Deutschland

spd sigmar gabriel 230913 kweku04.10.2013: Nach ihrem katastrophalen Wahlergebnis von 2009 schien die Sache für die SPD klar: Nie wieder eine Koalition mit den Unionsparteien. Das sagten die da oben und das meinten voll innerster Überzeugung die Mitglieder da unten. Auch im zurückliegenden Wahlkampf lautete die Ansage mit starken Sprüchen: Mit der CDU/CSU wollen wir nicht. Vorneweg der Kanzlerkandidat mit seiner „klaren Botschaft“, er werde nicht einem Kabinett unter Merkel angehören. Das ist wohl das einzige, was wahr werden wird.

Nach dem Scheitern der Wunschhochzeit von SPD und Grünen scheint nun alles anders geworden zu sein, aus Sicht der SPD-Führung. In diesen Tagen kommen Erinnerungen hoch an das Rezept, das der zweimalige SPD-Chef Müntefering der SPD verordnete: „Opposition ist Mist!“ Aber auch andere Äußerungen, wie die des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Albig, sollten nicht verloren gehen: Wir wollen nach der Bundestagswahl auf jeden Fall regieren!

Nun hat sich der schlaue Sigmar Gabriel mit seinen Parteiführungsgenossinnen und –genossen einen (was sonst!) schlauen Plan ausgedacht, wie der Unmut an der Parteibasis über eine große Koalition in richtige Bahnen gelenkt werden und SPD-Politiker auf Regierungssesseln Platz nehmen können. Er weiß um die Brisanz und unternimmt daher einen Drahtseilakt – Absturz eingeschlossen. Das Szenario: Unmittelbar nach der Bundestagswahl findet eine Zusammenkunft wichtiger Parteimitglieder – „Konvent“ genannt – statt. Dies hat vorigen Freitag stattgefunden. Dort wurden „Sondierungsgespräche“ mit den Unionsparteien abgesegnet (erste Phase). Es folgt an diesem Freitag das Sondierungsgespräch, zu dem die Kanzlerin eingeladen hat. Dieses Gespräch soll vom „Konvent“, der nur unterbrochen wurde, nächste Woche ausgewertet werden (zweite Phase). Daraus ergeben sich wahrscheinlich weitere Sondierungen oder schon eine Aufnahme von Koalitionsverhandlungen wegen der „staatspolitischen Verantwortung“, die die SPD nun einmal habe (dritte Phase).

Da die SPD-Führung viel Zeit aufwenden muss, um die Mitglieder von einer Koalition mit der Union zu überzeugen, wird der ordentliche Parteitag Mitte November für Meinungsbildung und Überzeugungsarbeit genutzt. Danach sollen die Mitglieder über Internet zu einer Abstimmung über eventuelle Vereinbarungen aufgefordert werden. Nicht alle 470 000 Mitglieder werden „aus technischen und aus Zeitgründen“ daran teilnehmen können. Das wird schon jetzt einkalkuliert. Gerechnet wird gegenwärtig mit rund einem Fünftel (vierte Phase).

Wahrscheinlich im Dezember soll der Schlussakt in der SPD erfolgen. Generalsekretärin Nahles geht wohl von einer Zustimmung zu einen schwarzrosa Koalition aus, denn sie sprach der Tage von einer Regierungsbildung im Januar. Möglicherweise wird ein weiterer „Konvent“ oder eine andere Veranstaltung im Dezember die der Union „abgetrotzten Erfolge“ abfeiern und die künftigen SPD-Minister vorstellen (fünfte Phase). Gabriel liefert damit die SPD den Unionsparteien aus.

Dieses Szenario wird vielen SPD-Mitgliedern - im Vergleich zum Zustandekommen der großen Koalition 2005 - sehr demokratisch vorkommen. Es enthält jedoch ein großes Risiko, weil die in der vierten Phase geforderten Mitglieder sich entscheiden sollen. Schon auf dem ersten Konvent letzten Freitag war eine heftige Abneigung gegen eine Zusammenarbeit mit den Unionsparteien unüberhörbar. Er habe „keine Lust auf eine Koalition mit der schwarzen Witwe“, sagte ein Abgesandter aus Nordrhein-Westfalen. Und SPD-Fraktionsvize Elke Ferner brachte es auf den Punkt: Sie „kriege Pickel im Gesicht“ beim Gedanken an eine große Koalition. Große Bedenken gegen eine Mitgliederbefragung äußerte da der Unionsfreund Seehofer, der von solchen Absichten überhaupt nicht hält. Aber des lieben Friedens willen bescheinigte er ungefragt dem SPD-Chef Sigmar Gabriel, dass der ein „absolut seriöser und inhaltlich kompetenter Gesprächspartner“ sei.

Gabriel wähnt sich mit dem Szenario auf der sicheren Seite. Auf dem ersten „Konvent“ ist natürlich nicht über die Ursachen des erneut desaströsen Wahlergebnisses der SPD diskutiert worden („Man berichtete über traurige Ergebnisse in den Wahlkreisen und Regionen, über desolate Strukturen und über falsche Themenschwerpunkte im Wahlkampf“, wusste die FAZ zu berichten), sondern ausschließlich über den Umgang damit. Das Szenario wurde von den 200 TeilnehmerInnen bei fünf Gegenstimmen angenommen. Eine Sondierungskommission wurde benannt. Ihre Zusammensetzung und die Stimmung im Willy-Brandt-Haus lassen darauf schließen, dass diese Parteifunktionäre imstande sind, für einen Koalitionsvertrag mit „erkennbarer sozialdemokratischer Handschrift“ unter den Mitgliedern zu werben. Es ist noch zu früh über Personalwünsche zu spekulieren – die bürgerlichen Medien hindert es nicht, schon Namen und auch die Zahl Sechs zu nennen. Sechs Minister wolle die SPD.

Nun befinden wir uns aber erst in der zweiten Phase. Die heißt Sondierungsgespräche. Es setzen sich jetzt diejenigen zusammen, die angeblich überhaupt nicht mit einander wollten. Sie wollen aber nun aus „staatspolitischer Verantwortung“ Gemeinsames und Trennendes erforschen. Die Bundesrepublik – so ist in bürgerlichen Medien zu lesen und zu hören – brauche nichts dringender als eine „neue große Reform-Koalition“. Da die Agenda 2010 so gut wie verbraucht sei, tue „eine neue, eine Agenda 2020“ not.

Einen Bärendienst – um es milde zu formulieren – erwiesen einige Äußerungen aus dem Lager der DGB-Gewerkschaften den einer großen Koalition abgeneigten Mitgliedern der SPD und vor allen jenen, die einen tatsächlichen Politikwechsel anstreben. Es verwundert nicht, dass der Vorsitzende der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Michael Vassiliadis darauf verwies, dass er „die größten programmatischen Schnittmengen mit Positionen der IG BCE bei Union und SPD“ sähe. Aber auch IG-Metallchef Huber äußerte, dass eine große Koalition für die Umsetzung der Energiewende und eine Verbesserung der Infrastruktur prädestiniert sei. Es gebe keine Gesetzmäßigkeit, dass die SPD durch Bündnisse mit der Union geschwächt werde. Auch der neue Vorsitzende der IG Bauen-Agrar-Umwelt empfahl Schwarz-rot. Er lieferte das beeindruckende Argument: „Es gibt nicht nur eine Partei-, es gibt auch eine Demokratiedisziplin“ und forderte eine „handlungsfähige und tatkräftige Regierung“. Sein Wunsch ist, dass der ehemalige IG Bau-Vorsitzende, Klaus Wiesehügel, Arbeitsminister werde. Lediglich Frank Bsirske hielt sich bisher zurück. Er begrüßte den Vorstoß der Linkspartei, dass ein rot-rot-grünes Zweckbündnis in der Zwischenzeit von Konstituierung des Bundestages im Oktober bis zur Regierungsbildung ein Mindestlohngesetz beschließen solle.

Text: Rolf Priemer (UZ vom 04.10.2013)  Foto: kweku_

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