Wirtschaft

saarland Bosch bleibt IGM 31081609.09.2016: Mehr als 3000 Kolleginnen und Kollegen der Robert Bosch GmbH in Homburg, der Bosch-Rexroth Homburg und der Bosch-Emission-Systems (BESG) Neunkirchen demonstrierten auf der Kundgebung für den Erhalt aller Arbeitsplätze. Unterstützt wurden sie von Abordnungen fast aller Boschwerke in Deutschland, von Eisenach über Hildesheim bis Stuttgart und von vielen weiteren saarländischen Metallbetrieben und Saarstahl. Solidarität zeigten auch Gewerkschafter/Innen von ver.di und IG BAU und des DGB Saarland.

Die Bosch Zentrale in Stuttgart hatte Mitte Juni angekündigt, das BESG Werk Ende 2017 zu schließen. 200 Arbeitsplätze würden vernichtet, für 100 Kolleg/Innen würden Ersatzarbeitsplätze angeboten. Doch bei Bosch-Rexroth würden ebenfalls 210 Arbeitsplätze abgebaut. Alles würde sozialverträglich ablaufen. Die Betriebsräte allerdings befürchten einen weiteren schleichenden Arbeitsplatzabbau auch beim Bosch Werk. Das „Vertrauen“ in die Konzernleitung ist hin.

Das BESG-Werk war erst vor zwei Jahren in Betrieb gegangen. Die Fertigungshalle wurde von der landeseigenen Saarland Bau und Boden Projektgesellschaft mbH (SBB) für 14,5 Mill. Euro für Bosch gebaut und auf 10 Jahre an BESG vermietet. Jetzt soll Schluss sein. Das Werk hat sich als Fehlinvestition herausgestellt.

Der ganze Konzern befindet sich in einer tiefgehenden Umstrukturierung um neue Profitfelder zu erobern. „Bosch ist der größte Autozulieferer der Welt und greift jetzt buchstäblich nach den Wolken: »Bosch steigt in das Cloud-Geschäft ein und bietet damit alles aus einer Hand für das Internet der Dinge«, hieß es im März in der deutschen Wirtschaftspresse. … Bosch begibt sich in Konkurrenz zu Amazon, Apple, Google, Microsoft und auch SAP. … Das kostet Geld und das hat Bosch. Auf 15. Mrd. Euro wird die zu Recht als Kriegskasse bezeichnete Finanzreserve beziffert.“ (UZ, 2. Sept., S.2) Bewältigen muss das Management auch die Herausforderungen durch die sich vollziehenden und zu erwartenden Veränderungen in der Automobilindustrie – im Interesse stabiler und sich entwickelnder Kapitalverwertung.

saarland Bosch IGM 310816Die IG-Metall Verwaltungsstellen Neunkirchen und Homburg, die Betriebsräte und Vertrauensleute der drei Bosch-Unternehmen hatten gemeinsam aufgerufen. Den Belegschaften ist bewusst, dass alle betroffen sind, dass sie gemeinsam kämpfen müssen, um gegen die Konzernleitung erfolgreich zu sein. Sie verstehen sich deshalb als Bosch-Saarland. Die sozialpartnerschaftliche Betriebsverbundenheit „wir sind Bosch“ hat sich in Solidarität und die Erkenntnis verwandelt, sich nicht gegeneinander ausspielen zu lassen. Und „Es gibt keinen sozialverträglichen Arbeitsplatzabbau!“ wie der BR-Vorsitzende von Bosch-Rexroth aussprach. Scharf haben die Betriebsratsvorsitzenden und der Bevollmächtigte der IG-Metall Homburg die Unternehmerwillkür zurückgewiesen. Die Vorsitzende der Jugend- und Auszubildendenvertretung entlarvte das „Fürsorge-Image“; Jahr für Jahr müsse darum gekämpft werden, dass alle Auszubildenden eine unbefristeten Übernahmevertrag erhalten – und nicht immer wäre das gelungen.

Widersprüchlich war der Beitrag des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden der Robert Bosch GmbH; da klang so etwas wie Verständnis für die komplizierte Situation von Bosch an. Aber er werde den Eindruck des Widerstandswillens von hier mit nach Stuttgart mitnehmen. Der mäßige Beifall machte deutlich, dass diese Widersprüchlichkeit erkannt wurde.

Das Kampfziel heißt nicht Bosch muss bleiben, es heißt selbstbewusst: Bosch bleibt! mit allen 5.600 Arbeitsplätzen im Saarland! Die Forderungen an die Konzernleitung sind Erhalt aller Arbeitsplätze! Nicht die Belegschaften sollen die Fehlentscheidungen des Managements ausbaden. Ersatzproduktion muss in die Werke kommen und endlich auch eine Entwicklungsabteilung aufgebaut werden.

Zugleich setzen die Betriebsräte und die IG-Metall große Hoffnungen in die Politik. Die saarländische Wirtschaftsministerin Rehlinger versprach als Vertreterin der Landesregierung sich für den Arbeitsplatzerhalt einzusetzen und bot dem Konzern Umstrukturierungshilfen an. Ebenso der Homburger Bürgermeister.

Die DKP hat in einem Flugblatt darauf hingewiesen, dass die Konzernführung schon vor einem Jahr allgemein Sparpläne angedroht hatte, und die IG-Metall Forderung bekräftigt: Es müssen endlich alle Karten auf den Tisch. Auch wurde darauf hingewiesen, dass Bosch kein Einzelfall ist, dass nicht gute oder schlechte Unternehmenskultur das Problem ist. Die Krise bei Bosch ist Teil der Krise in der Weltwirtschaft. „Die Beschäftigten, die „lebendige Arbeit“ in den Betrieben, sind die Stellschrauben, um den Profit auch in diesen Zeiten zu sichern. So funktioniert der Kapitalismus: Profit geht vor Mensch!“

Die DKP begrüßt, „dass die IG-Metall früh mit einer Kampagne auf die Machenschaften der Unternehmensführung reagiert hat und den Protest auf die Straße bringt. Die Beschäftigten brauchen die Solidarität der Menschen in Homburg und in der ganzen Region. Gemeinsam sollte darüber nachgedacht werden, ob dieses Wirtschaftssystem nicht längst abgewirtschaftet hat und für grundlegende Alternativen gekämpft werden muss.

Es ist bekannt, dass wir Kommunisten keine Anhänger des kapitalistischen Systems sind. Im Kapitalismus gibt es keine sicheren Arbeitsplätze und Krisen gehören zu diesem System wie das Amen in der Kirche. Für uns Kommunisten ist nicht der Profit Dreh- und Angelpunkt des Wirtschaftens, sondern die Befriedigung gesamtgesellschaftlicher Bedürfnisse. Ausgehend davon sind wir für eine gesamtgesellschaftliche Planung, statt dem mörderischen Diktat des kapitalistischen Marktes. Dennoch lohnt sich der Kampf um Arbeit und Zukunft hier und jetzt.

Da liegt zum Beispiel der Vorschlag der IG-Metall auf dem Tisch, alternative Produkte herzustellen. Da gibt es das Beispiel aus anderen Großunternehmen, mit einem Konzerntarifvertrag über Arbeitszeitverkürzung für eine längere Dauer Beschäftigung zu sichern. Es sind lohnende Ziele im Abwehrkampf der Bosch-Belegschaft.“

Text/Fotos: Rainer Dörrenbecher