Analysen

report_91_cover09.12.2012: Ausgangspunkt und roter Faden dieses Heftes zur notwendigen "ökologischen Transformation" unserer Gesellschaft ist die Marxsche Erkenntnis: "Der Kapitalismus ruiniert die Springquellen des Reichtums, auf denen er beruht: den Arbeiter und die Natur".

In Kapitel I belegt Conrad Schuhler, dass, würde sich der westliche Lebensstil im Verbund mit der jetzigen Produktionsweise global durchsetzen, dies das Ende der Menschheit bedeuten würde. Der sprunghaft steigende Naturverbrauch und die rasant wachsende Umweltbelastung wären nicht vereinbar mit den Überlebensbedingungen der Menschheit auf dem Biotop Erde. Punkt für Punkt werden die Verheißungen eines Grünen Kapitalismus als falsch widerlegt. Fazit: Auch die ökologische Frage ist eine Klassenfrage, sie kann nur gelöst werden durch eine neue Verteilung der gesellschaftlichen Macht.

Franz Garnreiter untersucht in Kapitel II die Bedingungen einer echten Energiewende. Die Produktion des öffentlichen Gutes Energie verlangt die Erzeugung und Nutzung von Energieträgern in öffentlichen, demokratisch organisierten Unternehmen nach Kriterien des Bedarfs und des sorgsamen Umgangs mit der Natur. Hand in Hand mit dem Kampf um die Vergesellschaftung der großen Energiekonzerne muss der Aufbau einer alternativen Energiewirtschaft stattfinden. Im Zentrum dieser neuen Energiewirtschaft stehen die kommunalen Betriebe als Kernstück einer dezentralen, kleinräumigen Energieversorgung. Der Wachstum- Maxime des Kapitalismus stellt der Autor die Forderung nach Umverteilung der Einkommen in nationalem und globalem Maßstab entgegen, wodurch der Lebensstandard aller gesichert werden kann ohne weitere Belastung der Umwelt.

Im dritten Kapitel entwickelt Helmut Selinger einen globalen CO2-Budgetansatz, um die jedem Staat zustehenden CO2-Emissionsrechte nach dem Prinzip einer globalen Klimagerechtigkeit (Pro-Kopf-Basis) zu berechnen, die Ausstöße zu kontrollieren und die entsprechenden Finanzströme zu regulieren. Voraussetzung dafür ist, dass alle Staaten die Atmosphäre als Gemeingut anerkennen, eine Obergrenze der bis 2050 zu emittierenden CO2-Gesamtmenge und die entsprechenden nationalen Anteile akzeptieren. Eine Chance zur Durchsetzung dieser Methode als Verhandlungsgrundlage bei den internationalen Klimaverhandlungen sieht der Autor dann, wenn sich die G77-Staatengruppe (der wirtschaftlich schwächeren Länder) diesen Budgetansatz zu eigen macht und er von der globalen Klimagerechtigkeitsbewegung unterstützt wird.

Im Schlusskapitel analysiert Joachim Schubert die Haltung der IG Metall zum "grünen" Kapitalismus. Die Konzepte der IG Metall werden als "gesellschaftlich und ökologisch sinnvoll und fortschrittlich" eingeschätzt. "Sie haben Reformcharakter und stoßen teilweise an die Grenzen des Kapitalismus". Sie ließen sich aber nicht "in Sozialpartnerschaft" umsetzen, sondern nur im Klassenkampf. In diesem Kampf könnten sowohl die Begrenztheit der Reformen als auch die Illusionen in den Staat und in den Kapitalismus sichtbar werden.

In einem eigenen Essay widmet sich Helmut Selinger dem Thema "Marxismus und Ökologie". Dieses Verhältnis sei nicht ungetrübt. Zwar hätten Marx und Engels das Mensch-Natur-Verhältnis und damit die ökologische Frage prinzipiell richtig erfasst. In der Politik des "realen Sozialismus" wie der kommunistischen/sozialistischen Parteien insgesamt spielten aber der erbitterte Systemwettkampf zwischen Kapitalismus und Realsozialismus und Kalter Krieg und atomare Bedrohung die wesentlichen Rollen. Mittlerweile aber hätten die Marxisten dazugelernt. Eine vernünftige gesellschaftliche Entwicklung sei nur sozialistisch, demokratisch und ökologisch vorstellbar.

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