Deutschland

Rolf-Johannesson15.05.2017: Bundeswehrangehörige unter Terrorverdacht ++ Wehrmachtstradition lebt in Bundeswehr fort ++ 'Entnazifizierung' der Bundeswehr - 72 Jahre nach der Zerschlagung des deutschen Faschismus ++ Marineschule Mürwik fällt der Abschied von der alten Tradition besonders schwer ++ Nazi-Blutrichter als Vorbild der Bundesmarine

 

Bislang stehen drei Männer, darunter zwei offenbar rechtsextreme Bundeswehrsoldaten, unter Terrorverdacht. Die Bundesanwaltschaft wirft ihnen vor, eine "schwere staatsgefährdende Gewalttat" vorbereitet zu haben. Ihr Plan: Als Flüchtling getarnt einen Anschlag zu verüben, um auf diese Weise Hass gegen Geflüchtete zu schüren.

Vorgesetzte deckten die Soldaten trotz ihrer offensichtlichen Gesinnung. Inzwischen ist bekannt, dass es mehrere Verdächtige und ein mitwissendes Umfeld gab, die bereits Munition zur Seite gelegt und eine Liste von Anschlagszielen vorbereitet hatten. Nur durch Zufall konnten Anschläge verhindert werden.

Im Zusammenhang mit der rechten Terrorzelle um Oberleutnants Franco A. möchte Kriegsministerin von der Leyen (CDU) jetzt alle Liegenschaften der Bundeswehr, also Kasernen und Dienstgebäude, dahingehend inspizieren, ob sie mit dem „Traditionsverständnis der Bundeswehr in Bezug auf Nationalsozialismus und Wehrmacht“ in Einklang stehen. „Denn diese Truppe hat es verdient, dass wir diesen Säuberungs- und Reinigungsprozess miteinander durchleben,“ so von der Leyen am, 7. Mai in einer ARD-Sendung. Bundespräsident Steinmeier (SPD) sprang ihr – sich aus Israel meldend – zu Seite: Er sei zuversichtlich, dass es sich bei den rechten Vorfällen um einzelne Vorkommnisse handele und „dass die Fälle Einzelfälle sind und nichts über den Zustand der Bundeswehr aussagen.“ (FAZ 9.5.17).

Interessante Anmerkung am Rande: Wie „Die Welt“ am 5.5.17 berichtete, mussten sich die gut hundert Generäle, die von der Leyen nach den Vorkommnisse um Franco A. zur Aussprache geladen hatte, vor Betreten des Regierungsgebäudes vom Militärischen Abschirmdienst (MAD) filzen lassen und selbst ihre Armbanduhren abgeben. Soviel zum Vertrauensverhältnis zwischen Verteidigungsministerin und Bundeswehr.

Klarheit sollte eigentlich ein Traditionserlass aus dem Jahre 1982 bringen. Der regelt sehr eindeutig, dass Bundeswehr und Wehrmacht in keiner Bundeswehr Kasernendurchsuchunggemeinsamen Tradition stehen. Und er schreibt auch explizit Verbote fest: "Nationalsozialistische Kennzeichen, insbesondere das Hakenkreuz, dürfen nicht gezeigt werden." Doch im gleichen Erlass steht nur wenige Ziffern weiter: "Das Sammeln von Waffen, Modellen, Urkunden, Fahnen, Bildern, Orden und Ausrüstungsgegenständen ist erlaubt. Es dient der Kenntnis und dem Interesse an der Geschichte und belegt, was gewesen ist."

Aber trotz Traditionserlass tragen nach wie vor drei Kasernen den Namen des Nazi-Generalfeldmarschalls Erwin Rommel (in Augustdorf in Nordrhein-Westfalen, in Osterode/Harz und im württembergischen Dornstadt). Und das, obwohl er maßgeblich an den Eroberungskriegen der Nazis beteiligt war und sein Verhältnis zum Widerstand des 20. Juli unter Historikern äußerst umstritten ist. Und viele weitere Kasernen tragen noch immer die Namen schneidiger Wehrmachts-Ritterkreuzträger. An vielen Kasernen sind auch immer noch Reichsadler, Stahlhelmreliefs oder gar Wandgemälde mit Wehrmachtssoldaten zu sehen - sie werden geduldet, stehen teils unter „Denkmalschutz.“

Auch in Schleswig-Holstein lebt diese unsägliche Wehrmachtstradition in der Bundeswehr fort. Erst jüngst wurde in der Aula der Marineschule Mürwik eine Büste aufgestellt, die einen Hitler-Admiral ehrt, der noch im April 1945 Todesurteile gegen Nazi-Gegner bestätigte

Marineschule Mürwik

Bundeswehr Marineschule-MuerwikDer Marineschule in Flensburg-Mürwik - zentraler Versammlungsort der Seeoffiziere seit Kaisers Zeiten -  fällt der „Abschied von der alten Tradition“ offensichtlich besonders schwer. Dabei hatten die britischen Truppen nach der Befreiung im Mai 1945 bereits mit der nazi-militaristischen Entrümpelung begonnen. Am 23. Mai 1945 besetzten die Alliierten die Marineschule Mürwik und verhafteten „die geschäftsführende Reichsregierung“ wie sich Großadmiral Dönitz und Hitler-Nachfolger und seine Getreuen nannten an deren „Regierungssitz.“ Die Marineschule wurde anschließend von den britischen Besatzungstruppen demilitarisiert und zum Teil leergeräumt. Ein Großteil der Militär-Devotionalien kam ins National Maritime Museum nach Greenwich/London.

Und nun, über siebzig Jahre später, will die Bundesmarine die „Entrümpelung“ fortsetzen und beschloss eine „Neuausrichtung“ der Aula der Marineschule. Seither zieren drei Büsten den Raum, die nach Auffassung der Bundeswehr den „neuen Geist“ der Marine repräsentieren: Korvettenkapitän Alfred Kranzfelder (1908-1944), der Admiral und Generalinspekteur der Bundeswehr Dieter Wellershoff (1933-2005) und Admiral Rolf Johannesson (1900-1989).

Wer war Rolf Johannesson, dieses „Vorbild“ der deutschen Marine?

Johannesson bestätigt noch Ende April 1945 Todesurteile gegen Nazi-Gegner

Astrid Friedrichs, eine gebürtige Helgoländerin, hat 2015 ein Buch über eine Widerstandsgruppe auf der Hochseeinsel geschrieben. Im April 1945 lebten auf der Insel nicht nur gut 2000 Helgoländer, sondern auch rund 4000 Soldaten, Bauarbeiter und Kriegsgefangene.

Im Zentrum der Widerstandsgruppe standen Erich Friedrichs und Georg Braun. Friedrichs war Besitzer einer Kneipe auf dem Unterland. Bei ihm trafen sich Helgoländer und andere Zivilisten, die eine Zerstörung der Insel in den letzten Kriegstagen befürchteten. Georg Braun, Dachdeckermeister, wohnte mit seiner Familie auf dem Oberland. Bei ihm fanden sich Soldaten und Offiziere der Marine zusammen. Gemeinsam wollten sie die Offiziere der Wehrmacht entwaffnen und die Insel friedlich an die Engländer übergeben. Durch Verrat platzte das Vorhaben und am 18. April wurden etwa 20 Personen verhaftet, darunter auch Friedrichs und Braun. Am darauffolgenden wurden sie nach Cuxhaven gebracht und in einem Schnellverfahren verurteilt und hingerichtet.

Der Kommandant der Seeverteidigung Elbe-Weser, der diese Todesurteile bestätigt hatte, war Korvettenkapitän Rolf Johannesson. „Für die Entscheidung über eine Bestätigung der Todesurteile war der Gesichtspunkt ausschlaggebend, dass eine Nichtbestätigung ein Anreiz für Teile der Festungsbesatzung sein würde, sich in weitere Verschwörungen einzulassen,“ begründete er noch 1953 diese Urteile.

Eine deutsche Militärkarriere

Rolf-JohannessonRolf Johannesson wurde im Juli 1918 Seekadett und erlebte wenige Monate darauf die Revolution in Kiel. Als am 30. November 1918 alle Seekadetten durch den Arbeiter- und Soldatenrat entlassen wurden, meldete Johannesson sich als Freiwilliger bei einem Regiment, das die deutsch-sprachige Bevölkerung im Baltikum verteidigen sollte. In den zwanziger Jahren war er dann Kommandant auf Kreuzern und lernte von 1934 bis 1937 die Abwehrabteilung des Reichswehrministeriums kennen. Dort war er mit Aufgaben des Geheimschutzes einschließlich der Tarnung geheimer U-Boot-Projekte im Reichswehrministerium betraut. Im Sommer 1937 wurde er Leiter der Sabotage- und Spionageabwehr der Legion Condor in Spanien. Nach Deutschland zurückgekehrt wurde er als Korvettenkapitän der Zerstörerflottille der Kriegsmarine. Im Dezember 1942 wurde ihm das Ritterkreuz verliehen. Am liebsten wäre er Hitlers Marineadjutant geworden, doch diese Aufgabe übertrug man dann Dönitz.

Nach der Kapitulation der Wehrmacht ließ die britische Besatzungsmacht Johannessons Dienststelle zunächst weiter bestehen, um die Auflösung der in diesem Bereich liegenden Wehrmachtsteile abzuwickeln. Erst im Januar 1946 wurde Johannesson in Kriegsgefangenschaft genommen, die er in einem britischen Generals- und Admiralslager in Belgien verbrachte. Im November 1946 wurde er entlassen.

Zunächst fand er dann bei der evangelischen Kirche eine Anstellung. 1955 bewarb sich Johannesson um die Einstellung in die in Planung befindliche Bundesmarine.  Am 1. Januar 1957 wurde er dort als Flottillenadmiral  in den Dienst übernommen. Während seiner Zeit als Befehlshaber bemühte sich Johannesson vor allem darum, die Einbindung in die NATO-Kommandostruktur zu verbessern.

Dieser Nazi-Blutrichter soll also Vorbild der Bundesmarine sein?! Hier wäre ein „Säuberungs- und Reinigungsprozess“, wie dies von der Leyen angekündigt hat, dringend geboten

Die Anfang des Jahres in der Marineschule Mürwik aufgestellte Büste von Johannesson muss schnellstmöglich wieder einkassiert werden.

txt: Günther Stamer
fotos: screenshot

Literaturhinweis:„Wir wollten Helgoland retten“ von Astrid Friedrichs (108 Seiten, 12 Euro) ist erhältlich im Museum Helgoland (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.) oder bei der Autorin (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.).

Farkha Festival Komitee ruft zu Spenden für die Solidaritätsarbeit in Gaza auf

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