28.09.2015: Bei der Landtagswahl in Oberösterreich hat die rechtsextreme FPÖ ihre Stimmen auf 30,4% verdoppelt und liegt damit an zweiter Stelle hinter der konservativen ÖVP, die mehr als 10 Prozentpunkte verloren hat. Die SPÖ geht mit minus 6,6%-Punkten aus der Wahl. Die KPÖ kann leicht auf 0,8% zulegen und bei den parallel stattfindenden Kommunalwahlen ihr Mandat in der Landeshauptstadt Linz verteidigen. Damit setzt diese Landtagswahl in Österreich einen Trend fort, der in vielen Teilen Europas zu beobachten ist. Entgegen der verbreiteten Meinung, analysiert 'mosaik': "Es sind nicht die 'Flüchtlingsströme', die das Wahlergebnis in Oberösterreich erklären."
Nahezu einen Erdrutsch nach rechts brachte die Landtagswahl in Oberösterreich, dem bevölkerungsmäßig drittgrößten Bundesland Österreichs. Von 15,3% auf 30,4% verdoppelte die rechtspopulistische FPÖ ihren Stimmenanteil und liegt damit nun an zweiter Stelle hinter der konservativen ÖVP, die von 46,8% auf 36,4% abstürzte. Ebenso zu den Verlierern gehört die SPÖ mit einem Ergebnis von 18,4% (-6,6). Dir Grünen kommenauf 10,3% (+1,1). die neoliberalen NEOS auf 3,5% und die KPÖ auf 0,8% (+0,2).
Die Medien, Konservative und Sozialdemokraten erklären den Rechtsrutsch mit dem Ansturm der Flüchtlinge auf Österreich in den letzten Wochen. "Das sind schmerzliche Verluste, aber das Flüchtlingsthema hat alles überlagert, dagegen kamen wir nicht an.“ "Das waren Wahlen in einem Ausnahmezustand.“ – heißt es.
Demgegenüber erklärt "mosaik – politik neu zusammensetzen": "Das Wahlergebnis lässt sich nicht – auch wenn es die meisten Medien so schreiben – ausschließlich mit dem Flüchtlingsthema erklären. Das Wahlergebnis widerspiegelt den Erosionsprozess der politischen Landschaft, der sich schon seit längerer Zeit abzeichnet. Es ist nicht überwiegend die Flüchtlingsfrage, die das Ergebnis bei den Landtagswahlen in Oberösterreich erklären kann. Die Umfragen für Oberösterreich deuteten schon im Frühling eben jenes Wahlergebnis an. Keine Frage, das Thema hat eine Rolle gespielt, aber es hat lediglich die Stimmung und das Gefühl in der Bevölkerung verstärkt, dass die regierende Politik nicht agiert. …
Die Orientierungs- und Haltungslosigkeit der Sozialdemokratie, das Schielen nach rechts der ÖVP, erklären die dramatischen Wahlverluste wesentlich besser als der Wink in Richtung Flüchtlingsthema. Im Burgenland koaliert die SPÖ mit den Rechtspopulisten. In der Steiermark warben SPÖ und ÖVP faktisch als Einheitspartei. Die Grünen und die NEOS bieten keine Alternative, sondern stehen mit bunt leuchtenden Plakaten am Rande. Es sind die Farben, die ins Auge springen, nicht die Botschaften."
Zur Niederlage der SPÖ schreibt "mosaik" in der Wahlanalyse: "Die schmerzhafteste Niederlage setzte es dennoch für die Sozialdemokratie. Das war keine Überraschung des Wahltages, es hat sich seit Monaten angekündigt. Und das Wahlergebnis ist auch nur die verschärfte Fortsetzung eines jahrzehntelangen Trends. Die SPÖ kann ihre potentiellen Wählerinnen und Wähler immer weniger mobilisieren.
Sie verliert seit Jahrzehnten das Vertrauen ihrer traditionellen Zielgruppen – und zwar nicht nur an die Freiheitlichen sondern auch an die Gruppe der NichtwählerInnen. Gerade die Leidtragenden der neoliberalen Offensive seit den 1980er Jahren, die die SPÖ nie wirklich entschlossen bekämpfte, haben sich von der SPÖ, oft auch vom politischen System insgesamt, stärker abgewandt. Gerade die Geringqualifizierten mit niedrigen Einkommen in prekären Jobs gehen überdurchschnittlich oft nicht mehr wählen. Oder wählen eben eine (scheinbare) Alternative in Form der FPÖ. Aber auch viele gut qualifizierte ArbeiterInnen in sicheren Jobs mit einigermaßen guten Löhnen fürchten um ihre Position. Auch sie sehen ihre Interessen immer weniger von der Sozialdemokratie vertreten. Die ArbeiterInnenpartei SPÖ verliert die ArbeiterInnen, gerade auch im Industriebundesland Oberösterreich. ….
Es sind nicht die „Flüchtlingsströme“, die das Wahlergebnis in Oberösterreich erklären. Für die Sozialdemokratie gilt insbesondere: Es ist die Flucht in die Beliebigkeit und der Verlust der sozialdemokratischen Gerechtigkeitspolitik, die der SPÖ Wahlniederlagen in Serie beschert – bei weitem nicht nur in Oberösterreich. Nur wenn sie ihre Politik mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit in Einklang bringt und die Lücke zwischen Regierungspolitik und klassischer sozialdemokratischer Programmatik reduziert, kann sie langfristig ihre Legitimitätsprobleme überwinden."
"Linker Hoffnungsfunken in rechten Zeiten"
Die Kommunistische Partei Österreichs KPÖ legte unter komplizierten Bedingungen bei der Landtagswahl zu. Sie erreichte mit 6.512 Stimmen bzw. 0,75 Prozent (2009: 4.812 Stimmen bzw. 0,56 Prozent), das nach Stimmen beste Ergebnis der KPÖ bei einer Landtagswahl seit 1961. "Das Ergebnis der Landtagswahl straft alle ab, die sich seit Jahren von der FPÖ immer weiter nach rechts treiben ließen. Mit dem Zuspruch für die KPÖ wurde auch eine profiliert linke und antirassistische Grundhaltung honoriert. Das ist ein Hoffnungsfunken in rechten Zeiten", erklärte die KPÖ. Wichtig für die KPÖ war die Verteidigung des Mandats im Linzer Gemeinderat. "Das ist eindrucksvoll gelungen", so die KPÖ. Mit 2.383 Stimmen bzw. 2,37 Prozent (2009: 1.569 Stimmen bzw. 1,65 Prozent) wurde nach Stimmen das beste Ergebnis der KPÖ in Linz seit 1973 erreicht.
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