Deutschland

17.07.2015: Der Bundestag hat sich heute mit großer Mehrheit für die Aufnahme von Verhandlungen mit Griechenland über ein drittes Austeritätspaket – genannt 'Hilfspaket' – ausgesprochen. 119 Abgeordenete stimmten dagegen. Davon kommt ein Teil der Stimmen aus der CDU/CSU-Fraktion. Sie folgten dem Motto ihres Fraktions-Vize Thomas Strobl: „Der Grieche hat lange genug genervt“. Die Linksfraktion lehnte den Antrag der Bundesregierung ab. Vor der Sitzung hatten sich die Abgeordneten der Linksfraktion an den Protesten vor dem Bundestag beteiligt.


OXI - Nein zu Erpressungspolitik, Ja zu Demokratie

Vor Beginn der Sitzung fand vor dem Bundestag eine Kundgebung gegen die Erpressung Griechenlands statt.  Die Polzei löste die Versammlung mit Gewalt auf, weil im Unterschied zu Athen, wo auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlamentsgebäude demonstriert werden darf, dies in Deutschland verboten ist. Die Abgeordneten der Linksfraktion beteiligten sich an den Protesten.

In der Debatte begründete Gregor Gysi für die Linksfraktion die Ablehnung. Insbesondere kritisierte er die Erpressung der griechischen Regierung durch Bundesfinanzminister Schäuble. Er sagte: "In den letzten Wochen waren nicht Sie, Frau Merkel, die Bundeskanzlerin, unser Bundeskanzler, wenn auch nicht gewählt, hieß Wolfgang Schäuble." Schäuble habe durch die Erpressung der griechischen Regierung dem Ansehen Deutschlands schwer geschadet und in Griechenland die faktische Abschaffung der parlamentarischen Demokratie organisiert, sagte er.
Gysi weiter: "Deutschland braucht den Euro dringender als Griechenland. Und das verschweigen Sie, Herr Schäuble. Ihre Politik ist undemokratisch. Sie negieren den Volksentscheid in Griechenland vollständig und sagen der griechischen Bevölkerung: Sie kann entscheiden, was sie will, Herr Schäuble entscheidet anschließend, dass es anders langgeht.
Der Gipfel der Demütigung: Sie wollten Griechenland zum neuen früheren Ostdeutschland machen. Sie wollten die Enteignung des griechischen Staatseigentums und Vermögens über eine Treuhandanstalt mit Sitz in Luxemburg. Nur, lieber Herr Schäuble, Griechenland wird im Unterschied zu Ostdeutschland nicht ein Teil Deutschlands. Und außerdem erzielte die Treuhand in der DDR keine Erlöse und machte auch die Industrien, die etwas taugten, platt.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Deutschland verpflichtet, 132 Milliarden Goldmark an Reparation zu bezahlen - umgerechnet sind das 700 Milliarden Euro. Im Jahre 1953 fand die Schuldenkonferenz statt in London, und dann gab es einen Schuldenschnitt. Uns wurden 50 Prozent der Reparationen erlassen. Und dann gab es eine Stundung hinsichtlich der Zinszahlungen - nämlich bis zur Herstellung der deutschen Einheit. Und ab 1990 mussten wir wieder bezahlen. Und die letzte Rate haben wir im Oktober 2010 bezahlt. Ich treffe drei Feststellungen: 1. Wir haben 92 Jahre zurückgezahlt. 2. Wir haben einen Schuldenschnitt von 50 Prozent erlebt. 3. Wir hatten eine Stundung von 37 Jahren. Sollten wir vielleicht einmal darüber nachdenken und nicht so tun, als ob wir alles gemeistert hätten in unserer Geschichte?"

Sahra Wagenknecht sagte in der Bundestagsdebatte, dass niemand bestreite, dassGreichenland Reformen brauche. Was jedoch die Regierung unter dem schönen Namen Reformen verteidige, habe mit sinnvollen Maßnahmen nichts zu tun. Das Reformpaket, das Griechenland jetzt diktiert worden sei, „ist doch exakt die Fortsetzung der rabiaten Kürzungspolitik der letzten fünf Jahre, die schon ein Viertel der griechischen Wirtschaftsleistung zerstört hat“, so Sahra Wagenknecht. "Früher führte man Staatsstreiche mithilfe von Panzern durch. Heute mithilfe der Banken und der Macht über die Währung. Diese Politik ist schändlich".

Dietmar Bartsch fragte: "Wo sind denn die notwendigen Investitionen?" Und stellte fest: "Gibt es nicht! Wo ist eine Lösung der Schulden? Gibt es nicht!“ Der Weg, der in die Katastrophe geführt hat, werde fortgesetzt.

Die Ko-Vorsitzende der Partei DIE LINKE, Katja Kipping, sagte: "Heute habe ich an der Aktion vor der Abstimmung im Bundestag über die Verhandlungen mit der griechischen Regierung teilgenommen. Wäre ich im griechischen Parlament, würde ich dort – mit großen Bauchschmerzen – mit Ja stimmen. Schlichtweg, weil die Alternative dazu, ein Grexit, zu noch schlimmeren sozialen Verwerfungen geführt hätte.
Hier im Bundestag bewerte ich vor allem das Agieren der deutschen Bundesregierung, die die Erpressung angeführt hat, und stimme deshalb mit Nein!
Die Menschen in Griechenland brauchen unsere Solidarität, den längst überfälligen Schuldenschnitt und Investitionen. Und die Demokratie in Europa braucht endlich wieder Bewegungsfreiheit. Dafür kämpfen wir hier in Deutschland – für die Menschen in Griechenland und überall in Europa."

Sabine Leidig erklärt: "Ich habe mit 'NEIN' gestimmt, denn diese erpresste 'Einigung' zerstört Europa! Die neu gewählte Syriza-Regierung hatte den Wählerauftrag, die unsoziale, gescheiterte Austeritätspolitik zu beenden. Die EU hat ihr, mit der Pistole am Kopf, die Kapitulation abgepresst."

Wolfgang Gehrke sagt:

  1. Ich habe mit NEIN gestimmt, weil die Gesetze, die dem griechischen Parlament aufgezwungen wurden, keinerlei Züge eines Kompromisses tragen, sondern Erpressung und Wirtschaftskrieg sind. Das Ergebnis ist nicht Selbstbestimmung der Menschen in Griechenland, sondern Fremdbestimmung. Dem kann und will ich nicht zustimmen und erkläre deshalb: Nicht mit meiner Stimme, nicht in meinem Namen.
  2. Ich habe mit NEIN gestimmt, weil die von der Eurogruppe diktatorisch verlangten Maßnahmen die Notlagen der Menschen in Griechenland nicht beheben, sondern verstärken und die Wirtschaft strangulieren. Nicht mit meiner Stimme, nicht in meinem Namen.
  3. Ich habe mit NEIN gestimmt aus Respekt vor dem griechischen Referendum und seinem Ergebnis. Der herabwürdigende Umgang der europäischen Regierungen, namentlich der deutschen, mit der Volksabstimmung, zeigt: Sie wollen weiterhin ihre Entscheidungen in den Hinterzimmern der Macht treffen. Nicht mit meiner Stimme und nicht in meinem Namen.
  4. Ich habe mit NEIN gestimmt, um mich deutlich von der Verhandlungsführung der Eurogruppe und besonders des deutschen Finanzministers abzugrenzen. Die Methode „Friss oder stirb“ hat mit Respekt und Demokratie nichts, rein gar nichts zu tun. Deshalb: Nicht mit meiner Stimme, nicht in meinem Namen.
  5. Ich habe mit NEIN gestimmt, weil ich den Putsch der Troika gegen die Tsipras-Regierung nicht billigen kann und will. Jetzt wird die EU zum Mittel des Regime-Change und zur Warnung an alle Wählerinnen und Wähler in Ländern der Europäischen Union: Wer links wählt, wer aufmuckt, wird bestraft. Nicht mit meiner Stimme und nicht in meinem Namen.
  6. Ich habe mit NEIN gestimmt, um in Deutschland und Europa Alternativen zur neoliberalen Zerstörung des Sozialen und Demokratischen wach zu halten. Es wird viel über Vertrauen gesprochen. Wer die Agenda 2010 verantwortet, verdient kein Vertrauen. Die Bundesregierung will mit dem Diktat von Brüssel die Agenda 2010 und die Herrschaft der Banken über die Politik zum Maß für Europa machen. Nicht mit meiner Stimme, nicht in meinem Namen.

Schäuble - "Finanz-Pinochet der Europäischen Union"
Diether Dehm hatte am Vortag, während der Sondersitzung des Ausschusses für die Angelegenheiten der europäischen Union unter Beteiligung des Finanzausschusses Wolfgang Schäuble direkt angesprochen: "Sie sind der Finanz-Pinochet der Europäischen Union. Sie wollten den Putsch und das widert mich an!“ Er bezog sich dabei auf das Interview, welches "The New Statesman" mit Yannis Varoufakis geführt hat. (siehe auch "Der nichtveröffentlichte Plan von Varoufakis") Varoufakis weist hier nach, dass Deutschland nie ernsthafte Verhandlungen zuließ, sondern auf Zeit und die Bankenschließung spielte, um die Linksregierung in Athen zu stürzen und Griechenland aus dem Euro zu katapultieren.

Die Linksfraktion hatte einen eigenen Entschließungsantrag zur Griechenlanddebatte gestellt (siehe Anlage). Darin heißt es:
"Das Verhalten der Bundesregierung hat der Demokratie in Europa schweren Schaden zugefügt, weil sie sich daran beteiligt hat, dass der im Referendum zum Ausdruck gebrachte Wille der griechischen Bevölkerung gebrochen wurde. Die Griechinnen und Griechen haben „nein“ gesagt zu weiteren Kürzungen und „ja“ zu einem gemeinsamen, friedlichen, solidarischen und gerechten Europa. Dies haben die Eurogruppe und besonders die Bundesregierung ins Gegenteil verkehrt: Stattdessen gilt in Europa jetzt das Recht des Stärkeren gegenüber den Schwächeren. Das sogenannte Verhandlungsergebnis vom Euro-Gipfel am 12.7.2015 ist ein Diktat und erzwingt die Fortsetzung der fatalen Politik aus Kürzungen und sich verschärfender Wirtschaftskrise, die bereits in den letzten Jahren ein Viertel der griechischen Wirtschaftskraft zerstört und die griechischen Schulden immer weiter erhöht hat. Der Bundestag zollt der griechischen Bevölkerung und der Regierung Respekt für ihren Kampf gegen diese „extreme Politik“ und die versuchte „finanzielle Strangulierung“ des Landes (Alexis Tsipras am 13. Juli)."

txt: lm

siehe auch: Griechisches Parlament beugt sich - der Krieg geht weiter

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
hier geht es weiter zum Text


 

 

UNRWA Gazakrieg Essenausgabe

UNRWA Nothilfeaufruf für Gaza
Vereint in Menschlichkeit, vereint in Aktion

Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
Zivilisten sterben, während die Welt zusieht. Die Luftangriffe gehen weiter. Familien werden massenweise vertrieben. Lebensrettende Hilfsgüter gehen zur Neige. Der Zugang für humanitäre Hilfe wird nach wie vor verweigert.
Unter diesen Umständen sind Hunderttausende von Vertriebenen in UNRWA-Schulen untergebracht. Tausende unserer humanitären Helfer sind vor Ort, um Hilfe zu leisten, aber Nahrungsmittel, Wasser und andere lebenswichtige Güter werden bald aufgebraucht sein.
Das UNRWA fordert den sofortigen Zugang zu humanitärer Hilfe und die Bereitstellung von Nahrungsmitteln und anderen Hilfsgütern für bedürftige Palästina-Flüchtlinge.
Dies ist ein Moment, der zum Handeln auffordert. Lassen Sie uns gemeinsam für die Menschlichkeit eintreten und denjenigen, die es am meisten brauchen, die dringend benötigte Hilfe bringen.

Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge

Spenden: https://donate.unrwa.org/gaza/~my-donation


 

EL Star 150

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.