Aus Bewegungen und Parteien

Elmshorn-Lichtermarkt-Logo13.12.2017: ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Erika Steinbach hetzt gegen »Lichtermarkt« in Elmshorn als Beispiel wie Deutschland "seine eigene Tradition und Kultur selbst aufgibt" ++ hasserfüllte E-Mails, Anrufe und Briefe sowie Morddrohungen an den Bürgermeister sind die Folge ++ breites Bündnis gegen Rassismus und extreme Rechte ++ »Ein Lichtermeer gegen den Hass« am Nikolaustag

 


Elmshorn ist eine 49.000-Einwohner zählende Stadt in Schleswig-Holstein nahe Hamburg im Kreis Pinneberg. Und immer in der Adventszeit steigt in Elmshorn der »Lichtermarkt«, ein Weihnachtsmarkt im Stadtkern, mit Glühwein-Ständen und Lebkuchenherzen. Dieses Jahr hat der Elmshorner der »Lichtermarkt« für bundesweite Schlagzeilen gesorgt.

Auslöser war eine Twittermeldung der ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten und Vertriebenenverbandsvorsitzende Erika Steinbach – jetzt Anhängerin der AfD. Sie veröffentlichte das Plakat des Elmshorner Lichtermarkts als ein Beispiel wie Deutschland "seine eigene Tradition und Kultur selbst aufgibt." "Deutschland zerstört seine Identität selbst", twitterte die Steinbach (siehe unten). Nicht nur der Name des Weihnachtsmarktes empörte die AfD-Unterstützerin Steinbach und ihre rassistischen AnhängerInnen, sondern ebenso das Plakatmotiv: ein dunkelhäutiges Mädchen mit Engelsflügeln.

Elmshorn-Twitter-Erika-Steinbach
Twitter-Nachricht von Erika Steinbach am 14. November

 

Der parteilose Elmshorner Bürgermeister Volker Hatje wurde zur Zielscheibe der Rechtsextremisten. Der rechte Shitstorm im Netz tobte sich aus; Hatje erhielt Drohungen von Rassisten und Neonazis. Der Vorwurf der Hetzer: Der Weihnachtsmarkt sei in »Lichtermarkt« umbenannt worden, um es Flüchtlingen in Deutschland recht zu machen; das farbige Kind kombiniert mit dem angeblichen Verschweigen des Wortes "Weihnachten" sei ein Einknicken vor dem Islam.

"Es ist erschreckend, wie weit verbreitet rechtes Gedankengut mittlerweile ist."
Bürgermeister Volker Hatje.

In Elmshorn leben Menschen aus mehr als 120 verschiedenen Nationen leben, sagte Hatje. "Wir lassen uns auf keine Diskussion ein, in der Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe diskriminiert werden. ... Für uns als weltoffene Stadt ist das supernormal", sagte der Bürgermeister zu dem Mädchen auf dem Plakat. Außerdem heiße der Weihnachtsmarkt bereits seit 2007 "Lichtermarkt", bisher ohne rechtsextreme Angriffe.

"Es geht darum, Menschen zu spalten"

Als die rassistischen Ausfälle und  Drohungen bekannt wurden, entwickelten sich Initiativen zu einem Protest gegen Rassismus und neofaschistische Bedrohung. Andreas Riedl von der Gewerkschaft ver.di sagte zum Ziel dieser Hetze: "Es geht darum, Menschen zu spalten, niederzumachen und sich über sie zu stellen - und das muss endlich aufhören."

"Elmshorn leuchtet für Toleranz"

Die Akteure verständigten sich auf eine gemeinsame Aktion am Nikolaustag (6. Dezember) unter dem Motto "Elmshorn leuchtet für Toleranz". Die Gewerkschaft ver.di erklärte ihre Unterstützung, um zu demonstrieren, dass Elmshorns Bürgermeister mit seinen klaren Aussagen nicht allein dasteht, sondern viele Menschen hinter ihm stehen. Der Redaktionsleiter der "Elmshorner Nachrichten" Jan Schönstedt sagte: "Wir wollen Elmshorn als weltoffene Stadt präsentieren und dokumentieren, dass Attacken wie von Frau Steinbach keinen Keil in unsere Gesellschaft treiben, sondern im Gegenteil Solidarität schaffen." In der Folge mutierte die eher konservativen Zeitung zum Demoorganisator gegen Rechts.

Elmshorn Lichtermarkt-gegen-RassismusAm Nikolaustag waren dann 1.500 ElmshornerInnen dem Aufruf zum "Ein Lichtermeer gegen den Hass" gefolgt. John Lennons "Imagine" ließ die Menschen mitsingen und hunderte Lichter mit Handys, Taschenlampen oder Wunderkerzen leuchten.

Der Bürgervorsteher Karl Holbach fand deutliche Worte gegen Rechts, der Propst Thomas Bergemann betonte die notwendige gemeinsame Aktion. Ver.di Sekretär Andreas Riedl warnte vor den "Rettern des Abendlandes", die ein ganz anderes Ziel verfolgen, "nämlich die Spaltung der Gesellschaft, die Verbreitung von Angst und einer rassisch-völkischen Ideologie." Riedl rief zum gemeinsamen widerstehen gegen die "Kulturverratsprediger" auf. "Wir brauchen Einigkeit in all unserer Vielfalt, wir brauchen Brücken zwischen den Menschen und wir brauchen Solidarität über all das vermeintlich Trennende hinweg.", sagte der Gewerkschafter. Er bezeichnete die "Hafenarbeiter als Avantgardist der Solidarität" und erinnerte sowohl an gewerkschaftliche Aktionen wie auch den antifaschistischen Widerstand der Hafenarbeiter. (Rede im Wortlaut weiter unten)

Ver.di und GEW, DIE LINKE, deren Jugendverband "solid" waren mit ihren Fahnen nicht zu übersehen. Die SPD Fraktion hatte sich vor dem Rathaus getroffen und war gemeinsam gekommen, IGM KollegInnen unterstützten nach einem "Stadtrundgang gegen Armut" jetzt diese Aktion. Die DKP Elmshorn war dabei. Der Einwandererbund hatte erkennbar mobilisiert. Es war eine solidarische Stimmung unter den Beteiligten aus allen Generationen und vielen Organisationen.

Elmshorn-Festus-AnunikeAls der Busfahrer Festus Anunike nach seiner Rede "Felice Navidad" als Zugabe zu seinem Statement vortrug, war Begeisterung pur angesagt. Festus lebt seit 7 Jahren in Elmshorn, geboren wurde er in Nigeria.

Der Redakteur der Elmshorner Nachrichten, Knuth Penaranda, verlas einen Brief des Popmusikers Andreas Bourani.

Die Teilnehmer an der Aktion haben deutlich Flagge gezeigt. Dies ist auch auf die Jahrzehnte währende Tradition antifaschistischen Wirkens in der Stadt zurückzuführen. Es gibt eine gewachsene antifaschistische Solidarität, die sich in vielen Aktionen bewährt hat. Antirassismus, Antifaschismus und Solidarität bleiben bitter nötig, denn leider gibt es auch in Elmshorn einen besorgniserregenden Anstieg von AfD-Stimmen, Ausländerfeindlichkeit und rassistisch motivierte Übergriffe.

Diese Aktion war wichtig als erneutes Zeichen der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung.


  

Solidarität ist ein Erfolgsmodell

Andreas-Riedl-verdi-SHRede von Andreas Riedl, ver.di-Gewerkschaftssekretär im Bezirk Pinneberg-Steinburg

Liebe Elmshornerinnen und Elmshorner, liebe Besucher des Elmshorner Lichtermarkts,

der Anlass, sich heute hier zu versammeln, sollte eigentlich ein anderer sein – nämlich schlicht, um sich aufs Weihnachtsfest einzustimmen – sich zu besinnen.

Leider müssen wir hier aus anderem Grunde Flagge zeigen, denn seit einigen Jahren nehmen geradezu inflationär über so genannte "soziale Netzwerke" befremdliche Hetzpostings zu. In all diesen Postings schwingen sich selbsternannte "Kreuzritter" dazu auf, zu unterstellen, es werde ein "Kultur- und Traditionsverrat" am Weihnachtsfest begangen, um einer ominösen Islamisierung den Weg zu bahnen.

Ob es nun St. Martins-Umzüge, den Niklaus, profane Schokoladenhohlfiguren oder die Namensgebung von Weihnachtsmärkten betrifft – überall dichten sich diese "Retter des Abendlandes" die wildesten Verschwörungstheorien zusammen und streuen mitunter Thesen, die hanebüchener nicht sein können.

Nun hat es auch den Elmshorner Weihnachtsmarkt getroffen – einfach nur, weil er Lichtermarkt heißt – seit bereits 10 Jahren. Kurz darauf traf es übrigens auch den Dresdner Striezelmarkt, der seit 583 Jahren so heißt.

Kurzum: Sie sehen – dem Stumpfsinn der "Kulturverratsprediger" scheinen keine Grenzen mehr gesetzt zu sein. Das vorgegebene Motiv – nämlich den Erhalt oder die Rettung von Kultur und Tradition – ist gar nicht die Intention der Urheber dieser Postings. Nein – sie verfolgen ein ganz anderes Ziel, nämlich die Spaltung der Gesellschaft, die Verbreitung von Angst und einer rassisch-völkischen Ideologie. Sie dichten an der Legende einer kommenden Apokalypse unerträglichen Ausmaßes und schwingen sich dann als die Beschützer vor dieser Bedrohung auf. Immer arbeiten sie mit demselben pauschalen, platten Schwarz/Weiß-Schema: Gut gegen Böse, Wir gegen die anderen, wobei den anderen das Menschsein abgesprochen wird. Das ist gefährlich, denn ist der Andere erst einmal "entmenschlicht", ist es nicht mehr weit bis zum Mord und Totschlag.

Das ist eine vollkommen negative, zerstörerische Sicht auf unsere Gesellschaft und steht im völligen Widerspruch zu unserer freien, demokratischen auf festgeschriebenen Grundrechten basierenden Gesellschaft.

Wir brauchen Einigkeit in all unserer Vielfalt, wir brauchen Brücken zwischen den Menschen und wir brauchen Solidarität über all das vermeintlich Trennende hinweg.

Als Gewerkschafter betonen wir ständig die Bedeutung von Solidarität untereinander: Vereint stehen wir, getrennt fallen wir – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion, Geschlecht, Ethnie! Das ist keine hohle Phrase, sondern wird tatsächlich in den Betrieben gelebt und wer es nicht tut, der scheitert jämmerlich.

Dazu ein Beispiel aus Holstein, wie Menschen hier untereinander solidarisch handeln:
Als wir Mitte des letzten Jahrzehnts im Kreis Pinneberg zur einem Arbeitskampf in einem ÖPNV-Betrieb aufriefen, baten die dortigen Arbeitnehmer – übrigens aus 60 Ländern dieser Erde - um Unterstützung, da sie sich unsicher fühlten. Es kamen früh morgens in ihrer Freizeit Beschäftigte aus anderen Busunternehmen aus Lübeck, aus Schwerin - und es kamen Hafenarbeiter aus Lübeck und sie zeigten was Solidarität konkret bedeutet. Dabei ist diese Solidarität noch gar nichts im Verhältnis zur sonst unter Hafenarbeitern üblichen Solidarität.

Der Hafenarbeiter als Avantgardist der Solidarität zeigt uns wie kein anderer jedes Jahr aufs Neue, wie internationale Solidarität jenseits von Herkunft, Religion, Sprache, Hautfarbe usw. konkret aussieht, nämlich immer dann, wenn er die Entladung von Schiffen verweigert, die Schiffe an die Kette legt, um für die ihm unbekannten Seeleute die ausgebliebene Heuer einzufordern. Die Seeleute hätten ohne die Unterstützung der Hafenarbeiter kaum eine Chance.

Solidarität ist ein Erfolgsmodell – das wissen die Lübecker Hafenarbeiter schon lange nur zu gut und sie sind zu Recht stolz darauf. Denn das, was sie zu geben bereit waren, ging schon immer sehr weit:
Im Dritten Reich gewährten sie unserem späteren Bundeskanzler Willy Brandt in einem Hafenschuppen Unterschlupf, kurz bevor er seine Flucht in einem Fischerboot nach Norwegen antrat. Ein Preis ihres Einsatzes gegen die Schreckensherrschaft für die Freiheit war besonders hoch: Drei Hafenarbeiter wurden von der Gestapo abgeholt und ermordet. Ihrer gedenken sie auch heute noch in der Hafenbörse mit einer Tafel mit den Namen der Ermordeten.

In diesem Sinne:
Nehmen wir uns das zum Vorbild, seien wir solidarisch untereinander und lassen uns nicht spalten, egal woher wir kommen, woran wir glauben und wie wir aussehen – ich wünsche Ihnen ein solidarisches und frohes Weihnachtsfest!

txt: Heinz Stehr

Wir sprechen über Palästina

Gazakrieg Grafik Totoe 2024 04 07

mit Rihm Miriam Hamdan von "Palästina spricht"

Wir unterhalten uns über den israelischen Vernichtungskrieg, die Rolle Deutschlands (am 8. und 9. April findet beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag die Anhörung über die Klage Nicaraguas gegen Deutschland wegen Beihilfe zum Völkermord statt), die Situation in Gaza und dem Westjordanland und den "Tag danach".

Onlineveranstaltung der marxistischen linken
Donnerstag, 18. April, 19 Uhr

https://us02web.zoom.us/j/82064720080
Meeting-ID: 820 6472 0080


++++++++++++++++++++++++++++++++

Logo Ratschlag marxistische Politik

Ratschlag marxistische Politik:

Gewerkschaften zwischen Integration und Klassenkampf

Samstag, 20. April 2024, 11:00 Uhr bis 16:30 Uhr
in Frankfurt am Main

Es referieren:
Nicole Mayer-Ahuja, Professorin für Soziologie, Uni Göttingen
Frank Deppe, emer. Professor für Politikwissenschaft, Marburg

Zu diesem Ratschlag laden ein:
Bettina Jürgensen, Frank Deppe, Heinz Bierbaum, Heinz Stehr, Ingar Solty

Anmeldung aufgrund begrenzter Raumkapazität bis spätestens 13.04.24 erforderlich unter:
marxlink-muc@t-online.de


 

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

EL Star 150

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.