Internationales

12.11.2014: Ein US-Gericht hat Argentinien dazu verurteilt, Milliarden an Hedgefonds nachzahlen. Dem Land drohte dadurch eine neue Staatspleite. Aber jetzt verbessert sich die Verhandlungsposition der argentinischen Regierung. Gestützt auf die Anfang September von der UNO-Vollversammlung angenommene Resolution, mit der in Zukunft Staatspleiten nicht mehr Spekulanten überlassen werden soll, hat die Regierung in Buenos Aires ein Gesetz zur Zahlung von Staatsschulden erlassen. Damit wehrt sich Argentinien gegen die Einmischung des Imperiums im Norden.
Ebenso gegen die von den USA dominierte Weltfinanzordnung gerichtet, ist die Gründung der »Bank des Südens«. Noch vor Jahresende wird das neue Kreditinstitut seinen Betrieb aufnehmen.

Anfang September hatte die Vollversammlung der UNO mit großer Mehrheit eine Initiative der Länder des Südens unterstützt, um einen „multilateralen gesetzlichen Rahmen für den Umstrukturierungsprozess der Staatschulden“ zu schaffen. Die Resolution war von Bolivien im Namen der G-77 Staaten [1] und China eingebracht worden. Boliviens UN-Botschafter Sacha Llorenti begründete den Antrag. „Heute trifft es Argentinien, aber viele Länder auf dem Weg der Entwicklung und auch entwickelte Länder haben unter dem gleichen Raubtierverhalten gelitten oder werden weiter leiden, wenn wir jetzt nicht handeln“, sagte er.

UNO läutet Beginn einer neuen Ära in der Weltfinanzstruktur ein
Bei der Abstimmung verlief die Trennlinie deutlich zwischen den reichen Länder der kapitalistischen Zentren und den armen Ländern. Elf Länder stimmten dagegen, darunter erwartungsgemäß die USA. 41 enthielten sich der Stimme, darunter die meisten EU-Mitgliedsländer. Deutschland votierte mit den USA gegen die Resolution. Die Mehrheit der Länder des globalen Südens stimmte dafür, die Übermacht des US-Dollars als Kreditinstrument zu reduzieren und dem Monopol New Yorks als privilegiertem Gerichtsort für Finanzstreitigkeiten eine Ende zu setzen. Die Abstimmung war ein überzeugendes Votum gegen die internationalen Finanzfonds, das von den USA dominierte Weltfinanzsystem und den Internationalen Währungsfonds IWF. Der argentinische Außenminister Héctor Timerman sprach nach der Abstimmung von einer „historischen“ Entscheidung.

Argentinien rupft die Geier-Fonds
Gestützt auf diese Resolution verabschiedete der argentinische Kongress das sogenannte »Ley del pago soberano«, das Gesetz zur Zahlung von Staatsschulden. Dieses Gesetz erlaubt Argentinien, weiterhin wie bisher die 93% seiner Gläubiger, die die ausgehandelte Regelung für den Schuldenschnitt akzeptiert hatten, auszuzahlen.

Während sich die Mehrzahl der Gläubiger beim Schuldenschnitt im Jahr 2002 mit Argentinien arrangierte – sie verzichteten auf zwei Drittel ihrer Forderungen und werden im Gegenzug  für den Rest fristgerecht bedient -, weigerten sich einige Hedgefonds den Schuldenschnitt mitzumachen und klagten auf volle Auszahlung ihrer Forderungen. Diese »Geierfonds«, so Argentiniens Präsidentin Christina Kirchner, hatten die argentinischen Staatsanleihen während der Krise als Schrottware erworben und sollen jetzt die volle Summe ausgezahlt bekommen. Eine märchenhafte Rendite von über 300% für die Fonds und eine Warnung an alle anderen verschuldeten Staaten.

Ein US-Gericht verurteilte die argentinische Regierung, 1,3 Milliarden US-Dollar an die Hedgefonds NML Capital, Elliott Management und Aurelius Capital zu bezahlen. Das Gericht ermächtigte die Hedgefonds weltweit argentinisches Staatseigentum pfänden zu lassen. Das Gericht ließ die Guthaben Argentiniens bei US-Banken einfrieren, um zu verhindern, dass die Gläubiger ausgezahlt werden, die sich mit der argentinischen Regierung geeinigt hatten.

Da sich Argentinien verpflichtet hatte, alle Gläubiger gleich zu behandeln, stand das Land vor der Verpflichtung bei allen nachzubessern, wenn es der Forderung des US-Gerichts nachkommen würde. Eine nicht bezahlbare Mehrbelastung von 120 Milliarden US-Dollar käme auf das Land zu. Und so stuften die Ratingagenturen denn auch Argentinien unmittelbar nach dem Gerichtsurteil als technisch zahlungsunfähig ein. Argentiniens Präsidentin Christina Kirchner verglich das Vorgehen der Hedgefonds und der US-Justiz mit „Raketen in einem Krieg“.

Mit dem neuen Gesetz zur Zahlung von Staatsschulden eröffnet sich Argentinien eine Zahlungsmöglichkeit außerhalb der Rechtsprechung der Vereinigten Staaten. Zudem läuft demnächst die Klausel der vergangenen Schuldenschnitte aus, die die Gleichbehandlung der Gläubiger zusichert und den Gläubigern eine Option auf Besserstellung einräumt. Damit komme Argentinien „in eine günstigere Verhandlungsposition“, sagte Wirtschaftsminister Axel Kicillof. Die Finanzinvestoren, die den Teilerlass der Schulden verweigert hätten, würden ein Instrument verlieren, mit dem sie die Regierung erpresst hätten, meinte er.

Eine Bank zur Förderung der sozialen Gerechtigkeit
Sieben Jahre nachdem die Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) die Idee einer »Bank des Südens« (BANSUR) entworfen hat, erwacht die Bank jetzt zum Leben. Noch vor Jahresende wird das neue Kreditinstitut seinen Betrieb aufnehmen. Der damalige Präsident Venezuelas, Hugo Chavez, hatte die Gründung einer Bank des Südens damit begründet, dass es „doch absurd ist, dass die größte unserer Reserven in Banken des Nordens lagert“. Die Folgen wurden im Falle Argentiniens deutlich, das Gelder bei New Yorker Banken deponiert hat und mitansehen musste, wie die Konten aufgrund eines Gerichtsurteils eines US-Gerichts gesperrt wurden.

Zwar haben die Parlamente Brasiliens und Paraguays das Gründungsdokument noch nicht ratifiziert, die Mitglieder von UNASUR sind jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass nach der Tagung der BRICS-Länder in Brasilien und der Gründung der BRICS-Bank auch die Länder des südamerikanischen Kontinents über eine eigene Bank verfügen müssen. Die Dynamik der neuen Beziehung, die die meisten lateinamerikanischer Länder mit China und Russland aufgenommen haben, hat der Idee der Bank des Südens zusätzliche Impulse gegeben. Der Regierungschef Venezuelas, Nicolás Maduro, wies darauf hin, dass die Gründung der Bank des Südens „sich dem Entstehungsprozess der Bank der BRICS annähern sollte, um Arbeitsbeziehungen aufzunehmen“.

Der Sinn der Bank liegt im Schutz und der Förderung der regionalen Wirtschaft. Mit Hilfe der Bank wollen sich die südamerikanischen Länder vom Diktat jener Finanzinstitutionen – insbesondere des IWF und der Weltbank - abschirmen, die die Interessen der USA und der EU vertreten.

Die wichtigsten Ziele der Bank des Südens sind die Reduzierung der Armut, in der 60 Millionen Lateinamerikaner leben, sowie die Förderung der sozialen Gerechtigkeit und das Erreichen eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums in den Ländern der Region.

Im Unterschied zu den von den kapitalistischen Zentren dominierten Institutionen IWF und Weltbank verfügt bei der Bank des Südens jedes Land über eine Stimme, d.h. dass die Stimmrechte nicht an den Einlagen in der Bank gemessen werden. Ziel ist, das Konsensprinzip so weit als möglich durchzusetzen. Nicht ganz im Konsens, aber doch schon sehr weitgehend ist die Erfordernis, dass bei Projekten mit einer Projektsumme von mehr als 70 Millionen US-Dollar eine Zweidrittelmehrheit erreicht werden muss, da jenseits dieser Grenze das „Ein Land – Eine Stimme – Prinzip“ aufgehoben wird. Nichtsdestotrotz spricht vieles dafür dass BANSUR ein großer Schritt in Richtung Demokratisierung ist, da es von vornherein institutionalisierte Einflussmöglichkeiten der Zivilgesellschaft geben soll (social audit mechanism).

Der zweite große Unterschied zwischen IWF/Weltbank und der Bank des Südens liegt im Slogan „No Conditionality“. Die Bank des Südens wird keine Auflagen jenseits der Zinsen verlangen. Es wird also keine desaströsen Auflagen wie durch den IWF geben, bei dem die EU und die USA die Märkte der Dritten Welt Staaten aufsprengen können – mit Zwang zu Privatisierungen und der Öffnung der Märkte.

Zunächst werden Argentinien, Uruguay, Venezuela, Ecuador und Bolivien insgesamt 170 Mrd. US-Dollar  beisteuern. 20 Mrd. US-Dollar Gründungskapital besitzt die Bank. Ecuador hat als erstes Land bei der Zentralbank ein Konto für die Einlage von acht Mrd. USD eröffnet.

Sowohl die BRICS-Bank wie auch die Bank des Südens sind Bausteine für das von Boliviens Präsident Evo Morales geforderte „neue Finanzsystem, das den Erfordernissen der produktiven Aktivitäten der Länder des Südens im Rahmen der integralen Entwicklung Vorrang einräumt" und der Ersetzung des IWF durch Institutionen, „die eine bessere und größere Beteiligung der Länder des Südens bei der Entscheidungsfindung ermöglichen, die die imperialen Mächte heutzutage an sich gerissen haben."

[1] G77 ist ein loser Zusammenschluss von 130 Staaten, die überwiegend zu Ländern des globalen Südens zählen

foto: revoluzie

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