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Internationaler Frauentag 2021 208.03.2021: Seit 110 Jahren gehen Frauen am 8. März für ihre Rechte auf die Straße. Die Aktivitäten sind so unterschiedlich wie die Frauen, die sie organisieren, wie die Staaten, in den denen sie stattfinden und wie die dort aktuell anstehenden Themen und Forderungen. Bettina Jürgensen zum Internationalen Frauentag.

 

Auf der Suche nach Informationen und Aktivitäten zum Internationalen Frauentag 2021 fällt ein neuer Begriff in die Augen, der erst einmal nachgeschlagen werden muss: "Was, bitte schön, ist FLINT*?" Die Suchmaschine im Internet weist auf das Queer Lexikon: "FLINT* ist eine Abkürzung, die ausdrücken soll, wer in bestimmten Räumen oder zu bestimmten Veranstaltungen willkommen ist. Sie steht für Frauen (das meint meist spezifisch cis hetero Frauen), Lesben, Inter Menschen, Nichtbinäre Menschen und Trans Menschen."

Der Internationale Frauentag nach 110 Jahren

Auf dem Sozialistenkongress 1910 in Kopenhagen waren es Clara Zetkin und Käte Duncker, die sich für den Frauentag einsetzten. Der Beschluss lautete:

Internat Frauentag Wahlrecht"Im Einvernehmen mit den klassenbewussten politischen und gewerkschaftlichen Organisationen des Proletariats in ihrem Lande veranstalten die sozialistischen Frauen aller Länder jedes Jahr einen Frauentag, der in erster Linie der Agitation für das Frauenwahlrecht dient. (…) Der Frauentag muss einen internationalen Charakter tragen und ist sorgfältig vorzubereiten."

Seit 110 Jahren gehen Frauen am 8. März für ihre Rechte auf die Straße. Die Aktivitäten sind so unterschiedlich wie die Frauen, die sie organisieren, wie die Staaten, in den denen sie stattfinden und wie die dort aktuell anstehenden Themen und Forderungen.

Viele Jahrzehnte führte dieser Tag in der kapitalistischen BRD ein Nischendasein. Von den linken, fortschrittlichen Kräften und manchmal auch von den Gewerkschaften, wurden am 8. März Aktionen und Veranstaltungen für die Rechte der Frauen durchgeführt. Die Bedeutung dieses Tages musste immer wieder der aktuellen Situation entsprechend erarbeitet und über die Ziele, sowie bereits Erreichtes informiert werden.

Eine besondere Rolle bekam der Internationale Frauentag durch soziale Kämpfe in den 1970er und 80er Jahren.

Die "Heinze-Frauen" sind bis heute ein Beispiel für erfolgreichen Widerstand. Die Beschäftigten eines Foto-Großlabors in Gelsenkirchen machten 1981 Schlagzeilen, als sie vor dem Bundesarbeitsgericht in Kassel die gleiche Bezahlung wie ihre männlichen Kollegen erstritten. Sie lösten mit ihrem Sieg eine Flut von Folgeprozessen aus und werden als wegweisend für die Gleichberechtigung von Frau und Mann im Berufsleben gesehen. Trotzdem ist bis heute die Lücke, der Equal-Pay, im Lohn zwischen den Geschlechtern nicht geschlossen.

  Der ARD-Film "Keiner schiebt uns weg" erinnert an den Kampf der Heinze-Arbeiterinnen  
  Keiner schiebt uns weg  
  ARD-Mediathek: "Keiner schiebt uns weg"  


Frauengruppen sind aktiv zu unterschiedlichen politischen Themen. Am Internationalen Frauentag werden die Forderungen bekannt gemacht: für den Frieden, gegen Rechtsentwicklung, gegen alte und neue Nazis, gegen Arbeitslosigkeit, gegen Gewalt gegen Frauen, gegen die Paragraphen 218 und 219, gegen sexuelle Übergriffe, für gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit, das Recht auf Gesundheit.

Internationaler Frauentag 2021 1

Der Internationale Frauentag war und ist auch immer ein Tag der internationalen Solidarität – ob mit den Frauen in Vietnam und gegen den Krieg, mit denen in Chile für die Unidad Popular und gegen den Faschisten Pinochet, für Kämpferinnen in Nicaragua, El Salvador, Kuba und heute mit den Frauen in Rojava, denen in den Textilfabriken in Indien und Bangladesh.

  YPJ IS Anordnung Kleidung  
  Eine Kämpferin der Frauenverteidigungseinheiten YPJ zerstört bei der Befreiung Nord- und Ostsyriens vom IS ein Plakat des IS mit Anordnungen für die Kleidung der Frauen  

 

Der 8. März gewinnt an Bedeutung

Seit den 90er-Jahren gewinnt der Internationale Frauentag nicht nur international, sondern auch in diesem Land an Bedeutung. Überall wird auf diesen Tag hingewiesen, er wird erwähnt in den Medien und auch Politiker*innen der Regierungen können nicht daran vorbei.

In Berlin ist der 8. März ein Feiertag!

Ein Erfolg des Kampfes. Denn nichts wird uns geschenkt, auch nicht der 8. März als Aktionstag für die Rechte der Frau!

Grund genug, sich immer enger zusammenzuschließen und Bündnisse zur Durchsetzung der Forderungen zu bilden.

Seit den 2000er Jahren werden Demonstrationen und Aktionen mit steigenden Zahlen der Teilnehmenden durchgeführt. Häufig geht es um die Verteidigung der Frauenrechte, die seit den 1970er-Jahren erkämpft wurden.

Für eine feministische Zukunft

Zehntausende Frauen und Unterstützer*innen haben in den letzten Jahren auf Demonstrationen deutlich gemacht, wofür gekämpft wird: für gleichen Lohn für gleiche Abend, die Streichung der Paragraphen 218/219a, die Abschaffung der ärztlichen Gutachtenpflicht zur Anerkennung von Trans- und Intergeschlechtlichkeit, gegen die Kitakrise und den Pflegenotstand, gegen die deutsche Abschiebungspolitik, gegen Krieg und Rechtsentwicklung und - last but not least- für eine feministische Zukunft.

Dabei ist das Problem, dass alte Rollenbilder und Geschlechterstereotype wieder zunehmen. Dies hat eine Studie der Bertelsmann-Stiftung ergeben. Frauen übernehmen überproportional sowohl die Hausarbeit, die Kinderbetreuung und das Homeschooling. Eine Studie der UN ermittelte, dass Frauen im Vergleich zu Männern etwa das Dreifache der unbezahlten Sorgearbeit übernehmen.

Erfahrungen von Ungleichheit, Diskriminierung und Gewalt sind für FLINT* - also Frauen, Lesben, Inter-, Nichtbinäre und Transmenschen - überall auf der Welt alltäglich: Psychische und physische Gewalt, geringere Bezahlung für ihre Arbeit, die Nicht-Anerkennung von verschiedenen Geschlechtern und Sexualitäten abseits vom heterosexuellen Mann und Frau.

Natürlich darf gefragt werden, ob der Aufruf zu einer "FLINT* Demonstration am 8. März" auch die Frauen erreicht, die sich nicht in dem Umfeld der genannten Gruppen bewegen. Andererseits steht jedoch die Mitarbeit in den Bündnissen zum 8. März allen Frauen offen. Und hier werden die Aktionen und die Schwerpunkte diskutiert und vorbereitet.

Neue Kämpfe um alte Themen

Die Themen haben sich nicht so sehr verändert, wie es neue Abkürzungen wie FLINT* zunächst vermuten lassen. Das Selbstbestimmungsrecht der Frau über ihren Körper, das Recht auf Gesundheit, der Kampf gegen psychische und physische Gewalt, der Kampf für soziale Gerechtigkeit, für gute und gesunde Arbeit bei gleichem Lohn für gleichwertige Arbeit, der Kampf gegen Faschismus und Krieg sind immer noch bestimmende Forderungen.

Für diesen Kampf brauchen wir Viele – da ist es gut, wenn FLINT* zusammengehen!

Bettina Jürgensen, marxistische linke