Wirtschaft

umfairteilen uwe hiksch29.01.2016: Die Kluft zwischen Arm und Reich reißt immer mehr auf. Wie das Bundessozialministerium jetzt in Vorbereitung des fünften Reichtums- und Armutsberichts, der im Jahr 2016 erscheinen soll, feststellt, ballen sich die Vermögen an der Spitze immer mehr zusammen. Nach den jüngsten Daten, beruhend auf der alle fünf Jahre erhobenen Einkommens- und Verbrauchsstatistik (EVS), verfügten die reichsten zehn Prozent der Haushalte 2013 über mehr als die Hälfte des gesamten Netto-Vermögens: 51,9%.

 

Fünfzehn Jahre früher, 1998, waren es 6,4-Prozentpunkte weniger: 45,1%. Der höhere Anteil bedeutet einen Zugewinn von 440 Milliarden Euro. Umgekehrt wurden die Habenichtse noch weiter enteignet. Zwischen 1998 und 2013 reduzierte sich der Anteil der ärmeren Hälfte der Bevölkerung um fast zwei Drittel von 2,9% auf 1% ein Verlust von 131 Milliarden Euro. Zwanzig Millionen Haushalte haben also per Saldo so wie nichts, sie sind die Loser.

Dennoch entblöden sich Unternehmerpresse und Institut der deutschen Wirtschaft nicht, von einer „abnehmenden Vermögensungleichheit“ zu sprechen (FAZ, 26.1.16). Institut der deutschen Wirtschaft: „Neu verfügbare Daten … zeigen, dass die Ungleichheit der Vermögen seit der letzten Berichterstattung des Armuts- und Reichtumsberichts zurückgegangen ist“ (25.1.16) – von 52,9% auf 51,9%.

Das reichste 1% der Haushalte besitzt 33 Prozent der Vermögen

Ein Beweis!? Mitnichten! Die publizistischen Freunde der Reichen mogeln sich nur an den Tücken der Reichtumserfassung vorbei und haben zudem die zunehmende Konzentration in der Spitze nicht kapiert. Da in Deutschland seit 1997 keine Vermögensteuer mehr erhoben wird, gibt es auch keine einigermaßen zuverlässige Vermögensstatistik. Die EVS, die alle fünf Jahre erhoben wird, basiert auf Stichproben/Erhebungen, die gerade bei der Kartierung reicher Haushalte Schwachstellen aufweisen:

  • die Teilnahme ist freiwillig – Vermögende gelten bezüglich ihres Reichtums nicht gerade als auskunftsfreudig;
  • die Vermögenswerte werden von den Befragten selbst geschätzt – -problematisch bei Immobilien, Aktien, Kunst. Zudem gibt es Lücken bei der Erfassung von Kapitaleinkommen, wie Zinsen, Dividenden. Dazu kommt: Wohlhabende neigen eher zum Understatement, zumal sie das Finanzamt wittern.

Der Clou aber: Die reichsten 0,2 Prozent der Haushalte werden statistisch überhaupt nicht erfasst. Begründung: Nicht ranzukommen – klingeln Sie mal mit einem Vermögens-Fragebogen in der Hand bei Susanne Klatten (BMW)! Weiter: Keine repräsentative Erhebung möglich, Gefahr der Verzerrung durch Größtvermögen.

Nun hat aber die Vermögenskonzentration gerade in der Spitze der Vermögenspyramide stark zugenommen; d.h. immer mehr Spitzenvermögen schlagen sich in den Top 0,2% nieder, die bei der normalen EVS eben gar nicht mehr erfasst werden, aus der Statistik raus- bzw. in ein Schwarzes Loch fallen. Die zunehmende Verschleierung von Giga-Vermögen ist den Unternehmerverbänden und ihrer Presse aber Beweis für eine abnehmende Vermögenskonzentration.

Eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforchung (DIW), die genau das Top-Segment der Superreichen zum Gegenstand hatte, kommtdeshalb zu sehr viel aufschlussreicheren Ergebnissen. Die DIW-Forscher werteten dabei weitere Quellen aus, wie die Forbes-Liste, die Reichenlisten der Wirtschaftsmedien, Reichtumsberichte von Banken, Versicherungen und Fonds. Die Ergebnisse sind frappierend:

  • Der Anteil der Top-10-Prozent der Vermögensbesitzer ist weit höher als angenommen. „Insgesamt leitet sich daraus ab, dass die reichstenzehn Prozent der Vermögensverteilung 74 Prozent des gesamten Nettovermögens 2012 halten“ (DIW-Wochenbericht, 7/2015, S. 131).
  • Die reichsten ein (1%) Prozent der Haushalte in Deutschland besitzen 33% der Vermögen (S. 131).
  • Und die Spitze der Spitze: Das oberste Promille (1 %o ) – das sind ungefährt 40.000 Haushalte, buchstäblich die Oberen Zehntausend – halten mehr als 17 Prozent des Reichtums (ebenda).

Dieses Promille und auch das zweite – insgesamt ja 0,2% – werden im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung überhaupt nicht erfasst. Die Kluft zwischen Arm und Reich tut sich weiter und abgrundtief auf, sie verringert sich nicht etwa.

Mega-Reiche

Dazu sei folgendes ergänzt. Die Entwicklungshilfe-Organisation Oxfam hatte zur Jahreswende mit ihrer Studie für Aufsehen gesorgt, wonach die 62 reichsten Menschen der Welt so viel besitzen wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung.

Eine ähnliche Rechnung lässt sich auch für Deutschland aufmachen: Danach besitzt die ärmere Hälfte der Bevölkerung 1% des Nettovermögens, was gerade mal 63 Milliarden Euro entspricht (2012: 6,3 Billionen Euro gesamtes Nettovermögen). Das Managermagazin listet jedes Jahr die 500 reichsten Deutschen und Familienclans auf. Sie brachten es 2015 auf ein gesamtes Vermögen von 654 Milliarden Euro – 6,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Null-Zinsen auf Sparbücher jucken sie nicht, im Gegenteil: Sie greifen auf die spottbilligen EZB-Gelder zu und verwenden sie zu Spekulationszwecken.

Hier die Reichtums-Rechnung: Die Top 3 der Milliardärs-Clans bringen es zusammen auf 65,5 Milliarden Euro Vermögen (Quandt/Klatten (BMW): 26,5 Mrd.; Georg und Maria Schaeffler: 20,0 Mrd; Albrecht und Hester (Aldi Süd): 19 Mrd. Euro). Die drei allerreichsten Familien in Deutschland haben mehr Vermögen als die zwanzig Millionen ärmeren Haushalte.

Große Koalition: Schutzpatron der Reichen

Die Milliardäre und Superreichen müssen um ihren Reichtum nicht bangen. Die Große Koalition geriert sich wie vergangenen Bundesregierungen als Schutzmacht der Reichen. Kapitaleinkommen (Zinsen, Dividenden, Spekulationsgewinne) werden mit lediglich 25 Prozent niedriger besteuert als Arbeitseinkommen (bis zu 42%). Die Erbschaftsteuer bleibt eine Bagatellsteuer, Betriebsvermögen werden von der Vererbung weitgehend verschont. „Die Verschonung ist üppig und mit 7,9 Milliarden Euro die größte Steuersubvention im Haushalt (SZ, 27.1.16). Und die Vermögensteuer bleibt tabu, sie wird seit 1997 nicht mehr erhoben. Angeblich habe das sie das Bundesverfassungsgericht 1995 verboten, was jedoch falsch ist. „Karlsruhe hat erklärt, dass die Steuer nicht als Substanz-, sondern nur als Sollertragssteuer ausgestaltet werden dürfe“ (SZ, 26.1.16).

Notwendig ist eine Millionärssteuer, wie sie z.B. Gabi Zimmer (Die Linke) fordert: Die erste Million steuerfrei und dann fünf Prozent auf das weitere Vermögen. Eine Millionärssteuer würde allein bei den 500 reichsten Deutschen zu Steuereinnahmen von 33 Milliarden Euro führen.

Text: Fred Schmid (isw München)    Foto: Uwe Hiksch

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