Analysen

isw winfo 49 s16 2 bbuecking24.04.2015: Die Welt des Geldes strotzt nur so vor Rekorden. Aktionäre sacken in diesen Wochen Dividenden ein wie nie zuvor in der Geschichte. Resultierend aus den Superprofiten, die die Konzerne im vergangenen Jahr eingefahren haben. Die Top-Bosse gönnen sich Top-Boni. Und der Dax klettert von Gipfel zu Gipfel und macht die Aktionäre noch reicher. Der Reihe nach.

 

Fette Profite

Die 30 Dax-Konzerne erzielten 2014 einen aggregierten Umsatz von knapp 1,25 Billionen Euro, 2,2 Prozent mehr als im Jahr davor. Mehr Umsatz wurde vor allem in Nordamerika und in Asien-Pazifik erzielt, befeuert durch die Euro-Abwertung gegenüber dem Dollar. Der handelsgewichtete Dollar notierte um 15 Prozent niedriger als im Jahr davor. Bei der regionalen Verteilung des Umsatzes der Dax-Unternehmen entfielen auf Europa (einschließlich Deutschland) 56% (zwei Prozentpunkte weniger als 2013), Nordamerika 19 (+ 1), Asien-Pazifik 17 (+ 1), Rest 8.

Die Profite stiegen weit schneller als die Umsätze: Die gesamten Gewinne vor Zinsen und Steuern (Ebit) nahmen um 6,3% auf knapp 109 Milliarden Euro zu, wie die Beratungsgesellschaft Ernst&Young (EY) berechnete. Den höchsten operativen Gewinn erwirtschaftete VW mit 12,7 Milliarden Euro. Gewinntreiber waren der niedrige Ölpreis, der zu Kosteneinsparungen bei Unternehmen und höherer Kaufkraft der Verbraucher führte, weiterhin der niedrige Euro-Kurs, der den Export begünstigte und vor allem die „Spar- und Effizienz-Programme“ der meisten Konzerne, sprich: Kosteneinsparungen durch Stellenstreichungen und Erhöhung der Ausbeutung.

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Zur Gewinnerhöhung trug offenbar auch die „Steuergestaltung“ der Konzerne bei. Dies wird deutlich, wenn man die Steigerungsraten von operativem Ergebnis – also vor Steuern - und von Nettogewinnen vergleicht. Erstere nahmen, wie erwähnt um 6,3% zu, die Gewinne nach Steuern aber konnten um fast 15 Prozent (14,6%) gesteigert werden. Mit 67,6 Milliarden Gesamt-Nettogewinnen wurde das zweitbeste Ergebnis in der deutschen Wirtschaftsgeschichte erreicht. Nur 2007, kurz vor Ausbruch der Finanzkrise, konnte mit 73 Milliarden Euro noch mehr erzielt werden. Möglicherweise wird 2015 auch diese Rekordmarke geknackt. Denn neue Sparprogramme und weitere Euro-Abwertung lassen die Dax-Konzerne „ihre Gewinne in diesem Jahr um sechs bis acht Prozent steigern“, erwartet Andreas Hürkamp von der Commerzbank.

Magere Löhne

Euphorie und Champagnerlaune auch in den Chefetagen. Die Vorstände stehen mit ihren Bezügen dem Höhenrausch der Profite nicht nach. „Goldjungs“ titelte die SZ in Bezug auf deren Boni (26.3.15). Und: „Die Gewinne steigen, die Gehälter auch: Die Chefs der deutschen Dax-Unternehmen verdienen soviel wie nie zuvor“. Die Beratungsgesellschaft HKP hat mit so genannten „Zuflusstabellen“ die Gesamtbezüge der Vorstandsvorsitzenden für das Geschäftsjahr 2014 ermittelt. Darin enthalten sind auch langfristig ausgerichteten Boni, die in den Vorjahren versprochen und 2014 tatsächlich ausbezahlt wurden. Danach kamen die Vorstandsbosse 2014 im Schnitt auf Bezüge von 5,9 Millionen Euro – zehn Prozent mehr als im Jahr davor. HKP-Geschäftsführer Michael Kramarsch: „Noch nie sind im Durchschnitt so hohe Bezüge geflossen wie 2014“ (zit. nach FAZ, 26.5.15). Ein Beschäftigter in einem Dax-Konzern verdiente im Durchschnitt  45.000 Euro brutto; er muss also  gut 130 Jahre arbeiten, um auf den Verdienst des Bosses zu kommen. Und die Kluft wird immer größer. Zwar stiegen die durchschnittlichen Bruttolöhne in der deutschen Volkswirtschaft mit 2,6% so stark wie sei Jahren nicht mehr (real und netto 1,7%), doch für unseren Dax-Angestellten bedeutet das gerade mal 800 Euro brutto mehr. Der Vorstandsboss aber schob aber mit seiner zehnprozentigen Erhöhung 536.000 Euro mehr ein; selbst ein Anstieg um nur 2,6% hätte ein Mehr von 140.000 Euro bedeutet.

Dividendenrausch

Noch ein Rekord. Diesmal für die Aktionäre. An sie werden in diesem Frühjahr die höchsten Dividenden aller Zeiten ausgeschüttet: 41,7 Milliarden Euro beträgt die Ausschüttungssumme aller börsennotierter Aktiengesellschaften, fünf Milliarden mehr (+ 14%) als im Vorjahr; der bisherige Höchstwert lag bei 38,2 Milliarden im Jahr 2008. Der Löwenanteil entfällt auf die Dax-Konzerne mit knapp 30 Milliarden Euro; hier beträgt der Steigerungssatz gut zehn Prozent. Der bisherige Rekord von 27,3 Milliarden Euro stammt von 2007. Die Konzerne schütten damit knapp die Hälfte ihrer Gewinne an die Shareholder aus. Reiche Ernte vor allem für Aktionärs-Dynastien, die in einigen Dax-Konzernen noch unterwegs sind: So erhält z.B. die BMW-Großaktionärsfamilie Quandt (Johanna und Stefan Quandt, Susanne Klatten) 815 Millionen Euro für die anstrengende Tätigkeit des „Aktienhaltens“ (Shareholder) und Hand-Aufhaltens.

Die Dax-Aktionäre erzielten im Durchschnitt eine Dividendenrendite (Verhältnis von Dividende zu Aktienkurs) bei Dax und M-Dax von 2,5 Prozent (bei Allianz 4,1%, Siemens 3,2%, Daimler 2,6%, BASF 2,9%). Also erheblich höher als Sparguthaben oder Staatsanleihen, die fast nichts mehr abwerfen. Das erklärt zum einen, dass immer mehr Menschen ihr Geld in Aktien oder Aktienfonds anlegen. Natürlich nicht die kleinen Sparer, für die das viel zu risikoreich ist und die mit ihren Sparbüchern mit Null- und Negativzinsen vorlieb nehmen müssen, auch nicht die Menschen, die wegen den miesen Rentenaussichten privat etwas für das Alter vorsorgen wollen, aber erleben müssen, dass ihre Kapitallebensversicherung bis zum Renteneintritt an Wert verliert statt zunimmt. In Aktien gehen mittlere Geldvermögende, denen die „Dividende als der neue Zins“ angepriesen wird. Die wirklich Reichen investieren in Hedge-Fonds und andere Spezialfonds – meist geschlossene Fonds -  in denen natürlich auch Aktien und Immobilien enthalten sind. Sie sind das Exklusiv-Klientel von Vermögensverwaltungsgesellschaften, wie etwa Blackrock oder Pimco (Allianz) bzw. Spezialberatern.

Aktienfieber

Sie alle spekulieren auf den weiteren Höhenrausch an den Börsen. Diese Rechnung ging im Durchschnitt des Dax im  vergangenen Jahr kaum auf: der Dax legte nur um knapp drei Prozent zu, aber immerhin. Addiert zur Dividende ergibt sich eine ansehnliche Verzinsung. Und: Gegenüber dem 9. März 2009 bedeutet der Endstand 2014 einen Kursgewinn von 173%. Im neuen Jahr aber geht es erst richtig los, wird ein wahres Kursfeuerwerk abgebrannt. Von 1. Januar bis Mitte April 2015 stieg der Kurs um satte 22 Prozent, von 9805 auf gut 12.000 Punkte. Damit liegt er fast 50% über seinem bisherigen Höchststand von 8152 am 13.7.07. Zu diesem Höhenflug der so genannten Blue Chips trug nicht zuletzt die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer ultralockeren  Geldpolitik und der Geldschwemme über Anleihenkäufe bei. Dadurch wurde der Zins de facto ausradiert, die Anleger noch mehr in die Aktien- und Immobilienbörsen getrieben. Jeden Tag haut die EZB rund zwei Milliarden Euro raus, kauft damit bei Banken und Institutionellen Anlegern (Versicherungen, Fonds) Staatsanleihen – mit Ausnahme griechischer (siehe auch Conrad Schuhler, Dax-Rekord, EZB-Geldschwemme: Noch ein Hurra für die Vermögenden – der nächste Knall rückt näher. www.isw-muenchen.de).

Die Banken schwimmen in Geld. Diese geben es aber kaum weiter an Unternehmen, die investieren wollen. Dazu sind auch die Absatzaussichten nicht lukrativ genug. Und Konzerne mit guten Ertragsaussichten sind in der Regel selbst flüssig, meist sogar überliquide. Deshalb spekulieren die Banken mit dem Gratis-Geld selbst an den Börsen oder im Auftrag von Vermögensverwaltungsfonds (asset management). Mit seinem Billionenprogramm beflügelt  EZB-Chef Draghi die Spekulanten und macht die Reichen noch reicher.

Ähnlich auch die Situation bei den Konzernen selbst. Auch sie investieren mangels ausreichender Nachfrage und lukrativer Verwertungsmöglichkeiten  ihre horrenden Gewinne nicht in der Realwirtschaft. Hier beißt sich die Katze gewissermaßen in den eigenen Schwanz. Denn die Profite sind ja gerade deshalb so astronomisch hoch, weil die Konzerne es im Rahmen ihrer Spar- und Personal-Einsparkurse so hervorragend verstanden haben, die Kosten zu dämpfen, in erster Linie die Löhne, und damit die Kaufkraft zu drücken. Deshalb schwächeln die Investitionen; selbst Industriekonzerne investieren vorrangig an den Finanzmärkten. Das alles führt dazu, dass die Börsen weiter wie verrückt steigen, die Vermögenswerte hyper-inflationieren und sich gefährliche Finanzblasen bilden. Es ist häufig auch die Endphase einer Hausse, die nicht selten mit einem Knall endet.

Text: Fred Schmid (isw)   Karikaturen: Bernd Bücking (isw-wirtschaftsinfo 49)

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