Analysen

FDP roesler Vorderstrasse28.03.2013: Manche mögen sich gewundert haben, als  die FDP Minister die Unterstützung des Verbotsantrages gegen die NPD durch die Bundesregierung abgelehnt haben. Für dieses Verhalten gibt es aus  meiner Sicht mehrere Gründe.

Die FDP entstand  1948 nach einem Bruch mit der LDPD, die in der späteren DDR weiter existierte. In ihren Reihen waren auch belastete Nazis, manche Mitglieder kamen aus der 1952 verbotenen Sozialistischen Reichspartei und der späteren Deutschen Reichspartei, sowie der DP/BHE (Deutsche Partei, Bund Heimatvertriebener und Entrechteter). Reaktionäre und Nazis wechselten in der Zeit des kalten Krieges in die FDP oder auch in die CDU / CSU.

  • Theodor Heuss, FDP Mitglied, der erster Bundespräsident der BRD wurde, war Abgeordneter des Reichstages und hatte dem Ermächtigungsgesetz Hitlers zugestimmt, wie seine liberale Fraktion in ihrer großen Mehrheit. Der joviale, schwäbelnde „Papa“ Heuss war ein ausgemachter Antikommunist. Der FDP Vorsitzende Erich Mende (1957-1963)  trug öffentlich in der BRD sein Ritterkreuz, dass er im Januar 1945 während des Mordeinsatzes in der Sowjetunion verliehen bekam. Der Major der  Wehrmacht erklärte des öfteren, dass er stolz auf seine Wehrmachtsvergangenheit war.
  • Die FDP vertritt bis heute die erzreaktionäre Profit- und Machtentressen des Großkapitals, Manchmal ist hierfür auch ein bürgerlich liberaler Teil der Partei nützlich wie 1969 bei der Regierungsbildung mit der SPD als Reaktion auf die 68er Ereignisse.

Insofern ist es nachvollziehbar, dass diese Partei für eine legale faschistische Partei eintritt, die zwar Stichwortgeber für Ausländerfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz  ist, aber gleichzeitig auch die Funktion des „Bösewichts“ zugewiesen bekommt – während bürgerliche Politik in CDU/CSU,FDP und auch Teilen der SPD,  reaktionäre Positionen übernimmt und vertritt.

Über die NPD werden völkische, antisoziale, menschenverachtende Positionen transportiert, die immer noch von über 20 % der Bevölkerung,  mindestens teilweise, vertreten werden.

Nazis sind und bleiben Unterstützer des Großkapitals, sie überfallen heute 1. Mai Kundgebungen des DGB, morden Ausländerinnen und Ausländer und heizen  rassistische Sicht – und Verhaltensweisen an. Mit der reaktionären Volksgemeinschaftsideologie wird vom  tatsächlich vorhandenen  Klassenwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit abgelenkt.  

CDU/CSU und die FDP reagieren oft auf Naziprovokationen in dem sie behaupten, die wirkungsvollste Bekämpfung sei das Aufgreifen der Themen, die Nazis öffentlich setzen. Weder widerlegen sie jedoch deren Positionen, noch bekämpfen sie die reaktionären Inhalte. Im Gegenteil, sie entwickeln auch solche Kampagnen mit, wie z. B.  nach der NSU Morden. Dort wurden bekanntlich zunächst die Opfer zu Tätern gemacht.

Besonders verwerflich ist die immer wieder erneut benutzte Behauptung, die wirkungsvollste Bekämpfung sei das Ignorieren. Das ist nachweislich spätestens 1933 gescheitert, wird dennoch bis heute propagiert.

Die jetzige Ablehnung der Unterstützung des Verbotsantrages des Bundesrates durch die Bundesregierung, ist eine Schmierenkomödie. Kanzlerin Merkel sagt, es gebe nur Einstimmigkeit zur möglichen Unterstützung, FDP Vorsitzender Rösler geht vor die Presse und verkündet die Ablehnung der FDP Minister, Merkel erklärt daraufhin es gäbe keine Unterstützung des NPD- Verbotsantrages.

Für wie dumm halten diese Regierungspolitiker eigentlich die Bevölkerung? Als die NSU – Morde und das Versagen des Staates sichtbar worden, gab die Regierung den Druck der öffentlichen Meinung zur Unterstützung des NPD – Verbotsantrages nach, jetzt wird mit mieser Trickserei das verkündet, was von vornherein Regierungsposition war – nämlich die Ablehnung des Verbotsantrages an das Bundesverfassungsgericht.

Es gibt einen weiteren Punkt, den Kommunistinnen und Kommunisten beachten sollten.

Die Mächtigen in Kapital und Kabinett wissen um die Fragilität des aktuellen neoliberalen Kapitalismus, auch sie bereiten sich auf, aus ihrer Sicht notwendige, reaktionäre Veränderungen vor.

Enteignungen wie jetzt in Zypern, vorher in Griechenland, Spanien, Portugal gehören genauso dazu, wie der umfangreiche Abbau bürgerlich demokratische Rechte. Staaten verlieren ihr Haushaltsrecht, Parlamente müssen nach Diktaten aus Brüssel handeln. Regierungen wurden eingesetzt. Lebensverhältnisse für die Arbeiterklasse, die Bauern und Werktätige, für die junge Generation werden umfassend negativ verändert

Auch in den bisher wenigen betroffenen Ländern der EU wie Frankreich, England und Deutschland, werden die Verhältnisse über „Sozialzwänge“, „Schuldenbremse“ nachhaltig und umfassend verändert.

Unter den Bedingungen der Krise hat der neoliberale Kapitalismus  weniger Spielräume mit den alten Methoden Maximalprofite zu erreichen, entsprechend werden die gesellschaftlichen Verhältnisse nachhaltig verändert. Der gesellschaftspolitische Rahmen soll politische Ruhe garantieren, auch wenn die Widersprüche sich weiter zuspitzen. Nazis und Rechtsextremisten werden gebraucht

In  EU-Europa können wir diese Entwicklung in vielen Ländern nachvollziehen:

Das sind die 'Morgenröte'-Mörder der griechischen Neonazipartei, die Nazis von Jobbik in Ungarn, die auch der Urban Regierung weitreichende reaktionäre Verfassungsänderungen ermöglichen – bis hin zu Geert Wilders Freiheits-Partei in Holland, der vorgibt die bürgerlichen Rechte und Freiheiten gegen den Islam zu verteidigen.

In Deutschland ist der Prozess der Formierung reaktionärer, neonazistischer Kräfte nicht abgeschlossen. Die NSU Nazimörder, NPD Neonazis Pro NRW u.s.w. suchen noch nach einer neuen massenwirksamen Variante. Sie wollen die tiefe Krise des neoliberalen Kapitalismus für menschenverachtende Politikverbreitung nutzen.

Auch dafür wird neben der CDU /CSU und anderen noch kommenden Wahlvarianten der Rechten die FDP gebraucht. Das ist auch der wahre Hintergrund für die Leihstimmenkampagne. Die Gegenbewegung muss vor allen außerparlamentarisch  antifaschistisch, sozial und für demokratische Rechte und Freiheiten streiten- sie muss aber auch die Ursachen und Wirkungsweisen rechter Politik entlarven und öffentlich machen.

Text: Heinz Stehr        Foto: vorderstrasse