Europa

13.07.2015: Nach einem 17-stündigen Verhandlungsmarathon, Erpressungen, finanzieller Erstickung und Schließung der Banken hat die griechische Regierung dem Diktat von Schäuble, Merkel und der Eurogruppe zugestimmt (Anlage). Alexis Tsipras spricht von einem 'beinharten' Abkommen, betont aber, dass der "Plan der finanziellen Strangulierung und der Zusammenbruch des Finanzsystems verhindert" wurde, ein "Plan, der bis ins letzte Detail ausgearbeitet vorlag und bereits in Ansätzen umgesetzt wurde." Der griechische Premier hat seine Absicht bekräftigt, die Belastungen den reichsten Griechen aufzuerlegen und die unteren Volksklassen zu schützen. Die Rede im Wortlaut:

Erklärung von Premierminister Alexis Tsipras zum Abkommen des Gipfeltreffens der Eurozone

"Seit nunmehr sechs Monaten kämpfen wir und haben bis zuletzt um das bestmögliche Ergebnis gerungen, um ein Abkommen, das es dem Land ermöglichen wird, auf eigenen Füßen zu stehen und dem griechischen Volk, den Kampf fortzusetzen.

Wir waren mit schweren Entscheidungen und Dilemmas konfrontiert. Wir haben Verantwortung für den nunmehrigen Beschluss übernommen, um die Implementierung der extremsten Ziele der konservativsten Kreise in der Europäischen Union zu verhindern.

Das getroffene Abkommen ist ein beinhartes. Allerdings haben wir verhindert, dass öffentliches Eigentum ins Ausland transferiert wird (Anmerkung von kommunisten.de: Die griechische Regierung verhinderte den deutschen Vorschlag, den Privatisierungsfond in Luxemburg bei einer Institution zu installieren, die der deutschen, staatlichen KfW-Bank gehört. Der Chef des Fonds wäre Schäuble selbst, sein Stellvertreter SPD-Chef Sigmar Gabriel. Stattdessen wird der Fond in Griechenland eingerichtet und von der griechischen Regierung und der EU-Kommission gemeinsam verwaltet), wir haben den Plan der finanziellen Strangulierung und den Zusammenbruch des Finanzsystems verhindert, einen Plan, der bis ins letzte Detail ausgearbeitet vorlag und bereits in Ansätzen umgesetzt wurde.

Schließlich ist es uns in diesem erbitterten Kampf gelungen, uns auf die Umstrukturierung der Schulden und einen mittelfristigen Finanzierungsprozess zu einigen.

Es war uns bewusst, dass wir mit keiner einfachen Aufgabe konfrontiert waren, aber wir haben ein sehr wichtiges Vermächtnis hinterlassen. Ein wichtiges Vermächtnis und eine Veränderung, der Europa so sehr bedarf. Griechenland wird weiter kämpfen und wir werden weiter kämpfen, damit wir zum Wachstum und zur Wiederherstellung unserer verlorenen nationalen Souveränität zurückkehren können. Wir haben uns unsere Volkssouveränität verdient. Wir haben durch Europa und die ganze Welt eine Botschaft der Demokratie und der Würde geschickt. Dies ist das wichtigste Vermächtnis.

Zuletzt möchte ich all meinen Kolleg/innen, Minister/innen und Bündnispartner/innen danken, die mit mir bis zum Schluss diesen erbitterten Kampf durchgestanden haben. Einen Kampf, der am Ende des Tages gerechtfertigt sein wird.

Die Entscheidung des heutigen Tages bewahrt Griechenland in einem Zustand der finanziellen Stabilität, sie enthält das Potential der wirtschaftlichen Genesung und gleichzeitig wussten wir von vorneherein, dass es ein Abkommen sein würde, dessen Umsetzung schwierig werden wird.

Die vereinbarten Maßnahmen umfassen jene, die im Parlament bereits angenommen wurden. Es sind dies Maßnahmen, die unweigerlich einen Trend zur Rezession mit sich bringen werden. Allerdings habe ich auch das Gefühl, den Glauben und die Hoffnung, dass das Wachstumspaket in Höhe von 35 Mrd. €, das wir ausgehandelt haben, die Schuldenumstrukturierung und die gesicherte Finanzierung für die nächsten drei Jahre das Vertrauen der Märkte und der Investoren wiederherstellen werden, dass ein Grexit der Vergangenheit angehört. Dieses Vertrauen kann eine Investitionswelle auslösen, die den Trend zur Rezession auffängt.

Gleichzeitig glaube ich, dass eine große Mehrheit der griechischen Bevölkerung die Bemühungen unterstützt, zum Wachstum zurückzukehren, da sie einerseits anerkennt, dass wir bis zum Schluss für eine gerechte Sache gekämpft und die ganze Nacht hindurch verhandelt haben, dass wir andererseits, unabhängig wie hoch die Belastungen sein werden, diese mit sozialer Gerechtigkeit ausgleichen werden – und unsere Präsenz ist eine Garantie dafür. Und es wird nicht der Fall sein, dass die Kosten für das Gesetz nur jene zu tragen haben werden, denen sie in den letzten Jahren aufgebürdet worden sind. Diesmal werden auch all jene, denen es in der vergangenen Periode gelungen ist, sich zu entziehen, weil sie von den früheren Regierungen darin unterstützt wurden, auch zahlen, sie werden die Belastungen tragen.

Zuletzt möchte ich ein Versprechen abgeben: Wir müssen jetzt genauso erbittert kämpfen wie wir dafür gekämpft haben, das bestmögliche Ergebnis in Europa zu erzielen, um die angestammten Privilegien innerhalb des Landes loszuwerden. Griechenland braucht radikale Reformen zugunsten der sozialen Kräfte und gegen die Oligarchie, die uns zu diesem Punkt geführt hat. Und das ist das Versprechen bezüglich der neuen Bemühungen, die wir morgen in Angriff nehmen werden.“

Übersetzung: Hilde Grammel