminar bietet die Veranstaltung traditionell viel Raum für bilaterale Gespräche zwischen den Delegationen bzw. für die Koordinierung weiterer Aktivitäten. So trafen sich z.B. die Vertreter mittelamerikanischer Organisationen wie der URNG Guatemalas, der FSLN Nicaraguas u.a., um über eine verbesserte regionale Zusammenarbeit zu beraten.

Erstmals setzten sich separat Jugendliche der verschiedenen lateinamerikanischen Parteien und Organisationen mit dem Ziel zusammen, ein Netzwerk der linken Jugend aufzubauen. Auf dem Weg dahin ist eine Teilnahme am Jugendtreffen der PT am 25./26.April vorgesehen.

Das alles unterstreicht sehr deutlich den Stellenwert dieses Seminars: es ist neben dem Jahrestreffen des Foro Sao Paolo der wichtigste Ort der Debatte und des Informationsaustausches der lateinamerikanischen Linken. Julio C. Gambina aus Argentinien fasste das so zusammen: „Dies ist der Ort der Diskussion der internationalen Situation in der Welt, der Debatte über die regionale Situation in Lateinamerika und der Herausarbeitung verschiedener linker Lösungsansätze.“

An den drei Tagen wurden insgesamt 120 Redebeiträge gehalten. Damit war das Forum sichtbar an die Grenzen dieses Veranstaltungsformates und auch der Räumlichkeiten gestoßen. Für das nächste Jahr wurden deshalb die Überlegungen konkretisiert, zu einer Arbeit in Arbeitsgruppen und Workshops überzugehen wie sie auch im Foro Sao Paolo praktiziert wird.

Die Veranstaltung wurde live im Internet übertragen und auch ein chinesisches Fernsehteam war durchgängig anwesend.
Inhaltlich war das Seminar in folgenden 3 Themenkomplexe unterteilt:

  1. Die internationale Krise: Der Kampf um Energieträger und andere natürliche Ressourcen
  2. Konstruktion, Bilanz und Perspektiven der regionalen Integrationsprozesse. Wechselwirkung mit den alternativen nationalen Projekten. Volksmacht und soziale Integration.
  3. Themen der konjunkturellen Entwicklung: die weltweiten Prozesse der Veränderung der Kräfteverhältnisse in Weltwirtschaft und Geopolitik. Probleme von Kolonialismus und Neokolonialismus.

Dabei nahmen die RednerInnen in allen drei Blöcken immer wieder auf zwei aktuelle Themenfelder Bezug: den Ukraine/Krim-Konflikt und vor allem die Ereignisse in Venezuela. Die Bedeutung einer linken Regierung in diesem Land und die Fortführung des bolivarianischen Prozesses für die Entwicklung in ganz Lateinamerika wurde klar benannt.

Schon in seinem Eröffnungsbeitrag betonte Alberto Anaya Gutiérrez, Nationaler Koordinator der PT, die breite Unterstützung der TeilnehmerInnen für die venezolanische Regierung von Nicolas Maduro gegen die gewalttätigen Aktionen der internen Opposition und das Agieren ihrer Hintermänner in den USA mit den Worten: „Der Putschversuch in Venezuela wird scheitern. Das bolivarianische Projekt in Venezuela lebt, Hugo Chavez lebt, Hugo Chavez wird siegen!“

Und auch Manuel Zelaya, der durch einen Staatsstreich gestürzte ehemalige Präsident von Honduras, ging in seinem Beitrag auf die Lage in dem lateinamerikanischen Bruderland ein. Ausgehend von seinen Erfahrungen in Honduras konstatierte er „eine verdeckte Eskalation der Rechten speziell auf unserem lateinamerikanischen Kontinent, der reaktionärsten Rechten, die wir in den letzten Jahren gesehen haben und alle von der reaktionärsten Gruppe der Falken in Washington gefördert.“

Der Zusammenhang zwischen diesen Roll-back-Versuchen und dem Kampf um Erdöl und –gas wurde im ersten Schwerpunkt deutlich herausgearbeitet. Dass das nicht auf Venezuela beschränkt ist, zeigen die aktuellen Ereignisse um den staatlichen mexikanischen Erdölkonzern PEMEX (Privatisierung des Energiesektors, Öffnung der Erdölförderung für ausländische Konzerne). „Eine gemeinsame Strategie der Linken ist dringend erforderlich, die diese in die Lage versetzt, gegen die mögliche Verwandlung Mexikos in ein Neo-Protektorat der Vereinigten Staaten anzugehen und diesen Prozess umzudrehen“, forderten Alberto Carral und Herón Escobar von der PT in ihrer gemeinsamen Arbeit.

Emotionaler Höhepunkt war sicherlich der Auftritt von Aleida Guevara March, der Tochter von Che Guevara, am 2. Seminartag, die ihren Redebeitrag mit dem Lied von Victor Jara „Plegaria a un labrador“, einem Bekenntnis zum gemeinsamen Kampf für ein gerechteres Lateinamerika, abschloss; was die Anwesenden mit einem starken Applaus bedachten.

In diesem 2.Themenkomplex wurden u.a. die jüngsten Wahlsiege der FMLN in El Salvador, der Koalition Nueva Mayoría der Sozialisten mit Kommunisten und anderen in Chile, die sehr guten Wahlergebnisse der Frente Amplio in Costa Rica durch die beteiligten Organisationen analysiert und es wurde ein Ausblick auf die in diesem Jahr anstehenden Wahlkämpfe (Brasilien, Uruguay, u.a. ) gegeben.

Der zentrale Vortrag im Rahmen des 3. Schwerpunktes war der Beitrag von Alfredo Jalife-Rahme, einem in Mexico sehr bekannten Journalisten und Analysten zu geopolitischen Fragen, der sich unter dem Titel „Die Welt im Post-Krim-Zeitalter“ sehr ausführlich mit den Hintergründen der Ereignisse in der Ukraine unter geostrategischen Gesichtspunkten befasste.

Zum Abschluss wurden verschiedene Resolutionen verabschiedet, u.a. zur Solidarität mit den Cuban 5 und der Forderung nach deren Freilassung, gegen die Reste von Kolonialismus – Puerto Rico, Westsahara und zur Solidarität mit der Regierung in Venezuela. Des Weiteren wurden Termin und Agenda des 19. Seminars im kommenden Jahr (12.-14. März 2015) festgelegt.

Rainer Schulze