Deutschland

Autobahnprivatisierung07.06.2017: Mit den Stimmen der SPD wurde die Türe für die Privatisierung der Autobahnen geöffnet ++ SPD will keinen Politikwechsel ++ auch LINKE hat Erklärungsbedarf ++ im Bundesrat stimmten auch Länder mit Regierungsbeteiligung der LINKEN zu ++  Parteivorstand: hätten uns ein anderes Abstimmungsverhalten gewünscht ++ Dokumentiert: Sicht Brandenburgs, Thüringens und Berlins | Erklärung des Parteivorstandes der LINKEN

 

Zum Abschluss ihrer Legislaturperiode hat die Große Koalition noch eines ihrer wichtigsten Vorhaben unter Dach und Fach gebracht: Im Schnelldurchlauf wurden 13 Artikel des Grundgesetzes geändert – am Donnerstag (1. Juni) stimmte der Bundestag mit einer Mehrheit von 463 Stimmen aus CDU/CSU und SPD dem Gesetzespaket zu, und schon am nächsten Tag folgte der Bundesrat einstimmig.

Bundestag-Abstimmung-Autobahn 2017-06-01

In eine Neuregelung des Bund-Länder-Finanzenausgleichs war ein "giftiges Abschiedsgeschenk der Großen Koalition" verpackt, wie Sahra Wagenknecht den Regierungsparteien in ihrer Rede vorhielt. Schon Wochen zuvor hatten ExpertInnen in einer öffentlichen Anhörung des Haushaltsauschusses auf den kritischen Punkt des Paketes aufmerksam gemacht: die Gefahr einer Privatisierung der Autobahnen.

Da die Privatisierung der Autobahnen ausgesprochen unpopulär ist, haben sich alle Parteien im Bundestag dagegen ausgesprochen. Für CDU/CSU und SPD geht es aber nur darum, dass das neue Gesetz nicht Privatisierung genannt werden darf. Carl Waßmuth vom Verein 'Gemeingut in BürgerInnenhand' (GiB) kommentierte den Beschluss des Bundestages: "Das ist die erste Privatisierung, die angeblich gar keine sein soll. Den Bürgerinnen und Bürgern wird die heutige Abstimmung teuer zu stehen kommen." Da sei es gut zu wissen, wer dies ermöglicht hat.

Insbesondere die SPD beteuerte immer wieder, dass mit ihr eine Privatisierung der Autobahnen nicht zu machen sei. Doch was wurde beschlossen:
Artikel 90 wurde wie folgt geändert:
a)
(1) Der Bund ist Eigentümer der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs. Das Eigentum ist unveräußerlich."
b)
(2) Die Verwaltung der Bundesautobahnen wird in Bundesverwaltung geführt. Der Bund kann sich zur Erledigung seiner Aufgaben einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen. Diese Gesellschaft steht im unveräußerlichen Eigentum des Bundes. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz."

"Niemand hat die Absicht, die Autobahnen zu privatisieren"

Es wird also eine Infrastrukturgesellschaft gegründet, die alle Aufgaben rund um das Fernstraßennetz bündeln soll. Mit der beschlossenen Formulierung kann mit einfacher Mehrheit die GmbH auch in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden, die Kredite aufnimmt, oder die Autobahnen als ÖPP-Projekte führt. Private Unternehmen können sich so am Bau und Betrieb von Autobahnen beteiligen und dadurch über Jahrzehnte hinaus eine garantierte Rendite aus Maut oder Steuern erhalten. Hier ist auch der Zusammenhang zur Einführung der PKW-Maut. Zudem soll Fremdkapital zum Einsatz kommen, für das der Bundeshaushalt haftet, etwa wenn eine beteiligte Gesellschaft Konkurs anmeldet. Erst kürzlich hatte sogar der Bundesrechnungshof vor der Beteiligung privater Unternehmen gewarnt, weil alle bisherigen Erfahrungen beweisen, dass dies dem Steuerzahler teuer zu stehen kommt. Zudem kann die private Gesellschaft künftig mit Berufung auf Geschäftsgeheimnisse jede Transparenz verhindern, da der Bundestag künftig nicht mehr zustimmen muss.

 

Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister (9.9.2014): „Natürlich arbeiten wir auch daran, den Bereich Infrastruktur stärker für Investitionen der Versicherungswirtschaft, von Pensionskassen und der anderen großen Kapitalsammelstellen zu öffnen.“

Alexander Dobrindt (CSU), Bundesverkehrsminister (19.2.2015): „Das kann ein Erfolgsmodell sein, das uns die Chance gibt, viele Infrastrukturaufgaben, die wir aus normalen Haushalten so nicht mehr finanzieren können, zu lösen.“


DIE LINKE hatte im Bundestag einen Antrag eingebracht, der Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen sollte. Er wurde abgelehnt.

Kein Politikwechsel mit der SPD

Üblicherweise liegen bei Grundgesetzänderungen drei Wochen zwischen der Beschlussfassung im Bundestag und der Behandlung im Bundesrat. Doch diesmal beschloss der Bundesrat bereits am nächsten Tag, obwohl am 2. Juli die nächste Sitzung des Bundesrates stattfindet. Es wäre also Zeit gewesen. Nicht jedoch für die SPD-Führung. Sie steht unter Zeitdruck. Am 25. Juni findet der Bundesparteitag statt. Und an der SPD-Basis brodelt es vor allem wegen der Privatisierung der Autobahnen. Eine Kampagne sammelte bereits 120.000 Unterschriften. Man wolle "die Sache vor der Wahl unbedingt eintüten, weil ein neoliberales Projekt dieser Tragweite, mit all den dafür nötigen Grundgesetzänderungen, nur eine Große Koalition mit ihrer parlamentarischen Übermacht im Bundestag ins Werk setzen kann", sagt die Berliner SPD-Politikerin Gerlinde Schermer, die den Aufruf im Namen der SPD-Basis gegen die drohende Autobahnprivatisierung gestartet hatte. Bürgerinnen und Bürger beschweren sich seither und bekommen Standardantworten der SPD. Darin heißt es unter anderem, die SPD habe ja die Privatisierung ausgeschlossen. Hat sie aber nicht.

Autobahnprivatisierung Chris Grodotzki-CampactDie SPD mit Martin Schulz an ihrer Spitze hätte beweisen können, dass sie es ernst meint mit der "sozialen Gerechtigkeit" und dem Politikwechsel. Sie hat das Gegenteil bewiesen. Sie führt die Politik fort, die von Sigmar Gabriel eingefädelt worden ist und die Idee der Ausgliederung der Autobahnen in eine GmbH oder AG populär gemacht hat. Im Sommer 2014 gab er als Wirtschaftsminister den Startschuss für die Privatisierung der Autobahnen, um damit "Lebensversicherungskonzernen attraktive Angebote (zu) machen, sich an der Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur zu beteiligen“. In seinem Auftrag wurde eine 'Expertenkommission' mit Jürgen Fitschen, Co-Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Bank und anderen Vertretern von Versicherungskonzernen und Banken unter Vorsitz des DIW-Chefs Marcel Fratzscher gebildet. Nicht überraschend, dass diese 'Experten' im Frühjahr 2015 zu dem Ergebnis kamen, dass für die "Finanzierung öffentlicher Infrastrukturprojekte auch privates Anlagekapital stärker einzubinden" sei. In diesem Zusammenhang erachteten sie auch die "Schaffung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft für Bundesfernstraßen für notwendig". Es geht darum, die öffentliche Infrastruktur dem privatem Kapital zu öffnen, um der Finanzbranche in Zeiten von Nullzinsen renditeträchtige Anlagen zu verschaffen.

Daraufhin machten sich Beraterfirmen, u.a. PricewaterhouseCoopers (PWC), in enger Absprache mit dem Kanzleramt an die Arbeit, entwickelten ein Konzept und brachten es in eine Gesetzesform, mit der sie die Autobahnprivatisierung durch die Hintertür durchsetzten– und zwar als ein Unterpunkt des "Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems", also des berühmten "Länderfinanzausgleichs“.

DIE LINKE
im Bundestag dagegen, ..

Aber auch DIE LINKE hat Erklärungsbedarf. Im Bundestag stimmte die Linksfraktion geschlossen gegen das Gesetzespaket.

Autobahnprivatisierung-NeinSahra Wagenknecht, Dietmar Bartsch, Katja Kipping und Bernd Riexinger hatten in einer gemeinsamen Erklärung festgehalten: "Mit den geplanten Grundgesetzänderungen schafft die Bundesregierung die entscheidende Grundlage für eine zukünftige Abzocke der Autofahrer. Die Grundgesetzänderung ermöglicht die Übertragung der Verwaltungs- und Nutzungsrechte in eine privatrechtliche Gesellschaft, erweitert die Möglichkeiten für Öffentlich-Private-Partnerschaften beim Bau und Betrieb von Autobahnen, und sie schließt eine Beteiligung von Privatinvestoren an der Bundesautobahngesellschaft über spezielle Finanzinstrumente nicht wirksam aus. Die Große Koalition täuscht daher die Öffentlichkeit, wenn sie die Privatisierung der Autobahn über Grundgesetzänderungen möglich macht und gleichzeitig behauptet, diese Möglichkeiten über einfache Gesetze zum Teil wieder eingeschränkt zu haben. Eine einfache Mehrheit reicht zukünftig aus, um die halb geöffneten Hintertüren ganz zu öffnen. Wer nicht den Plan hat, die Autofahrer für die Finanzkonzerne zur Kasse zu bitten, der darf keine Hintertüren schaffen und muss eine Autobahnprivatisierung im Grundgesetz, wie bisher, ausschließen.
Wir halten es für inakzeptabel, dass die Autobahnprivatisierung im Bundesrat in erpresserischer Art und Weise im Gesamtpaket zur Reform der Bund-Länder-Finanzen zur Abstimmung gestellt werden soll. DIE LINKE wird im Bundestag gegen jede Form der Autobahnprivatisierung stimmen."

Sahra Wagenknecht an die Große Koalition (1.6.2017)
"Wenn Sie angeblich keine Privatisierung wollen, warum übertragen sie dann die Nutzungsrechte an eine Gesellschaft privaten Rechts? Warum schließen Sie eine teure Fremdfinanzierung durch private Kapitalgeber im Grundgesetz nicht aus? Warum verankern Sie die Ausplünderung des Steuerzahlers durch Öffentlich-Private Partnerschaften in Zukunft sogar im Grundgesetz, statt sie konsequent zu verbieten? Offensichtlich sind Ihnen die Renditewünsche der Allianz und anderer Finanzkonzerne wichtiger als die Interessen der Bürgerinnen und Bürger. Die Bundestagsfraktion der Linken macht bei diesen fatalen und zutiefst ungerechten Grundgesetzänderungen nicht mit. Wir stimmen mit Nein!"


.. im Bundesrat dafür

Am Tag darauf stimmten jedoch die von der LINKEN mitregierten Bundesländer Berlin, Brandenburg und Thüringen im Bundesrat der Autobahnprivatisierung zu, obwohl DIE LINKE und ihre Bundestagsfraktion diese Pläne am Tag zuvor noch abgelehnt hatten und es zahlreiche Appelle gab, sich im Bundesrat nicht den Erpressungen der Großen Koalition durch die Verknüpfung mit dem Länderfinanzausgleich zu beugen.

So hatten z.B. Bundestagsabgeordneten der Linksfraktion Jan van Aken, Herbert Behrens, Christine Buchholz, Nicole Gohlke, Andrej Hunko, Sabine Leidig, Niema Movassat, Norbert Müller und Hubertus Zdebel an ihre Mitglieder in den Landesregierungen appelliert, sich nicht erpressen zu lassen und die Autobahnprivatisierung abzulehnen.

"Die SPD verkündet, sie habe die Privatisierung verhindert. Doch das Gegenteil ist der Fall! Wer eine Privatisierung verhindern möchte, ermöglicht gar nicht erst die Übertragung der Verwaltungs- und Nutzungsrechte in eine privatrechtliche Gesellschaft. Wer eine Privatisierung verhindern möchte, erweitert gar nicht erst die Möglichkeiten für Öffentlich-Private-Partnerschaften beim Bau und Betrieb von Autobahnen. Wer eine Privatisierung verhindern möchte, erlaubt gar nicht erst die Beteiligung von Privatinvestoren an der Bundesautobahngesellschaft. Diese Hintertüren wurden geschaffen, damit die Konzerne hindurch treten können. Die LINKE. im Bundestag hat gegen diese Privatisierung gestimmt! Die Autobahnen gehören der Allgemeinheit. Sie dürfen nicht der Profitgier privater Konzerne geopfert werden!

Es ist ein erpresserisches Manöver vor allem von Finanzminister Schäuble im Chor mit der SPD, dass die Autobahnprivatisierung im Bundesrat nun in einem gemeinsamen Paket mit den Bund-Länder-Finanzbeziehungen zur Abstimmung steht. Denn die Bundesländer leiden unter der Schuldenbremse und klammen Landeshaushalten. Sie können die in Aussicht gestellten Hunderte Millionen Euro natürlich dringend gebrauchen. Auch die Länder mit linker Regierung und Regierungsbeteiligung, Berlin, Brandenburg und Thüringen sind dringend auf diese finanziellen Mittel angewiesen, wenn sie spürbare soziale Verbesserungen durchsetzen wollen.

Doch in der einen Hand hält Schäuble die Geldbündel, in der anderen die Pistole. Denn mit der Entscheidung im Bundesrat steht auch ein Stück Glaubwürdigkeit der LINKEN insgesamt zur Entscheidung. Es wird perfiderweise auch mit darüber entschieden, ob die LINKE weiterhin als authentische Kraft im Bündnis mit außerparlamentarischen Bewegungen und Privatisierungsgegnerinnen und -gegnern wahrgenommen wird und Widerstand gegen die neoliberale Politik aufbauen kann.

Die Bundesregierung belügt die Öffentlichkeit. Und sie versucht mit ihrem taktischen Abstimmungsmanöver Die LINKE zu spalten und ihre Glaubwürdigkeit zu beschädigen, weil sie weiß, dass unser berechtigter Protest eine Gefahr für ihren neoliberalen Raubzug ist.

Deshalb appellieren wir an unsere Genossinnen und Genossen in Regierungsverantwortung: Die LINKE darf sich nicht erpressbar machen! Stehen wir gemeinsam gegen Privatisierungen zusammen, weil es den Kern unseres Selbstverständnisses als Partei ausmacht!"

Jan van Aken, Herbert Behrens, Christine Buchholz, Nicole Gohlke, Andrej Hunko, Sabine Leidig, Niema Movassat, Norbert Müller und Hubertus Zdebel


Die Thüringer Landtagsabgeordnete Johanna Scheringer-Wright (DIE LINKE) erinnerte daran, dass lt. Koalitionsvertrag von Rot-Rot-Grün in Thüringen jedoch klar ist, "wenn sich die drei Parteien bei einer Abstimmung nicht einig sind, müssen sich die Regierungsvertreter im Bundesrat enthalten“. Zudem habe der Landesvorstandes der Partei DIE LINKE.Thüringen einen Antrag beschlossen in dem es heißt, "DIE LINKE Thüringen lehnt jede Privatisierung öffentlichen Eigentums ab, wir sprechen uns klar gegen eine Privatisierung von Autobahnen und Fernstraßen aus".

Da die Linkspolitiker im Bundesrat auch gegen die Privatisierung der Autobahnen sind, stellten sie den Antrag, zum Thema Bund-Länder-Finanzen den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit wollten sie erreichen, dass das Thema Infrastrukturgesellschaft für die Autobahnen abgekoppelt und die Privatisierungsgefahr beseitigt wird. Erwartungsgemäß lehnte die Mehrheit diesen Antrag ab. Daraufhin stimmten auch die Bundesländer Berlin, Brandenburg und Thüringen dem Gesetzespaket und damit der möglichen Autobahnprivatisierung zu. Sie begründen dies mit der Finanznot der Bundesländer. "Ein (von uns LINKEN im Zweifel ursächlich erzwungenes) Scheitern des Finanzausgleichs hätte uns in allen drei von der LINKEN mitregierten Ländern dringend notwendige und von uns in die Koalitionsverträge hineingekämpfte Investitionen im sozialen Bereich, in die Infrastruktur, in Jugend und Bildung massiv erschwert oder unmöglich gemacht", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung [Anhang 1]

Der Parteivorstand erklärte am 3. Juni, dass er zwar das Dilemma verstehe, vor dem die linken Regierungsvertreter in den Ländern stehen, die verlässliche landespolitische Finanzspielräume langfristig sichern wollten und von der Bundesregierung erpresst würden. Trotzdem halte der Parteivorstand der Partei DIE LINKE die Entscheidung der Landesregierungen im Bundesrat für falsch und hätte sich ein anderes Abstimmungsverhalten gewünscht. [Anhang 2]

 "Wir halten deshalb die Entscheidung der Landesregierungen im Bundesrat für falsch und hätten uns ein anderes Abstimmungsverhalten gewünscht."
Beschluss des Parteivorstandes DIE LINKE, vom 3. Juni 2017

 

Anhang

[1]

FAQ zum Thema "Bund-Länder-Finanzen" und Autobahnprivatisierungsgefahr aus Sicht Brandenburgs, Thüringens und Berlins

Was wurde am Freitag im Bundesrat überhaupt beschlossen?

Es ging um die sogenannten „Bund-Länder-Finanzen“, also das System nachdem das Geld zwischen Ländern und dem Bund verteilt wird. Der bisherige Länderfinanzausgleich musste neu gefasst werden, da er zum Jahresende 2019 ausläuft. Für Brandenburg geht es dabei um mindestens 780 Mio. € pro Jahr. Für Thüringen sind es mindestens 845 Mio. € pro Jahr, für Berlin 460 Mio. € jährlich. Weitere 1,8 Mrd. € für Brandenburg sowie 2,2 Mrd. € für Thüringen und rund 3,5 Mrd. € für Berlin wären in erheblichem Umfang mit Risiken behaftet gewesen. Mit diesem Beschluss wurde aber auch eine Menge anderer Fragen geregelt, von Investitionen in die Bildungsinfrastruktur finanzschwacher Kommunen über den Unterhaltsvorschuss, einen verbindlichen bundesweiten Online-Portalverbund für digitale öffentliche Dienstleistungen für die Bürger*innen, bis hin zur Gründung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes. Letztere stand bisher am meisten im öffentlichen Fokus. Der Bund erhält dabei die alleinige Verantwortung für Planung, Bau, Betrieb Erhaltung, Finanzierung und vermögensmäßige Verwaltung der Bundesautobahnen.

Wie kam es zu dieser Kopplung?

Im Rahmen der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs zahlt der Bund jährlich ab dem Jahr 2020 9,75 Milliarden Euro an die Länder. Dazu war er nur gegen Zugeständnisse bereit. Finanzminister Schäuble hatte dazu eine lange Liste von Forderungen aufgestellt. Neben den o.g. Punkten gehörte dazu u.a. eine „Regionalisierung der Sozialgesetzgebung“. Das heißt, Herr Schäuble wollte, dass die Länder bei der Art und dem Umfang von Sozialleistungen von den geltenden Sätzen hätten abweichen können. Diese und weitere Forderungen konnten abgewehrt werden, auch mit Unterstützung von Landesregierungen mit LINKE-Beteiligung. Doch leider mussten die Länder auch gemeinsam Kröten schlucken, denn sie sind durch den Bund strukturell erpressbar.

Warum sind die Länder erpressbar?

Dass die Länder erpressbar sind, ist Folge ihrer durch die Finanzpolitik des Bundes in den letzten Jahren herbeigeführten finanziellen Abhängigkeit. Der Bund nutzt diese gezielt, um in einem Kopplungsgeschäft andere Ideen durchzudrücken. Das Problem: Wichtige Gesetzesgrundlagen des noch geltenden Finanzausgleichssystems sind bloß bis zum 31.12.2019 befristet. Wenn nicht rechtzeitig vorher eine Einigung gefunden worden wäre, wären vor allem die finanzschwächeren Länder in großer Unsicherheit gewesen und hätten sich auf Kürzungen gefasst machen müssen. Deshalb war den Ländern eine Zustimmung zum Bund-Länder-Finanzpaket trotz aller Kröten extrem wichtig.

Noch mal genau: Was wäre passiert, wenn es keine Einigung zum „Bund-Länder-Finanzpaket“ gegeben hätte?

Hätte es bis zum Ende der Wahlperiode im September (bzw. bis zum Ende der Sitzungswochen des Bundestages Anfang Juli) keinen Beschluss zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen gegeben, hätte diese Neuordnung mit der kommenden Bundesregierung komplett neu verhandelt werden müssen. Die nun beendeten Hauptverhandlungen dauerten rund drei Jahre. Erzielte eine solche Neuverhandlung bis Jahresende 2019 kein Ergebnis, wären die Gelder aus dem Finanzausgleich ab 2020 für Brandenburg, Thüringen und Berlin mit unkalkulierbaren Risiken behaftet gewesen, denn dann läuft der bisherige Länder-Finanzausgleich aus. Lediglich die Finanzverfassung des Grundgesetzes hätte danach noch gegolten. Dort ist zwar ein Finanzausgleich allgemein festgeschrieben.

Unklar ist dabei jedoch die konkrete Höhe der Mittel für die Länder. Mit dem Auslaufen des so genannten Maßstäbegesetzes und des Finanzausgleichgesetzes Ende 2019 wären die Einnahmen aus dem Umsatzsteuer-Vorwegausgleich und dem so genannten horizontalen Länderfinanzausgleich ungewiss gewesen. Des Weiteren hätte ab 2020 kein Anspruch auf die sogenannten Bundesergänzungszuweisungen, sowie auf die jetzt für 2020 insgesamt prognostizierten Mehreinnahmen aufgrund der Umstellung auf den neuen Finanzausgleich, bestanden.

Diese Mittel hätten auf dem Klageweg (ggf. im Eilverfahren) geltend gemacht werden müssen. Ein derartiges Vorgehen wäre besonders für die finanzschwachen Länder mit erheblichen Risiken verbunden gewesen. Darunter würden mithin auch die Kommunen leiden, denn das Land könnte weniger Geld über den kommunalen Finanzausgleich ausschütten.

Hätte man den Finanzausgleich nicht wegen des Kopplungsgeschäftes jetzt scheitern lassen und noch mal neu verhandeln können?

Nein, denn wir brauchen schon jetzt Planungssicherheit. In Brandenburg beginnt 2018 die Aufstellung des Haushaltsplanes 2020. In Thüringen beginnt dies voraussichtlich im Jahr 2019. Berlin verhandelt im Moment gerade seinen Doppelhaushalt für die Jahre 2018/2019, in dem natürlich schon jetzt Annahmen über die Einnahmensituation der gesamten Legislaturperiode getroffen werden. Im Jahr 2019 stünden dann auch in Berlin die Haushaltsverhandlungen für die Jahre 2020/21 an. In diesen Haushaltsplänen dürfen nach dem Haushaltsrecht nur die Einnahmen aus dem Finanzausgleich angesetzt werden, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Unklar ist zudem, ob eine Neuverhandlung den Ländern nicht Nachteile brächte. Denn im Grunde ist die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen für die Länder sehr erfolgreich verlaufen. Ob man bei Neuverhandlungen mit dem Bund ein solches Ergebnis noch einmal erreicht, ist fraglich. Dazu kommt: Wenn sich die CDU beispielsweise in einer schwarz-gelben Bundesregierung mit ihren Steuererleichterungsplänen durchsetzt, müssen Bund und Länder gemeinsam mit 15 Mrd. € Mindereinnahmen rechnen.

Das bedeutet für die Länder, dass die gewährten Zuschüsse aus dem Länderfinanzausgleich durch eine Schäublesche Steuerreform so gut wie aufgefressen wären. Die Risiken für die Länderfinanzen wären durch ein Scheitern des Finanzausgleichs also im Zweifel verdoppelt worden.

Es geht entsprechend auch nicht nur um kurzfristige Planungssicherheit. Die Länder erhalten durch die neuen Regelungen erstmals langfristige Sicherheit, mit welchen Bundesmitteln sie mindestens rechnen können. Sie können so eigenständiger und nachhaltiger ihre Haushalte planen.

Ein (von uns LINKEN im Zweifel ursächlich erzwungenes) Scheitern des Finanzausgleichs hätte uns in allen drei von der LINKEN mitregierten Ländern dringend notwendige und von uns in die Koalitionsverträge hineingekämpfte Investitionen im sozialen Bereich, in die Infrastruktur, in Jugend und Bildung massiv erschwert oder unmöglich gemacht.

Und was presst der Bund den Ländern bei den Autobahnen ab?

Gegenstand der Kritik ist nicht die Übertragung der Autobahnverwaltung an den Bund an sich, sondern dass damit Privatisierungen von Autobahnen und anderen Gütern der Daseinsvorsorge die Tür geöffnet würde. Diese Kritik ist berechtigt, denn es wird eine Infrastrukturgesellschaft in Form einer GmbH gegründet (also eine formelle Privatisierung), die allerdings im vollen Besitz des Staates bleiben muss. Darüber hinaus bleiben Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) im Umfang von bis zu 100 km zulässig, nur größere ÖPPs werden ausgeschlossen. Hierdurch können private Investoren hohe Renditen aus dem Bau und Betrieb von Autobahnteilstrecken ziehen (Möglichkeit der funktionalen Privatisierung).

Nach erheblichem Druck auch von der LINKEN in Partei, Fraktionen und Landesregierungen hat sich die Große Koalition auf Änderungen verständigt, die jedoch Hintertüren offen lassen. Das kritisieren wir weiterhin und haben es mit unserem Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses auch deutlich gemacht.

Wie kam es dazu, dass die SPD überhaupt in Sachen Privatisierung nachverhandelt hat?

Die Bundes-SPD rühmt sich, sie habe in den Verhandlungen zur Verkehrsinfrastrukturgesellschaft durchgesetzt, dass eine Autobahnprivatisierung verhindert werden konnte. Zur Wahrheit gehört allerdings, dass es maßgeblich die Länder waren, die Druck auf den Bund gemacht haben, allen voran die Länder mit LINKER Regierungsbeteiligung. Schon in der Konferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin im Oktober 2016, auf der der Kompromiss zur Neuregelung der Bund-Länder-Finanzen erzielt wurde, hatte der Thüringer Ministerpräsident in einer Protokollerklärung angemahnt, die staatliche Einflussnahme auf die neu zu gründende Gesellschaft abzusichern.

Dem folgten öffentliche Stellungnahmen, Gutachten und Schreiben an die Bundeskanzlerin, in denen darauf verwiesen wurde, dass die Privatisierungsschranken für unzureichend gehalten werden. Es folgten umfangreiche kritische Stellungnahmen in den zuständigen Fachausschüssen des Bundesrates. So hatte Brandenburg im Januar 2017 eine wirksame, grundgesetzliche Privatisierungsschranke und eine Begrenzung von ÖPP-Möglichkeiten gefordert. Dies fand keine Mehrheit im Bundesrat. Zuletzt haben der Thüringer Ministerpräsident, Brandenburgs Finanzminister und Vize-Regierungschef sowie der Berliner Kultursenator und Bürgermeister als LINKE in Landesregierungen nochmal den Bundestag aufgefordert, hier wirksame Privatisierungshindernisse zu vereinbaren. Wenn sich die Bundes-SPD nun rühmt, in Verhandlungen mit der CDU die Autobahnprivatisierung verhindert zu haben, blendet sie den Druck aus den Ländern und von uns LINKEN dabei aus.

Was müsste noch geändert werden, damit die Privatisierungsgefahr bei den Autobahnen gebannt wird?

  • Das Verbot der Kreditaufnahme durch die Infrastrukturgesellschaft müsste ins Grundgesetz geschrieben werden. Bislang ist es nur in einem Begleitgesetz geregelt. Die Gefahr besteht, dass ein solches Gesetz von einer neuen Bundesregierung mit einfacher Mehrheit dann verändert wird. Eine Festschreibung im Grundgesetz ließe sich auch in Zukunft nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit ändern.
  • Ein gänzlicher Ausschluss von ÖPP bei Autobahnprojekten im Grundgesetz ist notwendig.
    Dabei muss man jedoch beachten, dass es bereits jetzt ÖPPs gibt (60 km auf der A7, 47 km auf der A6, 33 km auf der A94,…).
  • Alle Hintertüren geschlossen werden, die bei anderen Bund-Länder-Programmen (z.B. bei der Bildungsinfrastruktur) ÖPPs möglich machen können.

Zu all diesen Punkten hat die Linke in den Landesregierungen Brandenburg, Thüringen und Berlin einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses gestellt. Denn nur kritisieren hilft nicht, wir müssen das Paket ändern, um ÖPPs zu verhindern.

Warum wollte man den Vermittlungsausschuss anrufen und was macht der überhaupt?

Der Vermittlungsausschuss ist ein gemeinsames Gremium des Deutschen Bundestages und des Bundesrates. Der Ausschuss besteht aus jeweils 16 Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates. Die Aufgabe des Vermittlungsausschusses besteht darin, bei Uneinigkeiten im Gesetzgebungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat zu vermitteln. Laut Bundesverfassungsgericht soll er sich darum bemühen, ein konkretes Gesetzgebungsverfahren zu einem positiven Ergebnis zu bringen, indem ein Einspruch des Bundesrates vermieden wird oder eine notwendige Bundesratszustimmung zu einem Gesetzesbeschluss erreicht wird. Dazu soll in dem Gremium eine Einigung zwischen Bundestag und Bundesrat, insbesondere in Form eines Kompromisses, gefunden werden. Mit dem Antrag, zum Thema Bund-Länder-Finanzen den Vermittlungsausschuss anzurufen, wollten wir erreichen, dass das Thema Infrastrukturgesellschaft für die Autobahnen von eigentlichen Paket abgekoppelt und die Privatisierungsgefahr beseitigt wird.

Konnte man nicht einfach die Abstimmung teilen und dann für die Bund-Länder-Finanzen und gegen die ÖPPs stimmen?

Das wollten wir mit dem Vermittlungsausschuss erreichen. Ohne dieses Gremium ist eine Abtrennung im Bundesratsverfahren leider nicht möglich. Im Bundestag geht so etwas, doch auch dort fand ein entsprechender Antrag der LINKEN keine Mehrheit. Und so hat der Bundestag am 1.6. zwei Gesetze beschlossen:

  • "Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114,
  • 125c, 143d, 143e, 143f, 143g)"
  • "Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften"

Das erste beinhaltet die grundlegenden Regelungen zum Bund-Länder-Finanzausgleich und auch zur Autobahngesellschaft im Grundgesetz. Das zweite Gesetz beinhaltet Detailregelungen auf der Ebene einfacher Gesetze. Brandenburg, Thüringen und Berlin konnten also im Bundesratsplenum am 2.6 nur zu den Gesetzen jeweils als Ganzem ihre Zustimmung geben oder eben nicht.

Und wieso haben sich Brandenburg, Thüringen und Berlin im Bundesrat nicht enthalten, als der Vermittlungsausschuss keine Mehrheit fand?

Die Abwägung ist sehr schwer gefallen. Wir konnten uns einerseits nicht vorstellen, dem Bund- Länder-Finanzausgleich nicht zuzustimmen, denn er wird uns Einnahmen sichern, um das Land sozial und sicher gestalten zu können. Zum anderen lehnen wir die mögliche Teil-Privatisierung von Autobahnen ab. Das haben wir in unterschiedlichster Weise seit Monaten klar und deutlich gemacht und damit immerhin mit dazu beigetragen, dass es deutlich schwieriger geworden ist, Autobahnen großflächig zu privatisieren. Dazu gehörte auch der Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses, zu dem wir unsere Koalitionspartner auch in zähen Verhandlungen überzeugen mussten.

Dazu ein paar Hintergründe:
Viele denken, dass es "ganz normal" ist, dass bei einer Uneinigkeit in einer Landesregierung eine Enthaltung im Bundesrat rauskommt. Ist es aber nicht. Und das hat einen einfachen Grund: Im Bundesratsplenum wirkt eine Enthaltung wie eine Nein-Stimme – es kommt schlicht darauf an, ob mehr als die Hälfte der Länderstimmen für einen Antrag gestimmt haben. Und weil jede Enthaltung also wie eine Nein-Stimme wirkt, wird auch oft um sie in den Koalitionen gerungen. So ist es auch hier. Wenn man etwas verändern und z.B. den Koalitionspartner dazu bringen will, dass das Land einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses stellt, dann erhebt der Koalitionspartner dafür meist eine Gegenforderung.

Viele Fragen der Bund-Länder-Finanzen wurden vorher zwischen den Regierungschefinnen und - chefs der Länder mit der Bundeskanzlerin vorverhandelt. Es war eine ziemlich außergewöhnliche Situation, dass es gelang, bei vielen Fragen eine Linie der 16 Länder zu erreichen um bessere Verhandlungsergebnisse zu erzielen. Das war ein riesiger Verhandlungsmarathon, der 16 Regierungsapparate beschäftigte. Das Gesamtpaket wird nicht nur von der LINKEN kritisiert. Selbst in unionsgeführten Ländern gibt es massiven Unmut zu Regelungen beispielsweise im Zusammenhang mit der Steuerverwaltung. Die mannigfaltigen fachpolitischen Einwände aus den verschiedensten Richtungen wurden und werden durch massiven Druck daran gehindert, das Gesamtpaket wieder aufzuschnüren. Denn allen Beteiligten ist klar, dass man einen solchen Mammutprozess nicht nur punktuell abändern kann. Eine Veränderung an einer Ecke führt zwangsläufig dazu, dass auch andere Kritiker*innen (aus anderer politischer Richtung und bei anderen Teilen des Pakets) sich nicht mehr zurückhalten lassen.

Nur in 4 Ländern hatten die Kabinette vorher fix eine Zustimmung beschlossen. Alle anderen hatten sich die Entscheidung bis zuletzt offen gehalten. Gerade bei einem solch heißen Thema kann eine Enthaltung daher immer auch Dynamiken bei anderen Ländern auslösen, die dort zur Enthaltung führen. Eine „ungefährliche“ Enthaltung mit der Gewissheit, dass die Sache schon eine Mehrheit finden wird, gibt es bei diesem Thema nicht. Sie kann zum Scheitern des Bund-Länder- Finanzausgleiches führen. Mit fatalen Folgen für die finanziellen Grundlagen unserer sozialen Politik in Ländern und deren Kommunen.

Was wäre passiert, wenn Brandenburg, Thüringen und Berlin sich beim Bund-Länder-Finanzpaket enthalten hätten?

Wie eben ausgeführt, hätte das insgesamt gefährliche Dynamiken für das Bundesratsplenum entfalten können. Aber auch, wenn es ohne unsere Zustimmung eine Mehrheit gegeben hätte, hätten wir landespolitisch mit dem Vorwurf zu kämpfen gehabt, dass wir aus parteipolitischen Erwägungen heraus das Scheitern der Reform für die Länder in Kauf genommen hätten. Dies wäre eine klare Frage der Glaubwürdigkeit für die LINKE. Unser Anspruch ist es, uns mit steigenden Einnahmen für die öffentliche Hand für ein sozial gerechtes und lebenswertes Land einzusetzen.

Deshalb begrüßen wir es, dass der Bund sich endlich zu seiner Verantwortung bekennt, und 10 Mrd. € in die Länder geben wird. Seit langem sind wir an einer soliden finanziellen Ausstattung von Land und Kommunen interessiert. Daher können wir uns dem jetzt nicht verweigern.

In Brandenburg und Thüringen wäre uns nach einer Enthaltung beispielsweise die Frage gestellt worden, ob wir denn ernsthaft erneut verhandeln wollen und damit für die 2018 bzw. 2019 beginnende Aufstellung des Haushalts 2020 notgedrungen die massiven Einnahmeausfälle durch das Auslaufen des bisherigen Länderfinanzausgleichs zu Grunde legen wollen (siehe Erklärung oben) - wo doch die Privatisierungsgefahr in den Augen der Koalitionspartner und auch Teilen der Öffentlichkeit nun gebannt sei.

Ähnliche Fragen könnten in Berlin nicht nur für den Doppelhaushalt 2020/21, sondern bereits politische Folgen für die derzeit laufenden Haushaltsverhandlungen 2018/2019 haben. Kurzum, wir hätten unsere Verhandlungsposition insbesondere gegenüber der SPD zur Umsetzung unserer politischen Projekte in den Ländern real geschwächt.

Warum ist es nicht gelungen, zwischen Bundestagsfraktion und Ländern eine einheitliche Linie zu finden?

Die Bundestagsfraktion hat den Schwerpunkt der politischen Kommunikation auf das Thema einer möglichen Autobahnprivatisierung gelegt. Für die Länder steht das Thema Finanzen im Fokus. LINKE im Bund und in den Ländern nehmen naturgemäß bei bestimmten Fragen verschiedene Rollen und Funktionen wahr. Erst recht, wenn an der einen Stelle, die Rolle der größten Oppositionsfraktion ausgefüllt werden muss und an anderer Stelle Regierungsverantwortung.

Wichtig für uns LINKE in Ländern mit Regierungsbeteiligungen ist ein kritisch-solidarischer Umgang: Es nicht die Schuld des Erpressten, dass er unter Zwang etwas tut, was er sonst nicht tun würde. Es ist die Bundesregierung, die hier den Erpresser spielt. Unsere gemeinsame Kritik muss sich an die große Koalition im Bund richten. In diesem Sinne hatten sich die Parteivorsitzenden auch im direkten Vorfeld der Abstimmungen in Bundestag und Bundesrat geäußert.

Warum ist das Abstimmungsverhalten kein Verstoß gegen die Parteilinie?

Wir haben alles Erdenkliche gegen die Autobahnprivatisierung in Bewegung gesetzt und dabei auch beachtliche Erfolge erzielt. Aber wir haben nicht 100% erreicht. Unsere Position bleibt dennoch klar: wir bleiben entschiedene ÖPP-Gegner. Im Übrigen sind ÖPP-Landesprojekte in Brandenburg sogar komplett ausgeschlossen. Dies haben wir auf Druck der LINKEN in unserem Koalitionsvertrag verankert.

Und zur Parteilinie gehört auch: Wir setzen uns seit langem für eine bessere Finanzausstattung von Ländern und Kommunen, vor allem im Osten ein. Damit wollen wir soziale Teilhabe und eine gut ausgebaute Infrastruktur sichern. Dies machen wir seit Jahren in Brandenburg, Thüringen und seit kurzem auch wieder in Berlin in Regierungsbeteiligung. Das kostet die Länder Geld, von dem wir künftig etwas mehr haben könnten

Quelle: www.die-linke-berlin.de/fileadmin/galerien/2017/Dateien_Newsletter/FAQ_end.pdf


[2]

DIE LINKE in Bund und Ländern lehnt die Privatisierung öffentlichen Eigentums ab

Beschluss des Parteivorstandes vom 3. Juni 2017

Die Große Koalition hat im Bundestag - gegen die Stimmen der LINKEN - im Rahmen der Neuordnung des Bund-Länder-Finanzausgleiches für die Grundgesetzänderung zur Errichtung einer privatrechtlichen Infrastruktur-GmbH gestimmt. Damit wurden Türen zur Privatisierung der Autobahnen geöffnet.

Autobahnen gehören zur öffentlichen Daseinsvorsorge: Sie wurden von der Allgemeinheit bezahlt und dürfen nicht zum Renditeobjekt von Konzernen und Versicherungen werden. DIE LINKE fordert, dass Infrastruktur nicht verscherbelt wird. Öffentliche Infrastruktur muss in öffentlicher Hand bleiben und demokratisch gestaltet werde. Öffentlich-private Partnerschaften und andere Privatisierungsformen lehnen wir ab, denn private Gewinninteressen kommen die Allgemeinheit teuer zu stehen.

Es ist ein zutiefst undemokratischer Vorgang, dass im Bundesrat die Abstimmung über den Bund-Länder-Finanzausgleich mit der Abstimmung über die Autobahnprivatisierung verknüpft wurde, obwohl beides nichts miteinander zu tun hat. Diese Verknüpfung ist ein erpresserisches Manöver vor allem von Finanzminister Schäuble im Chor mit der SPD. Die Bundesländer leiden unter der Schuldenbremse und brauchen die zusätzlichen 9,7 Milliarden Euro vom Bund.

Die Länder mit der LINKEN in Regierungsverantwortung haben deshalb im Bundesrat den Antrag gestellt, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um die vom Bundestag beschlossenen Gründung einer privatrechtlichen Infrastrukturgesellschaft zu verhindern. Dieser Antrag wurde von den anderen Ländern abgelehnt.

DIE LINKE in Bund und Ländern lehnt die Privatisierung öffentlichen Eigentums ab. Wir halten deshalb die Entscheidung der Landesregierungen im Bundesrat für falsch und hätten uns ein anderes Abstimmungsverhalten gewünscht.

Wir verstehen das Dilemma, vor dem die linken Regierungsvertreter in den Ländern, die verlässliche landespolitische Finanzspielräume langfristig sichern wollten, durch die Erpressungstaktik der Bundesregierung bei ihrer Entscheidung standen.

Wir werden auf allen Ebenen gemeinsam dafür kämpfen, dass die Privatisierungstüren, die der Bundestag vorgesehen hat, nicht aufgestoßen werden. Die Bedingungen dafür werden umso besser, wenn bei der Bundestagswahl DIE LINKE gestärkt wird. Jede Stimme für DIE LINKE ist auch eine Stimme gegen die Autobahnprivatisierung.

Wolfgang Schäuble, Bundesfinanzminister (9.9.2014): „Natürlich arbeiten wir auch daran, den Bereich Infrastruktur stärker für Investitionen der Versicherungswirtschaft, von Pensionskassen und der anderen großen Kapitalsammelstellen zu öffnen.“

Alexander Dobrindt (CSU), Bundesverkehrsminister (19.2.2015): „Das kann ein Erfolgsmodell sein, das uns die Chance gibt, viele Infrastrukturaufgaben, die wir aus normalen Haushalten so nicht mehr finanzieren können, zu lösen.“


 

siehe auch

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

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