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Children of Recession unicef cover01.11.2014: „Children of the Recession“ titelt das Unicef Kinderhilfswerk seine Studie über „die Wirkung der ökonomischen Krisen auf das Wohlbefinden der Kinder in reichen Ländern“. Untersucht werden darin die 41 wohlhabendsten Länder, also hauptsächlich Industrieländer. Die Kernaussage lautet, dass sich die Zahl armer Kinder in den reichen Ländern per Saldo seit 2008 um 2,6 Millionen erhöht hat (als arm gelten dabei Kinder, wenn das Einkommen der Familie unter 50 Prozent des Netto-Durchschnittseinkommens der Bevölkerung in dem betreffenden Land liegt). Per Saldo! Denn in 18 Ländern ist die Kinderarmut in diesem Zeitraum zurückgegangen, am stärksten in Chile, gefolgt von Polen, Australien, Slowakei und Schweiz. Deutschland ist das letzte Land, in dem die Armutsrate abgenommen hat – allerdings nur um magere 0,2-Prozentpunkte: von 15,2% auf 15,0%.

In 23 der 41 Länder ist die Kinderarmut gestiegen: Am krassesten in Island von 11,2% (2008) auf 31,6% (2012), in Griechenland von 23 auf 40,5%, Lettland 23,6 auf 38,2, Kroatien 15,8 auf 27,6, Irland 18,0 auf  28,6, Spanien von 28,2 auf 36,3, Italien von 24,7 auf 30,4 und Portugal von 22,8% auf 23,8%.  In den USA, dem wirtschaftlich reichsten Land der Erde, ist jedes dritte Kind arm: Anstieg von 30,1% auf 32,2%. In Bundeststaaten mit einem hohen Anteil schwarzer Bevölkerung sind es 40% und mehr.

Nimmt man die Länder mit einem Rückgang der Kinderarmut, dann konnten 4 Millionen Kinder aus der Armut entkommen, aber 6,6 Millionen wurden seit 2008 neu hineingestoßen, woraus sich der Saldo von 2,6 Millionen Zuwachs ergibt. Insgesamt leben in den reichsten 41 Ländern rund 76,5 Millionen Kinder in Armut. Insgesamt leben in den 41 untersuchten wohlhabenden Ländern 76,5 Millionen Kinder unterhalb der Armutsgrenze.

Für den deutlichen Anstieg in den europäischen Peripheriestaaten macht die Unicef-Studie vor allem die vom Spardiktat der Troika (EU-Kommission, Europäische Zentralbank, IWF) erzwungenen Einsparungen der betroffenen Länder verantwortlich. Von den „aggressiven Austeritätsprogrammen“ sind vor allem einkommensschwache Familien betroffen. Unicef resümiert: „Der Druck der Finanzmärkte zwang viele Regierungen, die Budgets zu kürzen. Die 180-Grad-Wende (U-turn) in der Euro-Zone war besonders abrupt und es gab einen Rückgang der Sozialausgaben für Kinder und Familien“. Dadurch verschlechterten sich die Lebensbedingungen für Kinder, besonders in den europäischen Mittelmeer-Ländern. Es macht zornig, wenn man sich den Zynismus der Politik konkret vor Augen führt: Sie war mit ihren Finanzmarkt-Deregulierungen, Zulassung von Finanz-Innovationen, Steuerentlastungen für die Reichen, etc. mit verantwortlich für den Ausbruch der Finanzkrise. Als die Blase platzte wurden nicht etwa Banken, Aktionäre, Bankster und Spekulanten zur Kasse gebeten, sondern Steuerzahler und Normalbürger zur Rettung der Banken in Haftung genommen. Und Kinder, die schwächsten der Gesellschaft müssen jetzt ausbaden, was Politik und die Finanzoligarchie versaubeutelt haben.

Anhand von Befragungen der betroffenen Kinder, ermittelte die Unicef-Studie, was es heißt, wenn Kinder in einer Familie aufwachsen, die in die Armut rutscht: 21 Prozent der Kinder berichten, dass mindestens ein Elternteil seine Arbeit verloren hat, 28 Prozent müssen auf Urlaube verzichten, 5,4 Prozent können sich nicht ausreichend Nahrungsmittel leisten (dazu Ernährungsumstellungen: weniger Fleich, Fisch, Obst), 8,2 Prozent mussten in billigere Wohnungen umziehen, 27,3 Prozent berichten, dass Spannungen und Streitigkeiten in der Familie zugenommen haben. „In den 30 europäischen Ländern lebten 2012 mit 11,1 Millionen etwa 1,6 Millionen mehr Kinder in ernster materieller Not bzw. Entbehrungen (deprivation) als 2008 (9,5 Millionen). Je länger diese Kinder im Armuts-Kreislauf gefangen bleiben, desto schwieriger wird es für sie, daraus zu entkommen“.
In keiner Region seien die Probleme und Risiken, die daraus generell für Familien und Familienplanung entstehen gravierender als in der EU, wo die Ungleichheit innerhalb und zwischen den Staaten zunehme.

„Eine weggeworfene Generation“

Zur Brutalität gegenüber den Kindern kommt das Verbrechen an den Jugendlichen, die keinen Job und teilweise auch keine Ausbildung erhalten. Auch das listet die Unicef-Studie auf.

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„Arbeitslosigkeit ist unter Heranwachsenden und jungen Erwachsenen ein signifikanter Langzeit-Effekt der Rezession. Unter den 15 bis 24-jährigen hat die Arbeitslosigkeit in 34 der 41 analysierten Länder zugenommen. Jugendarbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung haben in vielen Ländern besorgniserregende Höhen erreicht“. In einigen Ländern im Süden Europas hat sich die Jugendarbeitslosigkeit verdoppelt bis verdreifacht. In den Ländern Italien, Portugal, Kroatien, Zypern Spanien und Griechenland beträgt sie inzwischen 38 Prozent und mehr (in Spanien und Griechenland über 50 Prozent) (siehe auch isw-report 95, Die Krise und die Spaltung Europas, S. 7).

Selbst wenn die Arbeitslosigkeit abnehme, bedeute das nicht, dass die jungen Menschen stabile und angemessen bezahlte Jobs erhalten. Die Zahl der 15- bis 24-jährigen in Teilzeitarbeit oder Unterbeschäftigung hat sich in den Ländern, die mehr der Rezession ausgesetzt sind, im Durchschnitt verdreifacht“. Generell habe sich die Prekarität des Arbeitsmarktes erhöht, so die Studie.

„Die Rezession hat die jungen Menschen extrem hart getroffen“, heißt es in der Studie weiter. „Die NEET-Rate (not in education, employment or training – weder in (schulischer) Erziehung, Beschäftigung noch Ausbildung) ist in vielen Ländern dramatisch gestiegen. In der EU waren im Jahr 2013 7,5 Millionen junge Menschen (fast die gesamte Bevölkerung der Schweiz) NEET – fast eine Million mehr als 2008“.


Deutschland: 13 Millionen Menschen arm

Armutsgefaehrdung EU SILC destatisZeitgleich mit der Unicef-Studie veröffentlichte das Statistische Bundesamt die deutschen Ergebnisse der Erhebung „Leben in Europa“ (EU-SILC). Danach ist in Deutschland jeder Sechste arm: 16,1% (destatis vom 28.10.2014). Als armutsgefährdet gilt nach EU-SILC eine Person, wenn sie über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt (Schwellenwert der Armutsgefährdung). 2013 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 979 Euro im Monat; für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 2056 Euro. Nach diesen Kriterien gab es 2013 in Deutschland rund 13 Millionen Menschen, die arm waren. Genau so viele wie im Jahr davor – trotz angeblichem Wirtschaftsaufschwung. Weit überdurchschnittlich hoch sind die Armutsraten bei Single-Haushalten  - 31,9% - und bei Alleinerziehenden: 35,2% - womit dann wieder Kinder betroffen sind. Am häufigsten kehrt die Armut bei Arbeitslosen ein: Mehr als zwei Drittel von ihnen sind arm: 69,3%. Und das im reichsten Land der EU mit den meisten Millionären und Milliardären auf dem Kontinent.

Text: Fred Schmid, isw

Farkha2023 21 Buehnentranspi

Farkha-Festival 2024 abgesagt.
Wegen Völkermord in Gaza und Staatsterror und Siedlergewalt im Westjordanland.
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Mehr als 2 Millionen Menschen, darunter 1,7 Millionen Palästina-Flüchtlinge, zahlen den verheerenden Preis für die Eskalation im Gazastreifen.
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